Hamburg. Michael Menke hat den Arbeitsplatz am Airport mit der besten Aussicht – im Podcast gibt er unter anderem Tipps, wie man Lotse wird.
Er hat den Arbeitsplatz am Flughafen mit der besten Aussicht. Jeder Fluggast kennt den gelben Turm, in dem Michael Menke sitzt, doch die wenigsten wissen, was genau er macht, der Fluglotse. Im Abendblatt-Podcast gibt Michael Menke spannende Einblicke in die Arbeitswelt der Deutschen Flugsicherung (DFS). Michael Menke über ...
… seinen Arbeitsplatz:
Das ist mein Lieblingsplatz auf dem Flughafen: Er befindet sich in 40 Meter Höhe. Der Flughafen liegt direkt unter meinen Füßen. Die ganze Stadt kann man von hier überblicken. Man sieht den Hafen, die Kräne. Und was Flugzeuge in der Luft angeht: Man kann sehr weit gucken – bis nach Lübeck und teilweise bis in die Lübecker Bucht hinein.
… seine Arbeit als Towerlotse:
Wir kontrollieren und überwachen den Flugverkehr am Flughafen und in der Kontrollzone. Das ist Luftraum über dem Großraum Hamburg bis zu einer Höhe von 800 Metern. Darüber hinaus überwachen wir auch den Verkehr der Flugzeuge am Boden rund um die Startbahnen. Vor der Landung übergibt der Centerlotse in der Kontrollzentrale Bremen (zuständig für den Luftraum im Norden) an uns.
Da ist der Flieger etwa zehn Meilen, drei bis vier Minuten vor dem Flughafen. Der Pilot wechselt auf unsere Frequenz, begrüßt uns und ist dann in der Überwachung von Hamburg Tower. Wir informieren über Windstärke, und -richtung, über den Verkehr um ihn herum und Besonderheiten. Wir achten auf die Abstände zwischen den Flugzeugen. Wir stellen sicher, dass die Landebahn frei ist. Und dann bekommt der Pilot die Freigabe zur Landung. Beim Start geben wir eine Minute nach Start an den Centerlotsen ab.
… Flugzeugnamen:
Jedes Luftfahrzeug hat einen Namen im Funkverkehr. Das ist meist der Name der Airline und eine Nummer. Es gibt aber auch Fluggesellschaften, die benutzen andere Namen. Bei British Airways etwa heißen die Flugzeuge Speedbird. Also ein Flugzeug spricht man beispielsweise so an: Speed Bird one two, tree. Das TH wird übrigens im Funkverkehr bewusst nicht ausgesprochen. Weil es im Funk verzerrt herüberkommen kann. Der Pilot muss alle wesentlichen Anweisungen wörtlich wiederholen. Das ist sehr wichtig, damit ich als Lotse weiß, dass die Information auch im Cockpit angekommen sind.
… Hamburger Besonderheiten:
Auf den meisten Flughäfen in Deutschland wird das Flugzeug nach der Landung vom Towerlotsen an den Bodenlotsen und dessen Funkfrequenz übergeben. In Hamburg ist das anders: Die Flugzeuge bleiben nach der Landung meist beim Towerlotsen, weil sie häufig noch einmal eine Startbahn kreuzen müssen und der Pilot auch mitbekommen muss, was hier geschieht. Dort könnte ein anderes Flugzeug auf Startfreigabe warten.
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… Stress im Job:
Stressig wird es nicht unbedingt durch die Menge des Verkehrs, sondern eher, wenn ungewohnte Dinge passieren. Vor allem wenn das Wetter verrückt spielt – etwa bei Gewitter, Nebel oder Schnee. Es ist alles langsamer, beschwerlich, und dann wird es schon mal anstrengend. Aber nicht, dass man in Hektik verfällt, sondern dann wird man sehr konzentriert und sehr ruhig.
... kreuzende Landebahnen:
Die kreuzenden Landebahnen wie in Hamburg sind sehr selten. Das gibt es in Deutschland an einem internationalen Flughafen nur noch in Köln. Das ist hier historisch so entstanden, damals vermutlich aufgrund der Winde hier. Aber uns bietet es heute die Möglichkeit, dass wir bei Wind aus jeder Himmelsrichtung eine passende Bahn anbieten können. Denn Flugzeuge müssen immer gegen den Wind starten können.
… Finkenwerder:
Die Komplexität der Arbeit im Hamburg Tower liegt neben dem Flughafenlayout auch in der Stadtnähe und den vielen Kleinflugzeugen, andererseits aber auch daran, dass es neben dem Hamburg Airport auf Finkenwerder einen weiteren gar nicht mal kleinen Flughafen gibt. Wenn ein Flugzeug auf Finkenwerder starten oder landen möchte durchfliegt es unsere Kontrollzone und blockiert unsere Abflug- und Anflug-Sektoren. Das müssen wir koordinieren und in den Verkehrsfluss mit einarbeiten.
… Kinderträume und Berufswege:
Als Kind wollte ich Lokführer werden, später Astronaut. Ich hatte mit Luftfahrt wenig zu tun. Das hat sich entwickelt, nachdem ich das erste Mal geflogen bin. Da war ich 12 oder 13 Jahre alt. Da habe ich die Begeisterung für die Fliegerei entdeckt. Aber ich habe nie wirklich daran geglaubt, dass ich hier einmal beruflich landen würde. Während des Studiums dachte ich: Ich muss es zumindest versuchen. Denn sonst würde ich es mir später vielleicht vorwerfen. Dann habe ich mich bei der Flugsicherung beworben. Und ich habe es nicht bereut.
… die Bewerbung:
Wenn man sich bewirbt, dann muss man ein fünftägiges Auswahlverfahren durchlaufen. Das wird vom DLR, dem Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt, hier in Hamburg durchgeführt – für alle Lotsen in der Bundesrepublik. 2022 startet die Flugsicherung übrigens mit der Ausbildung von 150 neuen Lotsen. Dieser Test hat eine relativ geringe Quote an Leuten, die bestehen. Das sind nur drei bis fünf Prozent.
Aber ich kann einen Tipp geben: Im Endeffekt kann man sich darauf schlecht vorbereiten. Luftfahrt-Psychologen machen diverse Tests mit den Kandidaten. Dabei werden Fähigkeiten getestet: Merkfähigkeit, gutes Zahlenverständnis, Englisch, räumliches Vorstellungsvermögen, Aufmerksamkeit. Und dann macht man Rollenspiele, bei denen man vereinfachte Lotsenarbeitsplätze hat und Aufgaben gestellt werden. Da geht es nicht darum, die Aufgabe gut oder schlecht zu lösen, sondern darum, wie man die Aufgabe angeht und sich verhält. Wahrscheinlich ist es am besten, wenn man da natürlich und locker reingeht. Allein das Auswahlverfahren ist eine Erfahrung, die Spaß macht. Ich kann es definitiv empfehlen. Das Auswahlverfahren, den Beruf sowieso.
… Voraussetzungen für den Beruf:
Man muss kein Überflieger sein, in keinem der Bereiche. Es geht nicht darum, dass man überall supergut ist, sondern dass man ausreichend gut in allen notwendigen Fähigkeiten ist. Die Kombination ist das Entscheidende – und seltene.
… Nächte im Tower:
Der Tower ist rund um die Uhr besetzt. Einerseits für Notfälle, aber es findet auch Flugbetrieb statt. Es gibt häufig ein bis zwei Ambulanzflüge pro Nacht, die Organe fliegen. Und dann müssen wir natürlich die Kontrollzone überwachen. Auch da findet teilweise Flugbetrieb statt – etwa von Rettungshubschraubern.
… Alltagsträume und Traumziele:
Wenn ich nicht arbeite, verbringe ich meine Zeit am liebsten mit meiner Frau und meinem dreijährigen Sohn. Das ist herrlich. In den Urlaub würde ich gern einmal nach Australien fliegen.