Hamburg. Immer wieder kommt es zu Gewalttaten rund um die Drogenhilfeeinrichtung in St. Georg. Politiker fordern jetzt konsequentes Handeln.
Der Angriff geschah offenbar heimtückisch – und löst Entsetzen aus: Nach dem Angriff auf einen Polizisten vor dem Drob Inn in St. Georg ist auch eine neue Debatte um die Kriminalität an der Drogenhilfeeinrichtung entbrannt. Der 26 Jahre alte Zivilfahnder erlitt eine Stichverletzung im Halsbereich, als er einen Mann (24) festnehmen wollte, der zuvor Reizgas versprüht hatte. Der mutmaßliche Täter ist ein 16 Jahre alte Libyer, der ihn von hinten angegriffen haben soll. Der Verdächtige kam ebenso wie sein Begleiter in Untersuchungshaft. Dem 24-Jährigen wird gefährliche Körperverletzung vorgeworfen, dem 16-Jährigen tätlicher Angriff auf einen Vollstreckungsbeamten.
Das Drob Inn und das Umfeld sind seit geraumer Zeit ein Kriminalitätsbrennpunkt. Schon länger führt die Polizei dort einen Schwerpunkteinsatz unter dem Motto „Uniformierte Präsenz zur Verhinderung von Gewaltdelikten“ durch. Der Erfolg ist überschaubar. Immer wieder kommt es zu Gewalttaten zwischen Personen, die aus der Drogen-, Trinker- oder Obdachlosenszene stammen, die dort geballt auftritt.
Polizei Hamburg: Zivilfahnder erlitt Stichverletzung
Erst Ende vergangenen Monats mussten Beamte vor dem Drob Inn ihre Waffen zücken, nachdem ein Mann erst seinen Entlassungsschein aus der Haft zeigte, brüllte, dass er nicht wieder ins Gefängnis gehe und lieber erschossen werden wolle, um dann zu einem Messer zu greifen. Auslöser des Einsatzes war ein Streit gewesen.
Die Auseinandersetzung am Dienstag vor dem Drob Inn war ebenfalls kein Einzelfall. Schon am Vortag hatte es Streit gegeben. Am Dienstag gegen 18 Uhr tauchten der 16-Jährige und weitere Begleiter, darunter ein Landsmann, dort auf. Dieser versprühte laut Polizei gezielt Reizgas auf Umstehende. Dann flüchteten sie. Zivilfahnder beobachteten die Tat. Als sie an der Adenauerallee/Ecke Brockestraße den 24-Jährigen stellten, erlitt der Zivilfahnder, vermutlich durch einen Schraubendreher, die Stichverletzung. Er hatte Glück. Die Verletzung blieb oberflächlich. Er konnte am Abend wieder aus dem UKE entlassen werden.
„Die Situation ist nicht mehr tragbar"
Über das Motiv der Reizgasattacke herrscht noch Unklarheit. Der 24 Jahre alte Libyer ist der Polizei als Drogenhändler bekannt. Das Umfeld des Drob Inn ist ein lukrativer Standort für Rauschgifthändler. Erst kürzlich hatte die Polizei eine mehrköpfige Gruppierung von Albanern dort festgenommen, die das Drogengeschäft dort dominiert haben sollen. Die Auseinandersetzung am Dienstag könnte im Zusammenhang mit „Revierkämpfen“ stehen.
Der Bürgerverein zu St. Georg von 1880 beobachtet die Entwicklung mit Sorge. „Die Situation ist nicht mehr tragbar. Es wirkt leider so, als wenn sich das Areal am Drob Inn zu einem rechtsfreien Raum entwickelt und die Polizei resigniert hat. Dort wird offen gedealt, die Fläche vermüllt, und es kommt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen“, sagte Markus Schreiber, der Vorsitzender des Vereins und SPD-Bürgerschaftsabgeordneter ist. Schreiber fordert: „Die Stadt und die Polizei müssen einschreiten. Es kann nicht sein, dass das Umfeld einer Drogenhilfeeinrichtung als Umschlagplatz für Drogen genutzt wird und dass keiner etwas dagegen unternimmt
Polizisten immer wieder Opfer von Angriffen
Auch CDU-Innenexperte Dennis Gladiator ist in Sorge. „Dass SPD und Grüne diesen rechtsfreien Raum quasi immer noch dulden, ist inakzeptabel. Ich erwarte umgehend ein Handlungskonzept der Innenbehörde“. Es sei zutiefst erschreckend, dass in Hamburg Polizisten immer wieder Opfer von Angriffen würden.
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Im Bezirk Mitte regiert die SPD gemeinsam mit CDU und FDP. Der SPD-Fraktionschef Oliver Sträter sagte dem Abendblatt: „Das Drob Inn leistet als zentrale Beratungsstelle für Drogenabhängige wichtige Arbeit und hat dafür gesorgt, dass die Szene in St. Georg und anderen Stadtteilen rund um den Hauptbahnhof in den letzten 20 Jahren deutlich kleiner geworden ist. Leider kommt es – schon wegen der großen Anzahl von Abhängigen – immer wieder zu bedauerlichen Zwischenfällen vor Ort. Unser Mitgefühl gilt den verletzten Beamten.“ Auch Sträter sieht Handlungsbedarf: „Als Politik sind wir zusammen mit Polizei und den zuständigen Behörden gefragt, nach neuen Ansätzen zu suchen.“
Polizei Hamburg: Celik betont Relevanz des Drob Inn
„Wir bedauern den tragischen Vorfall und wünschen dem verletzten Polizisten eine schnelle Genesung. Jetzt muss eine schnelle Aufklärung erfolgen“, sagt Deniz Celik, gesundheitspolitischer Sprecher der Linksfraktion in der Bürgerschaft. Jedoch dürfe es nicht zu einer Stigmatisierung von suchtkranken Menschen kommen. Celik: „Drogenkonsumräume wie im Drob Inn leisten eine unverzichtbare Arbeit, in dem sie in vielen Fällen das Überleben von suchtkranken Menschen sowie ihre Einbindung in die Hilfssysteme ermöglichen.“
Auch die Sozialbehörde betonte auf Anfrage, dass sich Drogenkonsumräume „als wichtiges Angebot der Suchthilfe bewährt“ hätten und bestehen bleiben sollen. Man stehe in ständigem Kontakt mit dem Träger der Einrichtung. Dieser wollte sich am Mittwoch nicht äußern.