Hamburg. Schulleitung wehrt sich gegen Vorwürfe, dass Lehrer nicht eingegriffen hätten – und zeigt sich entsetzt über Verhalten von „Gaffern“.
Der Vorfall sorgt auch nach Tagen noch für Entsetzen: Nachdem Kinder und Jugendliche einen Polizisten an der Ida Ehre Schule an der Schlankreye in Eimsbüttel attackiert haben, hat sich erstmals die Schulleiterin Nicole Boutez geäußert. In einer Stellungnahme wehrt sie sich gegen Vorwürfe, die auch gegen die Schule laut geworden waren. Unterdessen werden Details zu dem 13-Jährigen bekannt, der im Mittelpunkt des Vorfalls steht.
Wie man „mittlerweile wisse“, seien Schülerinnen und Schüler der Ida Ehre Schule „durch einen Schüler einer anderen Schule in bedrohlicher Weise angesprochen und unter Druck gesetzt“ worden, heißt es in der Stellungnahme. Gemeint ist damit offenbar der 13-Jährige.
Deshalb habe man „augenblicklich ein bewährtes Verfahren“ in Gang gesetzt und den „Cop4U“ eingeschaltet – den Polizisten, der der Schule fest zugeteilt ist und in solchen Fällen auch als erster Ansprechpartner diene. Der Beamte sollte deshalb auch eingreifen, als der Jugendliche am vergangenen Donnerstag erneut vor der Ida Ehre Schule erschien.
Gewalt gegen Polizei: Lehrkräfte der Ida Ehre Schule griffen ein
„Die sich daraus entwickelnde Eskalation war erschütternd“, sagt Schulleiterin Boutez nun. Nachdem der Beamte den 13-Jährigen, der zuvor seine Hand unter der Jackentasche hielt und nach Einschätzung des Polizisten bewaffnet gewesen sein könnte, zu Boden gebracht hatte, bildete sich eine große Gruppe von Umstehenden. Im weiteren Verlauf kam es nach Polizeiangaben unter anderem zu Tritten gegen den Kopf des Polizisten.
Unter den vielen Schaulustigen waren nach Angaben der Ida Ehre Schule Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene. „Und unter diesen Kindern und Jugendlichen waren auch Schülerinnen und Schüler unserer Schule.“ Man habe „sehr schnell in einem abgestimmten Verfahren in unterschiedlichen Rollen“ auf die Situation reagiert.
Vehement weist Boutez nun Vorwürfe zurück, die Lehrkräfte hätten nicht eingegriffen – das Gegenteil sei der Fall. „Es sind selbstverständlich Kollegen in die Menge gegangen mit dem klaren Ziel, Schülerinnen und Schüler vom Ort des Geschehens zu entfernen. Darauf haben auch einige der anwesenden Kinder und Jugendlichen reagiert. Andere Kolleginnen und Kollegen haben den Ausgang unserer Schule gesichert.“
Ida Ehre Schule plant große Aufarbeitung
Der Elternrat der Schule hatte zuletzt vor voreiligen Bewertungen der Situation gewarnt – und auch der Schulbehörde eine vorschnelle Suspendierung von Schülern vorgeworfen. Die Schulleiterin Boutez drückt dagegen ihr Entsetzen über das Verhalten der Umstehenden aus. „Es hat uns erschrocken, mit welchem Selbstverständnis und in entfremdender Form ‘gegafft’ wird (...). Wir sind bestürzt über die scheinbare Empathielosigkeit der Zuschauer“, heißt es.
Es sei klar, „dass dieser Vorfall zumindest an unserer Schule nicht konsequenzlos hingenommen wird.“ Deshalb kündigt die Schule eine Aufarbeitung mit der gesamten Schülerschaft an. Der Beratungsdienst der Schule stünde auch Eltern und Lehrenden zur Verfügung. Zudem werde so schnell wie möglich Präventionsunterricht in allen Klassen durchgeführt – unter anderem zum Thema „wie helfe ich anderen“. Aus Sicht der Schulleiterin ist der Vorfall ein klares Warnsignal. „Wir sehen uns mit einer gesellschaftlichen Entwicklung konfrontiert, deren Korrektiv die Schule nicht alleine sein kann“, schreibt Boutez.
Schulsenator Ties Rabe (SPD) bekräftigte am Montag, dass auch die Behörde weitere Schritte plane. „Gewalt wird weder in der noch vor der Schule akzeptiert“, sagte Rabe. „Wir werden mit aller Konsequenz vorgehen.“
Polizei ermittelt auch gegen ein Mädchen
Die Polizei ermittelt unterdessen nicht nur gegen den 13-Jährigen, sondern auch gegen ein 13 Jahre altes Mädchen sowie zwei Zwölfjährige und einen Jugendlichen (15), der als einziger der konkret Beschuldigten strafmündig ist. Der Vorwurf lautet unter anderem „Angriff in Verbindung mit versuchter Gefangenenbefreiung“.
Alle vier waren von Polizisten, die als Verstärkung eingetroffen waren, gefasst und hinter eine Polizeikette gezogen worden. Auch dabei soll es Versuche der 80 bis 100 Köpfe starken Gruppe gegeben haben, die Festgesetzten zu befreien. Zudem waren die Beamten „bespuckt, beleidigt und angegriffen“ worden.
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Der 13-Jährige befindet sich bereits in professioneller Obhut. Er lebt in einer Wohngruppe in Schnelsen von einer kirchlichen Einrichtung – laut Website „in einem um- und ausgebauten Einzelhaus mit großem Garten“. Ein „aufgeschlossenes und junges Team“, dem es wichtig sei, mit den Jugendlichen „in einer geborgenen Atmosphäre den Alltag zu strukturieren“, soll diese „rund um die Uhr“ betreuen. Auch vermittle man „soziale Kompetenzen“.