Hamburg. Dem Sänger gelang 1998 der Durchbruch. Ein Gespräch über die Freundschaft zu Tim Mälzer, seine Karriere und unzählige Umzüge.

Er ist gerade 50 Jahre alt geworden, hat eine Autobiografie geschrieben („If You Believe“) und plant für den November eine große Show (9./10.11, Laeiszhalle). In unserer Reihe „Entscheider treffen Haider“ spricht Sänger Sasha über neue Pläne und sein altes Leben.

Es geht um die Schaustellerfamilie, aus der stammt, genauso wie um ein Treffen mit dem Papst, die Freundschaft zu Tim Mälzer, die Auszeit von seiner Karriere, um Elvis Presley und Howard Carpendale.

Das sagt Sasha über …

… „If You Believe“:

„If You Believe“ hat eigentlich nicht in meinen Plan von meiner Karriere als Musiker gepasst. Ich wollte in die Fußstapfen von George Michael treten, und etwas Souliges machen. Das war „If You Be­lieve“ gar nicht, und deshalb habe ich zunächst gesagt, dass ich den Song nicht singen werde.

Dann wurde ich belatschert, ob ich es nicht doch einmal einsingen könnte, nur so, und ich habe es gemacht, meinen Leuten aber vorher gesagt, dass das nie veröffentlicht werden wird. Und am Ende ist „If You Believe“ international ein Riesenhit geworden, was ja in den 90er-Jahren für einen deutschen Musiker ungewöhnlich war.“

… 25 Umzüge bis zu seinem 18. Lebensjahr:

„Das klingt immer so, als wäre ich durch die ganze Welt gezogen. Dabei haben sich diese Wohnungswechsel, bedingt durch die unterschiedlichen Freunde meiner Mutter, weitgehend innerhalb der Grenzen von Soest, meiner Heimatstadt, abgespielt und waren zum Teil skurril: Einmal sind wir aus einem Haus ausgezogen, um kurz darauf genau dort wieder einzuziehen, nur in eine Wohnung, die zwei Etagen höher lag.

Meine Mutter kommt übrigens aus einer Schaustellerfamilie, meine Verwandten waren ständig auf der Reise, und ein bisschen hat das auf mich abgefärbt. Ich bin bis heute gern unterwegs.“

… die doppelte Hochzeit (und Scheidung) der Eltern:

„Es ist schon seltsam, wenn man innerhalb der ersten zehn Jahre seines Lebens mitbekommt, dass die Eltern heiraten, sich scheiden lassen, wieder heiraten und sich wieder scheiden lassen. Da hat man als Kind einen Bums für immer mitbekommen, deshalb war ich lange Hochzeitsskeptiker und wollte auch keine Kinder. Bis ich meine Frau Julia kennengelernt habe, da hat dann irgendetwas Klick gemacht.“

… seine Hauptschulempfehlung:

 „Meine Lehrerin hat es damals wahrscheinlich nur gut mit mir gemeint. Sie sah, dass alle meine Freunde auf die Hauptschule gingen, und dachte vielleicht, dass ich vereinsamen würde, wenn ich auf das Gymnasium wechseln würde. Zum Glück hat meine Mutter sehr gekämpft dafür, dass ich aufs Gymnasium gehen konnte. Ich musste dafür eine Art Casting machen, einen Eignungstest, bei dem ich vor dem Direktor alle Kirchen von Soest aufzählen musste. Das habe ich hingekriegt, weil ich Kirchen als Orte und wegen ihres Klangs schon immer gern mochte.“

… Elvis und Howard Carpendale:

„Schon als Vierjähriger habe ich die Hits von Elvis gehört und war ein großer Fan. Als ich dann Howard Carpendale in der „ZDF-Hitparade“ gesehen habe, fand ich den nicht unähnlich, schließlich hat er früher auch mal sein Geld als Elvis-Imitator verdient. Ich mochte „Nachts, wenn alles schläft“ und habe mir für 4,50 Mark damals die Single gekauft. Prägend für meine musikalische Karriere war aber Elvis, und natürlich bin ich eines Tages auch mit einem Freund nach Grace­land gefahren. Das war bewegend, wir standen Arm in Arm am Grab und haben geweint.“

… den Zufall, mit dem seine Karriere als Popstar begann:

„Ich habe damals für 300 Mark im Hintergrund bei einer Aufnahme der Rapperin Young Deenay mitgesungen. Young Deenay wurde zum Musiksender Viva zu einem Interview eingeladen. Ich fuhr mit, um mir die Welt des Fernsehens als Vorbereitung auf eine mögliche Solokarriere einmal anzusehen. Eigentlich sollte ich nur im Hintergrund rumstehen, bis eine Zuschauerin fragte, wer denn der Sänger in dem Video von Young Deenay gewesen sei.

Sie zeigte auf mich, die Kamera schwenkte um, ich wurde puterrot – und die Telefonleitungen bei Viva brachen zusammen, weil die Anruferinnen wissen wollten, wer denn der Typ gewesen ist. Das war tatsächlich einer der entscheidenden Punkte meiner Karriere.“

… die ersten vier großen Jahre als Musiker und die Pause als Dick Brave:

„Das war die Zeit von 1998 bis 2002, bis zur Fußball-Weltmeisterschaft in Japan, für die ich den Song „This Is My Time“ gemacht hatte. Dann kam ein Moment, in dem ich gemerkt habe, dass ich überhaupt keine Gelegenheit hatte, mich über meinen Erfolg zu freuen. Ich wollte mir unbedingt eine Auszeit von einem Jahr nehmen, um das alles einmal Revue passieren zu lassen, zumal mich mehrere Kollegen auf Preisverleihungen oder anderen Veranstaltungen gefragt hatten, ob es mir eigentlich gut geht.

Ich brauchte eine Pause als Sasha, und dann kam Dick Brave dazwischen. Dick Brave war meine Art, aus dem System wieder herauszukommen, und Musik endlich nur noch aus Spaß zu machen. In kleinen Clubs, wir haben selbst auf- und abgebaut, niemand sollte wissen, dass ich Dick Brave war. Die Zeit hat mir geholfen, meine Gefühle neu zu sortieren und festzustellen, dass ich glücklich bin mit dem, was ich mache. Zumindest wenn ich es so machen kann, wie ich es will.“

… sein Treffen mit Papst Johannes Paul II.:

„Ich bin damals bei einer Charity-Veranstaltung mit anderen Künstlerinnen und Künstlern im Vatikan aufgetreten, weil „If You Believe“ sehr erfolgreich in Italien gelaufen war. Ich habe mich über die Einladung sehr gefreut, weil ich Johannes Paul gut fand. Als es dann hieß, es sei auch eine Privataudienz beim Papst möglich, dachte ich: Das nutze ich und rede mit ihm über Kondome, Afrika und andere Fragen, die ich an die katholische Kirche hatte.

Ich bin wirklich mit der Vorstellung dort hingefahren, dass ich wenigstens fünf Minuten mit ihm allein habe. Am Ende waren 99 andere Frauen und Männer auch da, und ich durfte ihm nur kurz die Hand geben. Es war ein sehr ehrwürdiger Moment. Ich hatte das Gefühl, dass der Papst mir durch den Kopf in meine Seele geschaut hat.“

… Erfolg:

„Ich habe im Laufe der Zeit erkannt, dass Erfolg kein Dauerzustand sein kann. Er verläuft in Wellen, kommt, geht, verändert sein Gesicht und wird manchmal von Etappen unterbrochen, die man erst als Enttäuschung empfindet, die später aber doch einen besonderen Stellenwert bekommen.“

… seine Freunde Michael Mittermaier und Tim Mälzer:

„Ich habe Michael bei einer Echo-Preisverleihung mal gerettet vor dem sicheren Verderben. Seitdem sind wir Freunde. Überhaupt habe ich einige meiner Freunde auf solchen Terminen kennengelernt, Klaas Heufer-Umlauf etwa bei Viva, Tim Mälzer auch auf einer Echo-Preisverleihung. Heute ist er Patenonkel von meinem Sohn Otto.“

… seine Frau Julia:

„Wir haben uns auf einer Silvesterparty von Tim Mälzer in der Bullerei kennengelernt. Wir hatten uns vorher schon mal gesehen, es hatte sich aber nie die Gelegenheit zu einem Kontakt ergeben. Das war auch nie so mein Ding, das mit dem Ansprechen von Frauen … Als Julia dann vor mir stand, habe ich gesagt: „Da bist du ja endlich.“ Das war das Gefühl, das ich in diesem Moment hatte. Wir haben bis morgens um halb sieben Uhr gefeiert, und leider vergessen, Handynummern auszutauschen. Das war einerseits ein Amateurfehler, andererseits hätte es auch die Atmosphäre an diesem Abend kaputt gemacht.

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Außerdem habe ich bis kurz vor Schluss gedacht, dass sie noch mitkommt zu mir … Wir haben uns erst drei Monate später wiedergesehen. Es hat eigentlich viel zu lange gedauert, am schönsten wäre es sowieso gewesen, wenn das zehn oder 20 Jahre früher passiert wäre. Julia ist auch deshalb heute meine Managerin, damit wir möglichst viel Zeit zusammen verbringen können. Sie ist meine beste Kritikerin, sie bekommt neue Songs als Erstes zu hören, und ist sehr ehrlich im Urteil. Ich lege viel Wert auf ihre Meinung, gerade musikalisch.“

… die neue Show im November:

„Sie wird eher in Richtung Las Vegas gehen, mit großer Showtreppe und Band, irgendetwas zwischen Elvis und Frank Sinatra, etwas, das mir und hoffentlich dem Publikum Spaß macht.“