Hamburg. Gerd Rindchen testet das mehrfach zum „besten Spanier Hamburgs“ gewählte Portomarin. Auch die Weinkarte sucht ihresgleichen.
Man kann nicht behaupten, dass die unablässigen Bemühungen des dynamischen Portomarin-Betreiberpaares Patricia Pérez y Hilker und Jesús A. Díaz Sindín um hervorragende Qualitäten auf dem Teller und im Glas den Menschen draußen im Lande verborgen geblieben seien: Schon mehrfach wurde ihr seit dem Jahr 2000 existierendes Winterhuder Restaurant als „Bester Spanier Hamburgs“ ausgezeichnet, der „Guide Michelin“ führt sie, und der ehrwürdige „Feinschmecker“ listet sie gar als eines der 500 besten Restaurants Deutschlands.
Hauptgründe dafür sind, neben dem stimmigen Ambiente und dem sehr aufmerksamen, von den Inhabern höchstselbst geleiteten Service, die kompromisslose Einkaufspolitik bei den verwandten Lebensmitteln und eine exzellente Wein- und Spirituosenkarte.
„Greatest Hits“ der spanischen Tapaskultur
Wer mag, kann einen klassischen Einstieg ins Menü genießen: Nach dem Auftakt mit hausgebackenem Brot, Premiumoliven und Öl, Meersalzflocken sowie exzellenter Aioli (0 Euro) wählt man dann zu zweit die warmen gemischte Vorspeisen (15 Euro p. P.), eine Art „Greatest Hits“ der spanischen Tapaskultur: hausgemachte Datteln im Speckmantel mit Marzipan, eine unvergleichliche Premium-Chorizo ohne jegliche Zusatzstoffe, gegrillter Schafskäse mit Orangen-Ingwersauce, eine Rote Garnele in Zitronen-Thymiansud, sautierte Champignons mit Iberico-Schinken und gegrillte Tintenfischchen.
Gut, aber noch spannender finde ich meine aktuelle Lieblingsvorspeise: butterzarter Tintenfisch und weiße Bohnen aus Navarra mit Black Tiger Garnele, wohlig sich rekelnd in aromatischem Meeresfrüchtesud (16,90 Euro). Das kesselt.
Weise Beschränkung bei den Fischgerichten
Bei den Fischgerichten ist, der Frische wegen, weise Beschränkung angesagt: Jeden Arbeitstag, den Gott werden lässt, zieht Patron Jesus bei Tau und Tag hinaus, um den frischesten aller verfügbaren Wildfang-Fische des Tages zu erwählen.
Somit ist das einzige Fischgericht auf der Abendkarte gegrilltes Filet mit frisch-aromatischem Trampó Mallorquin, Ají Amarillo (eine pikante gelbe Paprikasauce) sowie, wie bei allen Hauptgängen, gegrilltem Gemüse von den umliegenden Wochenmärkten und klassischen Papas Arrugadas mit roter und grüner Mojo-Sauce (27,50 Euro). Ein stimmiges Konzept.
Eines der spannendsten Fleischgerichte Hamburgs
Bei den Fleischgerichten ist die Auswahl etwas größer, denn hier gesellen sich zum zarten, auf den Punkt gegrillten Filet vom grasgefütterten Lamm mit wilder Rotgarnele, Selleriepüree und Lammjus (31 Euro) noch diverse Premium-Cuts von País de Quercus, einem Zusammenschluss ökologisch ausgerichteter Viehzüchter aus der spanischen Extremadura.
Primus inter Pares unter den durchweg herausragenden Slow-Meat–Qualitäten im Portomarin aber ist zweifelsfrei das baskische TXOGITXU-Fleisch von ehedem glücklichen Hochlandweiderindern: Das Entrecôte Double davon für zwei Personen auf heißer Grillplatte tranchiert (33 Euro p. P. inklusive aller erdenklicher Beilagen) zählt zu den spannendsten Fleischgerichten, die man derzeit in Hamburg genießen kann, und ist darüber hinaus, was jeder bestätigen kann, der schon mal diese kostbare Fleischsorte für daheim erstanden hat, überaus preiswert.
Spanischer Weinexperte adelt das Portomarin
Das große Lebensthema des Patrons und zertifizierten Sommeliers ist seit über 35 Jahren der Wein: Konsequenterweise hat er zusätzlich einen erfolgreichen Handel und Import mit den Premiumgewächsen seiner Heimat etabliert, und so glänzt auch die über 300 Positionen umfassende Wein- und Digestifauswahl im Restaurant mit einem grundsoliden Preis-Genuss-Verhältnis.
Ein erfreulich strukturierter und charakterstarker Weißer ist die stimmige 2020er D.O. Ribeiro-Cuvée aus den autochthonen Rebsorten Treixadura und Godello mit dem etwas prolligen Namen „Alter“ (29 Euro). Als sichere Bank gilt auch der geschmeidige rote 2017er Vino de Pago (Spaniens höchste Qualitätsstufe) „Opta“ (30 Euro). Echtes Highlight der Karte ist der ungemein dichte und vielschichtige 2014er Ribera del Duero „Al admiración selección especial“ (41 Euro).
Als ich einmal mit dem recht weltläufigen Generalsekretär der Weinbauregion Ribera del Duero hier essen war, meinte er hinterher lakonisch: „Das ist der beste Spanier außerhalb Spaniens, den ich kenne.“ Das bringt es doch schön auf den Punkt.