Hamburg. Neue App soll auf 3400 Dienst-Smartphones laufen. Bald sollen Beamte auch Ausweise und Nummernschilder einlesen können.
Personen anhand von Fingerabdrücken über das Smartphone zu identifizieren: Das ist von Montag an bei der Hamburger Polizei möglich. „mDakty“ heißt die selbst entwickelte App, die auf etwa 3400 Diensthandys flächendeckend zum Einsatz kommen soll.
Das Prinzip klingt einfach. Über die Kamera werden die Finger der unbekannten Person fotografiert, ohne dass sie auf das Gerät aufgelegt werden müssen. Das Bild ist so scharf, dass die Hautlinien (Papillarleisten) erkannt, gescannt und mit den einschlägigen Datenbanken, beispielsweise vom Bundeskriminalamt, verglichen werden.
Fingerabdrücke per Handy: Enormer Zeitvorteil
Bislang ist das Prozedere deutlich umfangreicher. Eine Person, deren Personalien unklar sind, muss mit zur Wache. Dort wird sie aus Sicherheitsgründen durchsucht. Dann werden die Fingerabdrücke über einen fest installierten Scanner genommen. Begleitet wird der ganze Vorgang von jeder Menge Schreibarbeit und Desinfektion des Scanners.
„Durch mDakty bekommen wir einen enormen Zeitvorteil“, sagt Hauptkommissarin Silke Niemann, die mit Kollegen in Harburg das Projekt betreut. Im Rahmen des Pilotprojektes, das seit Ende Juli an der Davidwache auf dem Kiez, an der Polizeiwache St. Georg und der Wache Harburg lief, wurde mDakty getestet und verbessert. Der Bedarf für die schnelle Identifizierung von Personen, die sich nicht ausweisen können, gehört, vor allem an den Wachen auf St. Pauli und im Bahnhofsviertel, zum Alltag.
Polizisten dürfen Diensthandy sogar privat nutzen
„Allein am Starttag des Pilotprojekts, wurde mDakty von Beamten der Davidwache fünfmal eingesetzt“, so Niemann. Die Fingerabdruckerkennung ist ein Baustein im System „Mobipol“, mit dem die Polizei den Verwaltungsaufwand verschlanken und Standards automatisieren will. Das spart in allen Bereichen Zeit. Ein normaler Verkehrsunfall, bei dem alle Daten vorhanden sind und der keine Finessen aufweist, wird – das wurde getestet – etwa vier Mal so schnell aufgenommen wie bisher.
Mobipol besteht aus einzelnen Apps, die miteinander arbeiten. Der Gedanke dahinter: Einzelne Elemente können besser in andere Systeme, beispielsweise bei anderen Länderpolizeien, implementiert werden. Die Hamburger Polizei selbst kann woanders entwickelte Apps besser integrieren. Das spart Entwicklungszeit und Geld. Genutzt werden für Mobipol ausschließlich Geräte von Apple, darunter das iPhone 8 und das iPhone XR. Diese sind auch mit den normalen Apps ausgestattet.
Beamte, die so ein Gerät dienstlich bekommen, dürfen es auch mit nach Hause nehmen und privat nutzen. „Das sollen sie auch, denn das steigert die Akzeptanz bei den Kollegen“, sagt Niemann. Intern sind die Mobipol-Handys eigentlich zwei Geräte. Der polizeiliche Bereich ist technisch komplett vom „normalen“ System getrennt. So wird verhindert, dass polizeiliche Daten oder Vorgänge auf irgendwelchen fremden Servern landen.
Fingerabrücke per Handy: Polizeieigene App
Gleichzeitig hat man sich bei der Entwicklung der polizeieigenen Apps, vor allem bei der Bedienung, eng an den üblichen Programmen orientiert, die von vielen Smartphone-Nutzern im Alltag genutzt werden. So sind die Grundlagen der Handhabung identisch.
Auch Übersetzungsprogramm ist in der Entwicklung
Das ist praktisch, denn die Geräte werden bei der Hamburger Polizei von „unten nach oben“ ausgegeben. Sie werden nicht nach Dienstgrad, sondern nach echtem Bedarf verteilt. Damit erreichen sie überproportional junge Beamte, die bei der Bereitschaftspolizei, im Streifenwagen oder anderen Bereichen „auf der Straße“ arbeiten und die die Handhabung ohnehin gut kennen. Das spart noch einmal Zeit bei der Einweisung. Geplant ist die Einführung weiterer Apps, beispielsweise für das Einlesen maschinenlesbarer Ausweise, um die Daten der Personen direkt in Vorgänge zu übertragen.
In dem Fall hindert weniger Technik als gesetzliche Rahmenbedingungen die schnelle Einführung. Geplant ist aber ein Programm, dass Nummernschilder von Fahrzeugen einscannen kann, damit die Halterdaten automatisch in den Vorgang übertragen werden. Zudem ist geplant, die 17 Stellen lange Fahrzeug-Identifikationsnummer erfassen zu können. Das ist beispielsweise bei abgemeldeten Autos nützlich, die einfach am Straßenrand abgestellt wurden und dort vor sich hin rotten, aber auch bei Fahrzeugen, an denen falsche Nummernschilder angebracht wurden.
„Es geht nicht nur viel schneller. Gerade bei solchen langen Zahlen werden durch das automatische Erfassen Fehler vermieden“, sagt Niemann. Auch ein Übersetzungsprogramm für viele Fremdsprachen, zusätzlich mit einer Diktierfunktion, ist in der Entwicklung. Unabhängig. werden die Apps weiter entwickelt und verbessert. „Das ist ein andauernder Prozess“, sagt Niemann. Die Tipps dazu kommen von den Beamten, die mit den Geräten ihre Alltagserfahrungen auf der Straße machen.