Hamburg. Zum zweiten Mal in Folge schrumpft in einem Quartal der Bestand der in Hamburg gemeldeten Pkw. Welche Ursachen dafür infrage kommen.

Allen Sonntagsreden von der Verkehrswende zum Trotz: Jahrelang ist die Zahl der registrierten Pkw in Hamburg kontinuierlich gestiegen. Zuletzt wuchs sie sogar schneller als die Zahl der Einwohner. Nun aber scheint dieser Trend zum Auto gebrochen – zumindest wackelt er. Im ersten Quartal 2022 ist der Bestand der in der Hansestadt angemeldeten Pkw bereits zum zweiten Mal in Folge geschrumpft. Waren am 1. Oktober 2021 noch 818.153 Pkw registriert, so sank diese Zahl zum Jahreswechsel auf 807.618 – und zum 1. April waren es nur noch 803.530. Das zeigen Antworten des Senats auf eine aktuelle und mehrere ältere Kleine Anfragen der CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Ralf Niedmers und Richard Seelmaecker.

Demnach ist im ersten Quartal auch die Zahl der Lkw gesunken – von 73.093 zum Jahreswechsel auf 71.987 nach den ersten drei Monaten des laufenden Jahres. Die Zahl der oft über den Winter abgemeldeten Motorräder ist dagegen gewachsen – von 56.906 am 1. Januar auf 57.274 am 1. April 2022. Damit lag sie auch deutlich über dem Wert vom April 2021, als nur 55.908 Motorräder in Hamburg angemeldet waren.

Verkehr Hamburg: Anteil der Elektrofahrzeuge steigt

Während die Gesamtzahl der Pkw zurückgeht, steigt der Anteil der reinen Elektrofahrzeuge weiter kontinuierlich. Waren zum 1. Januar 2021 lediglich 7553 reine E-Autos in der Hansestadt angemeldet, so sind es am 1. April 2022 mit 14.853 bereits fast doppelt so viele gewesen. Auch bei den Hybridelektrofahrzeugen zeigt der Trend stabil nach oben. Waren im Januar 2021 noch 16.199 Pkw dieses Typs in Hamburg gemeldet, so wuchs die Zahl zum 1. April 2022 auf 26.621. Noch schneller verlief die Entwicklung bei den von außen aufladbaren (Plug-in-)Hybrid-Autos. Ihre Zahl hat sich von 7342 im Januar 2021 auf 15.824 im April 2022 mehr als verdoppelt.

CDU-Verkehrspolitiker Seelmaecker sieht trotz der sinkenden Pkw-Zahlen noch keine Trendwende, sondern eher einen Effekt der Pandemie und der durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelösten Krise.

Menschen mit Neuanschaffungen zurückhaltend

„Ich denke, der Rückgang in den letzten beiden Quartalen in Hamburg hat mehrere Ursachen“, so Seelmaecker. „Die Menschen sind mit Corona und Ukraine-Krieg im Krisenmodus und daher mit Neuanschaffungen zurückhaltend. Die Wirtschaft hat stark gelitten, und viele Unternehmen und auch Privatpersonen haben ihre Investitionen zurückgestellt. Das wird sich sicherlich wieder ändern.“ Dabei verweist der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete zudem darauf, dass der März 2022 ein für die deutschen Autoherstellen sehr schlechter Monat gewesen sei. Das zeigten auch die u. a. vom ADAC ausgewerteten Zahlen.

Im März 2022 gab es danach in Deutschland 241.330 Pkw-Neuzulassungen. Gegenüber dem Vergleichsmonat März 2021 sei dies ein Minus von 17,5 Prozent, so der ADAC. „Nachdem der Autoabsatz in Deutschland in den ersten beiden Monaten dieses Jahres leicht über dem Vorjahr lag, ist er im März wieder deutlich unter das Niveau von 2021 gefallen“, schreibt der ADAC auf seiner Internetseite. „625.954 Autos wurden in den ersten drei Monaten neu zugelassen, das sind 4,6 Prozent weniger als im ersten Quartal 2021.“

„Elektromobilität wird von den Grünen nicht richtig gefördert“

Elektro-Pkw liegen nach den Zahlen weiter im Trend. Im März 2022 wurden 14,5 Prozent mehr E-Autos als im Vergleichsmonat des Vorjahrs neu zugelassen. „Das klingt zunächst nach viel“, so CDU-Mann Seelmaecker. „Verglichen mit dem Vormonat, als der Zuwachs noch bei mehr als 50 Prozent lag, ist aber auch hier eine deutliche Abkühlung zu erkennen.“ Der Anteil von Elektroautos an den gesamten Neuzulassungen betrug demnach 14,3 Prozent. Plug-in-Hybride hatten zuletzt einen Marktanteil von 11,3 Prozent.

„Die Elektromobilität wird von den Grünen nicht richtig gefördert“, moniert Seelmaecker. „Wichtig wäre, bei privat angeschafften Fotovoltaikanlagen eine Förderung der Speichertechnik (Akkus) in Hamburg einzuführen.“ Nordrhein-Westfalen mache es vor. „Wir würden mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Selbst erzeugter Strom könnte damit in sieben Monaten im Jahr auch für das eigene Kfz nutzbar werden“, sagt der CDU-Verkehrspolitiker. „Dies wäre ein Meilenstein. Der Strom wäre umweltfreundlich erzeugt, und der Grad der Unabhängigkeit würde erheblich gesteigert werden. Auch Wärmepumpen als gasunabhängige Wärmeerzeuger würden dadurch attraktiver werden.“

Verkehr Hamburg: Stadt liegt bei E-Autos an der Spitze

Im Februar hatte Hamburg laut Kraftfahrtbundesamt mit 30,9 Prozent den geringsten Anteil aller Bundesländer an Neuzulassungen von Kraftfahrzeugen mit alternativen Antrieben. Der Senat begründet dies in seiner Antwort auf die CDU-Anfrage damit, dass Hamburg bereits sehr früh in den Ausbau der Ladeinfrastruktur investiert habe, sodass der Anteil der E-Fahrzeuge hier wesentlich schneller gestiegen sei als in anderen Bundesländern. „Mit einem Anteil von 3,39 Prozent Elektroantrieben am Gesamtbestand aller zugelassenen Pkw lag Hamburg mit Stichtag 1. Januar 2022 im Vergleich aller Länder mit Abstand an der Spitze“, so der Senat. Es folgten Baden-Württemberg (3 Prozent) und Hessen (2,86 Prozent) bei einem Bundesdurchschnitt von 2,44 Prozent.