Hamburg. 100 neueStadtRad-Stationen sollen bis 2023 errichtet werden. Doch lohnt sich das überhaupt? CDU kritisiert Verkehrssenator Tjarks.

Auf der Website gibt man sich weiter selbstbewusst: „Darauf fährt Hamburg ab“, steht in großen Lettern auf dem Internetportal des städtischen Fahrradleihsystems StadtRad. Tatsächlich war die Nachfrage der Hamburger bereits vor der Corona-Pandemie rückläufig, der letzte Rekord bei den Ausleihzahlen datiert von 2016. Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) treibt den Ausbau dennoch voran. Bis Ende 2023 sollen fast 100 neue Stationen entstehen (siehe Karte rechts). Während die CDU Kritik am Senat übt, verweisen die Verantwortlichen auf wieder steigende Zahlen.

In den vergangenen Wochen habe man rund 7000 Fahrten mit den Stadträdern pro Tag verzeichnet, teilte die Deutsche Bahn auf Anfrage mit, die das System im Auftrag der Stadt betreibt. „Wir sind mit dem diesjährigen Saisonstart zufrieden“, sagte die Sprecherin Angelika Theidig. Mutmaßlich hilft sowohl das gute Wetter als auch die Rückkehr zur weitgehenden Normalität nach den harten Corona-Auflagen. 2020 hatte der Tagesdurchschnitt noch bei rund 5900 Fahrten, im Jahr darauf bei nur noch 5300 Ausleihen pro Tag gelegen.

Verkehr Hamburg: Verkehrsenator verteidigt StadtRad-Ausbau

Vom Niveau der Vor-Corona-Zeit ist man damit immer noch deutlich entfernt: 2019 wurden im Tagesschnitt 8000 Fahrten registriert, im Gesamtjahr waren es damals 2,662 Millionen. Verkehrssenator Tjarks spricht jedoch davon, dass StadtRad bei Hamburgern und auch Touristen weiterhin sehr beliebt sei. „Wir wollen das System auch in Zukunft fortsetzen und weiter ausbauen. Vor allem geht es uns darum, möglichst in ganz Hamburg gute Alternativen zum privaten Pkw zu schaffen“, so Tjarks.

Bei den Ausbauplänen stehen deshalb unter anderem die Walddörfer im Norden der Stadt im Fokus – allein in Volksdorf und Poppenbüttel sollen insgesamt sieben neue Ausleihstationen entstehen, die Behörde sucht aber teilweise noch nach möglichen Flächen. Auch in den Elbvororten und südlich der Elbe in Neugraben-Fischbek sind jeweils gleich mehrere neue Standorte geplant. „In allen Hamburger Bezirken sollen zusätzliche Stationen entstehen, sodass das Angebot auch in der äußeren Stadt noch besser wird“, sagt Anjes Tjarks.

Behörde sieht Touristen-Mangel als Grund für Rückgang

In seiner Behörde ist davon die Rede, dass der weitere Rückgang der Zahlen in den vergangenen beiden Jahren wohl wesentlich der allgemein abnehmenden Mobilität und dem fast völligen Fehlen von Touristen in Hamburg geschuldet war. Ob auch die zunehmende Konkurrenz durch E-Scooter und Carsharing-Angebote bereits zuvor zu dem Abwärtstrend bei den Stadträdern beigetragen hat, ist nicht genau erfasst, aber denkbar.

In welchen Stadtteilen besonders selten Stadträder genutzt werden, teilte die Deutsche Bahn auf Anfrage nicht mit – generell sei die Nachfrage aber in der Innenstadt besonders hoch. Die CDU in de Bürgerschaft bemängelt, dass auch zu wenig darüber bekannt sei, wie groß die Probleme durch Vandalismus an den Fahrrädern in sozialen Brennpunkten und durch technische Defekte seien. „Die Behörde sollte sich hier ehrlich machen und die Zahlen veröffentlichen“, fordert der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Richard Seelmaecker.

Der Senat habe es zudem versäumt, auf die sinkende Nachfrage zu reagieren. „Es ist bedauerlich, dass die Auslastung nachgelassen hat. Wir hatten daher einen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht, die ersten 90 Minuten Nutzung kostenfrei zu stellen. Das wurde von SPD und Grünen abgelehnt“, so Seelmaecker. Insgesamt bleibe das StadtRad-System sinnvoll. „SPD und Grüne müssen allerdings pragmatischer werden, wenn wir das System weiter verbessern wollen.“

Die Verkehrsbehörde bleibt bei der Erholung der Ausleihzahlen dagegen optimistisch. Auch sei eine Flaute kein generelles Argument gegen den Ausbau. Schließlich könnten die Stationen flexibel mit mehr oder weniger Fahrrädern ausgestattet werden.