Hamburg. Wegen eines Angst- und Enge-Gefühls trug der Hamburger Björn K. am Hauptbahnhof keine Maske. Das sagt der Richter.
Da ist er wieder, der Griff Richtung Gesicht. Fahrig fingert Björn K. an seinem Mund-Nasen-Schutz herum. Man könnte es als Geste der Nervosität verstehen. Doch der 30-Jährige sagt, er fühle sich schlicht nicht wohl mit dieser Corona-Maske. „Da ist ein Angst- und Enge-Gefühl“, erklärt der Hamburger Student. „Und Schwitzen kommt noch hinzu.“ Deshalb koste es ihn auch jetzt Überwindung, eine solche Maske zu tragen – hier, im Verhandlungssaal des Amtsgerichts. Doch hier ist es eindeutig Pflicht.
Am 16. Juni vergangenen Jahres hätte Björn K. ebenfalls einen Mund-Nasen-Schutz tragen müssen, schließlich war er am Hamburger Hauptbahnhof unterwegs. Doch weil er „oben ohne“ herumlief, sitzt er jetzt auf der Anklagebank. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Hamburger den „Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse“ vor.
Prozess: Maskenverweigerer legte Blanko-Attest vor
Als ein Kontrolleur und dann zwei Polizeibeamten ihn wegen des fehlenden Mund-Nasen-Schutzes ansprachen, so die Anklage, habe er ein aus dem Internet stammendes Blanko-Attest vorgelegt, um seine Befreiung von der Maskenpflicht vorzutäuschen. In dieses Schreiben habe er schlicht seine Daten eingetragen. Einen Arztbesuch, um nach einer fachgerechten Untersuchung gegebenenfalls ein Attest zu erhalten, habe es nicht gegeben.
Der Sachverhalt sei ja wohl unstrittig, sagt der Amtsrichter. „Es geht allein um die rechtliche Bewertung.“ Und tatsächlich leugnet der Angeklagte Björn K. nicht, das Schreiben aus dem Internet heruntergeladen zu haben. „Ich habe es auch ausgefüllt. Kurze Zeit darauf habe ich von meiner Hausärztin ein Attest bekommen“, erklärt der kräftig gebaute Mann. Tatsächlich bekam er die korrekte ärztliche Bescheinigung zweieinhalb Monate später. Darin heißt es, der Patient sei aus „psychosomatischen Gründen“ vom Maskentragen befreit.
Arzt, der Blanko-Befreiungen möglich machte, ist verstorben
Für den Fall der Fälle hatte Björn K. jedenfalls zuvor eine Corona-Maske dabei. In der Strafanzeige gegen ihn ist vermerkt, dass er schließlich „freiwillig eine mitgeführte Mund-Nasen-Bedeckung übergestülpt habe.
Letztlich wird der Angeklagte freigesprochen. Das von ihm handschriftlich mit seinem Namen ergänzte Schriftstück, das der Student damals vorlegte, sei „kein Gesundheitszeugnis im Sinne des Gesetzes“, erklärt der Amtsrichter. „Das geht mehr Richtung Phantasie-Schreiben“, das vielseitig interpretierbar sei. „Hier ist auch die Approbationsurkunde des Ausstellers mit abgedruckt.“ So etwas sei gänzlich unüblich für ein Attest. Zudem gebe es „erkennbar“ ein Blankofeld, wo jeder, der möchte, seine Daten eintragen kann.
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Gegen den Arzt, der diese Blanko-Befreiungen möglich machte, wurde ebenfalls strafrechtlich ermittelt. Er habe sich von der „Schulmedizin verabschiedet“, hatte der insbesondere im Kreis Kassel als Corona-Leugner bekannte Mediziner in einem Video verkündet und von einer „angeblichen Corona-Pandemie“ gesprochen. Doch das Strafverfahren gegen Jens B. hat sich mittlerweile erledigt. Der Mediziner ist Anfang Juni verstorben. Er soll Suizid begangen haben.