Tangstedt. In der Gutsküche in Wulksfelde hat Gastronom Matthias Gfrörer Fisch und Fleisch weitgehend von der Karte verbannt. Die Reaktionen.

Was passiert, wenn ein Restaurant von heute auf morgen auf vegetarische Küche umstellt? Dieses Experiment hat Matthias Gfrörer vor gut zwei Monaten gewagt – mit Erfolg. Bereits nach wenigen Wochen essen 70 Prozent seiner Gäste Gerichte ohne Fleisch oder Fisch. Nur eine Minderheit bestellt hier und da ein Stück dazu – genauso, wie der engagierte Gastronom es sich vorgestellt hat. Denn, zwingen zu den Gerichten will er seine Gäste nicht, eher überzeugen. „Wir sind komplett überwältigt von der positiven Resonanz“, sagt Gfrörer.

Und gibt zu, dass er damit nicht gerechnet habe. „Ich dachte, wir müssen mit jedem Gast endlos diskutieren. Aber das passiert gar nicht.“ Ganz im Gegenteil, nach Fisch und Fleisch werde eher hin und wieder mal gefragt. Gfrörer ist überzeugt: „Das liegt auch an der Präsentation der Speisen.“ Es beginne schon damit, dass in der offenen Küche jede Menge ansprechendes Gemüse liege.

Gastronom Matthias Gfrörer bekommt gute Kritiken

 „Dazu überall Gewürze.“ Die klein gehaltene Karte, die die Gäste als Aufsteller vor den Tisch gestellt bekommen, beinhalte einfach gar keine Fisch- oder Fleischgerichte. „Schon denken viele gar nicht mehr daran, danach zu fragen, so unser Eindruck.“ Ganz dezent liege auf jedem Tisch neben der Weinkarte nun eine kleine Karte für diejenigen, die nicht auf Fisch oder Fleisch verzichten wollen. Viele dieser Angebote seien so gehalten, dass man sie teilen müsse. „So bestellen die Gäste dann in der Regel ein gutes Stück Fleisch, das sie zu viert essen.“

Diskussionen oder gar Kritik gebe es selten. „Wir kriegen unheimlich viel positive Rückmeldung. Um ehrlich zu sein mehr als nach der Eröffnung 2009“, sagt der Gastronom. Viele Gäste würden sich freuen, sich sogar bedanken. Die Kritiken, auch im Netz, seien sehr gut. Da heißt es dann beispielsweise. „Nach Neueröffnung nun Fokus auf vegetarische Gerichte. Wir waren erst skeptisch, wurden dann aber sehr positiv überrascht. Wirklich zu empfehlen, wenn man mal was anderes probieren möchte.“ Oder: „Sensationell!!!

Die vegetarische Karte ist sehr originell und variantenreich

Die neue Karte und das neue Konzept mit Veggie als Regel ist sehr originell und variantenreich. Trotzdem bleiben Fleisch und Meerestiere in Topqualität als Beilage. Immer gerne wieder und wärmstens empfohlen!“ Diese positiven Reaktionen erfreuen Gfrörer, stimmen ihn aber auch nachdenklich. „Ich habe mich schon gefragt, warum ich so lange mit dieser Umstellung gewartet habe“, sagt er. „Aber ich muss zugeben, ich hatte großen Respekt davor, den Schritt zu gehen.“

Gfrörer fühlt sich auf seinem Weg bestätigt. „Ich bin der Meinung, dass man als Koch eine gewisse Verantwortung hat.“ Seine Aufgabe sei es, nicht nur die Menschen schnell satt zu machen. Sondern auch sie gut und ausgewogen zu ernähren – und glücklich zu machen, wie Gfrörer sagt. Auf diesem Weg seien er und seine Frau Rebecca nun ein Stück weitergekommen. Hinzu komme der nachhaltige Gedanke. „Umweltschutz heißt deutlich weniger Fleischkonsum.“

Beitrag der Gastronomie im Kampf gegen den Klimawandel

So denkt auch Gastronom Hannes Schröder, der mittlerweile in der Hansestadt fünf Läden betreibt. Einen sechsten plant er gerade an der Langen Reihe, der erste rein vegetarische und vegane des Gastronomen. „Wir müssen alle umdenken“, sagt Schröder. Nur so könne die Gastronomie ihren Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel leisten. „Schließlich trägt der Fleischkonsum wesentlich zum Klimawandel bei.“ Dennoch, das Umdenken müsse Stück für Stück geschehen, so Schröder. „Ein erster Schritt ist der neue Laden.“ Auch in seinen drei „was wir wirklich Lieben“- Bistros gebe es mehrheitlich vegetarische Gerichte. Fleisch oder Fisch diene nur als Topping. „Es muss wieder zu einem Luxusgut werden“, so Schröder.

Für ihn bedeute das im Moment vor allem, die internen Prozesse zu verändern. „Wir haben fünf verschiedene Küchenteams, bei denen wir ein Umdenken in Kraft setzen müssen.“ Prozesse sollen umgestellt werden. Aber auch die Gäste Stück für Stück an die Gerichte herangeführt werden. Von heute auf morgen die Karte umzustellen, so wie Gfrörer es gemacht habe, könne er sich in seinen Läden nicht erlauben, glaubt Schröder. „Dazu fehlt uns der Name. Zu uns kommen die Gäste nicht wegen der Bekanntheit unseres Chefkochs, sondern weil sie wissen, dass wir ihnen eine sehr gute Qualität bei unseren Speisen bieten.“ Dennoch, ein Zurück gebe es nicht, ist er sicher. „Ich hoffe sehr, dass immer mehr Restaurants uns auf diesem Weg folgen.“