Hamburg. 30 Freiwillige für Studie gesucht. Vorgehen bei diesem Vektorimpfstoff unterscheidet sich von Astrazeneca und Johnson & Johnson.

Zuletzt gab es einen Rückschlag für die Forschenden in Hamburg – doch nun soll es weitergehen: Noch im Juli will ein Team um die Infektiologin Prof. Marylyn Addo am UKE mit der klinischen Erprobung einer „optimierten“ Version jenes Corona-Impfwirkstoffs beginnen, den Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) entwickelt haben.

Nachdem das auf Bundesebene zuständige Paul-Ehrlich-Institut und die Ethikkommission der Hamburger Ärztekammer ihr Einverständnis gegeben haben, werden die Forschenden in Eppendorf 30 Probanden im Alter zwischen 18 und 65 Jahren für die Phase-1-Studie auswählen. Freiwillige können sich per Mail beim medizinischen Auftragsinstitut CTC North melden unter: studienteilnahme@ctc-north.com.

UKE-Studie zu optimiertem Corona-Impfstoff

Die Studie umfasst ein Gesundheitsscreening, zwei Impftermine und 14 Kontrolltermine innerhalb eines Zeitraumes von sieben Monaten. Aufgeteilt in drei Gruppen, werden die Probanden einen sogenannten Vektor-Impfstoff in drei unterschiedlichen Dosierungen gespritzt bekommen. Dabei fungiert ein gentechnisch verändertes und damit harmloses Pockenvirus als Transportvehikel, um ein Stück Erbmaterial des Erregers Sars-CoV-2 in einige wenige menschliche Zellen zu schleusen.

Die „Genfähre“ kann sich nicht vermehren, das Bauteil des Coronavirus aber soll die Produktion von Antikörpern auslösen, die dann vor einer Corona-Infektion schützen würden – so die Hoffnung. Auf das Vektor-Prinzip setzen auch Astrazeneca und Johnson & Johnsen, in deren Impfstoffen allerdings veränderte Adenoviren (Erkältungserreger) die Genfähren bilden.

Die DZIF-Forschenden konnten bei der Entwicklung ihres Corona-Impfstoffs auf Vorarbeiten für eine Impfung gegen Mers – ein anderes gefährliches Coronavirus – aufbauen. Um einen Corona-Impfstoff zu erhalten, bauten die Forschenden in das abgeschwächte Pockenvirus anstelle von Erbgutstücken des Mers-Erbguts ein Stück Protein-Erbgut von Sars-CoV-2 ein.

Immunreaktion bei UKE-Impfstoff zunächst zu schwach

Mit der klinischen Erprobung der ersten Version dieses Impfstoffkandidaten hatte das UKE bereits im Oktober 2020 begonnen. 30 freiwillige Probanden bekamen den Wirkstoff in zwei unterschiedlichen Dosierungen bis Mitte Dezember gespritzt. Es stellte sich heraus, dass die Impfungen zwar sicher und gut verträglich sind – allerdings fiel die erwünschte Immunreaktionen zu schwach aus. Deshalb mussten die Forschenden ihre eigentlich für Anfang 2021 geplante Phase-II-Studie zurückstellen.

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Nun muss sich erweisen, ob auch der „optimierte“ Wirkstoff sicher und gut verträglich ist. Wenn er zudem für eine deutlich stärkere Immunreaktion sorgte, würde von September an eine Phase-2-Studie mit etwa 200 Freiwilligen stattfinden – immer noch unter der Federführung des UKE, aber nicht nur in Hamburg, sondern auch in Tübingen und München. Ende dieses Jahres könnte diese Studie weitestgehend abgeschlossen sein.

Weshalb es weitere Corona-Impfstoffe geben muss

Vor einer Zulassung des Wirkstoffs wäre allerdings noch eine dritte Phase nötig. Wo und in welchem Umfang sie stattfinden könnte, sei noch unklar, sagt Marylyn Addo. Sie und ihre Mitstreiter sind vergleichsweise spät dran. Allein in der EU sind schon vier Impfstoffe zugelassen. Was bringt da noch die Erprobung einer Vakzine, die wohl frühestens gegen Ende 2022 marktreif wäre?

Addo verweist darauf, dass in Deutschland zwar schon viele Menschen von Corona-Vakzinen profitieren, dass allerdings weniger als ein Viertel der Weltbevölkerung gegen Sars-CoV-2 geimpft ist. „Es gibt noch einen großen Bedarf an Corona-Impfstoffen.“ Derzeit seien weltweit 95 Impfstoff-Kandidaten in der Entwicklung, wobei offen sei, wie viele davon es bis zur Zulassung schaffen.

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„Es gibt zwar schon eine tolle Erst-Generation an zugelassenen Impfstoffen“, sagt die Infektiologin. Allerdings zeigten sich Einschränkungen. So empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) etwa, den Impfstoff von AstraZeneca in erster Linie an über 60-Jährige zu verabreichen. Für einige Bevölkerungsgruppen, etwa für Kinder, gibt es in der EU noch gar keine zugelassenen Impfstoffe.

Hinzu kommt etwa die Einschätzung, dass nach einer Erstimpfung mit AstraZeneca eine Zweitimpfung mit einem mRNA-Impfstoff die größte Wirkung entfalten kann. „Wir lernen, dass Kombinationen von Impfstoffen womöglich besser funktionieren“, sagt Addo. Auch deshalb sei es „wichtig, das Impfstoff-Portfolio zu erweitern“.