Hamburg. Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen stellt neuen Mietspiegel vor. Durchschnittliche Nettokaltmiete nähert sich der Zehn-Euro-Marke.
Die Lage auf dem Wohnungsmarkt in Hamburg ist schon lange angespannt. Zuletzt mussten viele Menschen hier allerdings mit einem besonders starken Anstieg der Mietkosten zurechtkommen, wie aus der Erhebung für den jüngsten Hamburger Mietenspiegel hervorgeht. Demnach lag die durchschnittliche Nettokaltmiete zum Stichtag 1. April 2021 bei 9,29 Euro pro Quadratmeter. Das sind 63 Cent (7,3 Prozent) mehr als 2019. Zum Vergleich: Von 2017 bis 2019 verteuerte sich die Nettokaltmiete eher moderat um 0,22 Euro auf 8,66 Euro pro Quadratmeter (2,6 Prozent). Von 2015 bis 2017 verzeichnete die Stadtentwicklungsbehörde einen Anstieg von 5,2 Prozent. Im Jahr 1997 hatte die Nettokaltmiete bei 5,77 Euro pro Quadratmeter gelegen.
Ausgehend von Mieterangaben zu etwa 13.500 Wohnungen soll der Mietenspiegel repräsentativ die Lage bei 563.000 Wohnungen ohne Preisbindung abbilden – das ist mehr als die Hälfte des Gesamtbestandes von 976.709 Wohnungen. Erhoben wurden Mieten, die innerhalb der vergangenen sechs Jahre erhöht oder neu vereinbart worden waren, erklärte die Stadtentwicklungsbehörde.
Wohnung mieten in Hamburg wird immer teurer – besonders bei Single-Wohnungen
Der Erhebung zufolge kam es zu einer besonders gravierenden Zunahme der Nettokaltmiete (ohne Heizung und Betriebskosten) bei Wohnungen in Häusern der Baujahre 1948 bis 1960: Hier betrug die Verteuerung im Durchschnitt 8,6 Prozent. Dieser Wert bezieht sich auf eine Gesamtheit von 164.300 Wohnungen. Schaut man hier auf die Wohnungsgröße, zeigt sich der mit durchschnittlich 10,68 Prozent größte Anstieg der Nettokaltmiete bei Wohnungen mit 41 bis 65 Quadratmetern in normalen Wohnlagen (88.000 Wohnungen).
Mit einem Anstieg der durchschnittlichen Nettokaltmiete von 8,3 Prozent mussten Mieter von Wohnungen der Baujahre 1961 bis 1967 zurechtkommen. Die Mietwohnungen der beiden genannten Baualtersklassen machen nach Angabe der Behörde zusammen knapp 46 Prozent des für den Mietenspiegel relevanten Bestands aus. Der mit rund vier Prozent geringste Anstieg der durchschnittlichen Nettokaltmiete war seit 2019 bei Wohnungen in Häusern der Baujahre 1994 bis 2010 zu verzeichnen.
Warum Mietwohnungen in Hamburg immer teurer werden
Nach Einschätzung von Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) lässt sich der erhebliche Anstieg im jüngsten Mietenspiegel vor allem auf drei Faktoren zurückführen. Erstens: Modernisierungen. Der Anteil damit begründeter Mieterhöhungen falle besonders ins Gewicht bei Wohnungen der Baujahre von 1948 bis 1960. Eine zweite Ursache für den Gesamttrend sei der vergleichsweise hohe Anteil von 46 Prozent Neuvertragsmieten. In diesen Fällen seien die Mieten beim Einzug in eine Wohnung in einem neuen Vertrag erhöht worden, nicht die Mieten in bereits laufenden Verträgen. Eine dritte maßgebliche Ursache seien die seit Jahren zunehmenden Baukosten für neue Häuser; dies betreffe insbesondere das Segment des nicht von der Mietpreisbremse umfassten Neubaus nach 2014.
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Stapelfeldt erklärte, der Anstieg sei eine Mahnung an den Senat, „nicht nachzulassen in unseren Anstrengungen, den Mietenmarkt mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu entlasten“. Zu schaffen sein solle das durch den Wohnungsneubau und mit der „Nutzung aller Instrumente des Mieterschutzes – von der Mietpreisbremse für Neuvermietungen, deren Schlupflöcher bei möbliertem oder kurzzeitvermietetem Wohnraum wir mit einer eigenen Bundesratsinitiative schließen wollen, bis zur Kappungsgrenzenverordnung, die die Mieterhöhung im Bestand begrenzt“.
Linke und Mieterverein kritisieren Senat: "Klatsche für Wohnungsbaupolitik"
Von einer „Klatsche für die Wohnungsbaupolitik des Senats“ sprach die Linken-Abgeordnete Heike Sudmann. Wer zehn Jahre lang „weit über 70 Prozent teure frei finanzierte Wohnungen und noch teurere Eigentumswohnungen“ baue, brauche sich nicht zu wundern, sagte sie. „Statt schwache Ausreden zu suchen, muss der Senat endlich Vernunft annehmen. Weg von den teuren Wohnungen, hin zu erheblich mehr öffentlich geförderten Wohnungen.“
Ähnlich äußerte sich Rolf Bosse, Geschäftsführer des Mietervereins zu Hamburg. Der „extrem starke“ Mietenanstieg müsse „für den Senat ein Signal sein, dass die bisherigen Bemühungen, den Wohnungsmarkt in Hamburg zu stabilisieren, offenbar nicht gefruchtet haben“, sagte er. „Mieten von rund 13 Euro und mehr je Quadratmeter bei Neumietverträgen zeigen, dass nur ein verstärkter Bau von bezahlbaren Wohnungen und eine Mietpreisbremse, die den Namen verdient, den Wohnungsmarkt nachhaltig beruhigen können.“
Hamburg brauche nicht nur Kontinuität beim Neubau, sondern auch „Umsicht bei staatlichen Anforderungen an den Klimaschutz“, sagte Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen. „Jede umfangreich energetisch sanierte 60er-Jahre-Wohnung wird teurer wieder vermietet werden müssen. Daraus, dass solche Sanierungen nach Leerzug jetzt in großem Umfang erfolgen, erklärt sich unter anderem der Mietenanstieg.“ Das werde voraussichtlich so weitergehen.