Hamburg. Wer in der Veddeler Fischgaststätte essen will, hat es im Moment schwer, den Weg zu finden. Wirtin muss bis September durchhalten.
Wer hier den schweren Wollvorhang gleich hinter der Eingangstür zur Seite schiebt, fühlt sich unvermittelt in die 50er-Jahre versetzt. Ein Fischernetz hängt an der Wand, die Gäste sitzen auf einfachen Holzstühlen, vergilbte Reedereiflaggen sind hinter einer Eckbank drapiert und über dem Tresen strahlt eine helle Astra-Leuchte.
In der Veddeler Fischgaststätte hat sich, so scheint es, seit der Gründung vor 84 Jahren kaum etwas verändert. Und auch die Speisekarte ist so überschaubar geblieben wie das Leben in früheren Jahrzehnten: Backfisch in drei verschiedenen Portionsgrößen, wahlweise mit Kartoffelsalat oder Pommes – das ist es im Wesentlichen.
Verwirrung durch Absperrungen und Schilder
. Mit dieser Mischung ist der etwa abgelegene Flachbau schon lange Kult. Man schwört auf die ausgemachte Panade und den knusprigen Fisch aus einem Ofen, der seit 1947 schon in Betrieb ist.
Hafenbosse, Trucker und erfahrene Touristen treffen sich hier, mittags ist manchmal kaum ein Platz zu bekommen, viele nehmen ein bisschen Wartezeit gern in Kauf. Doch seit einigen Monaten ist das anders. Sitzplätze bleiben leer und Marion Göttsche, die das Geschäft 2006 vom Vorgänger übernommen hatte, „muss kämpfen“, wie sie sagt, um die sechs Arbeitsplätze halten zu können. Grund ist eine riesige Baustelle direkt vor der Tür: „Die Leute finden den Weg nicht oder glauben, dass es keine Parkplätze mehr gibt“, sagt sie. Und tatsächlich: Wer jetzt hierher kommt, muss sich erst ganz neu orientieren.
Der frühere Zollhof Veddel ist verschwunden, nach Auflösung der Hafengrenzen 2013 wurde er nicht mehr gebraucht und wurde teilweise abgerissen. Stattdessen: Baustraßen, Schilder, Absperrungen und Lkw, die sich vorbei schlängeln. Schnell ist man an der jetzt kleinen Zufahrt vorbeigefahren. Gut, die umliegenden Straßennamen wie „Passierzettel“, „Bahndamm“ oder „Tunnelstraße“ deuteten früher schon an, dass hier am Freihafenzaun nicht gerade ein urban-trendiges Pflaster war.
Der raue Charme ist noch vorhanden
Aber dieser raue Charme mit der alten Gaststätte mittendrin war und ist eigentlich immer noch das Besondere an dieser Gegend der Stadt. „Und Parkplätze haben wir immer noch reichlich“ versichert Marion Göttsche.
Nur muss man sie eben finden. Seit März 2016 baut hier die Stadt eine neue Anbindung für die östliche Haupthafenroute. Auf vier Fahrspuren soll hier einmal der Lkw-Verkehr rollen. 5,3 Millionen Euro kostetet das Projekt, das auch über die früheren Zollflächen auf der Veddel führt.
Bis Mitte 2017 wird hier noch gebudddelt
Voraussichtlich Mitte 2017 wird die neue Straße fertig sein, heißt es bei der städtischen Projektgesellschaft Rege. So lange muss Marion Göttsche noch durchhalten. Aufgeben will sie jedenfalls nicht. „Wir bleiben natürlich da“, verspricht sie.
Veddeler Fischgaststätte