Hamburg. Nach „Ylenia“ kommt „Zeynep“: Bahnverkehr wird eingestellt, U-Bahnen fahren langsamer. Das sagen Experten zu der Häufung.
Die Einsatzkräfte von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk, Polizei und vielen anderen sind im Dauereinsatz: Unmittelbar nach dem Abzug von Sturmtief „Ylenia“ wurde am Freitagabend und in der Nacht das womöglich noch heftigere Orkantief „Zeynep“ erwartet. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hatte orkanartige Böen mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 115 Stundenkilometern angekündigt.
Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) rechnete zudem mit einer schweren Sturmflut mit Wasserständen von drei Metern über dem normalen Hochwasser. Der höchste Wasserstand sollte sonnabendfrüh zwischen 5 Uhr und 6 Uhr erreicht werden, so Bernd Brügge vom BSH. Für Hochwasserschutzeinrichtungen und Deiche werde das aber nicht zum Problem.
Wetter Hamburg: Bahn stellte Zugverkehr ein
Die Bahn reagierte frühzeitig auf die Sturmwarnungen. Sie stellte schon am Freitagnachmittag den Zugverkehr im Norden schrittweise ganz oder teilweise ein. So fuhren keine Fernzüge mehr nördlich von Dortmund, Hannover und Berlin. Auch Nordbahn- und Metronom-Züge verkehrten ab 15 Uhr nicht mehr von und nach Hamburg. Zu diesem Zeitpunkt stellte die S-Bahn Hamburg auch den Verkehr nach Stade/Neugraben ein – stattdessen sollten Busse fahren.
In der Stadt wurde am Nachmittag der Zugverkehr der Linie U 1 ab Volksdorf eingestellt. Bereits vorher waren überall in Hamburg U-Bahnen auf überirdischen Streckenabschnitten nur mit verminderter Geschwindigkeit unterwegs. Dass das nötig war, zeigte sich auf der Strecke der U 2 und U 4 zwischen Berliner Tor und Horner Rennbahn. In dem Bereich drohte am Freitagmittag ein Baum auf die Gleise zu stürzen.
Feuerwehr warnte: „Bleiben Sie möglichst zu Hause!“
Schuld war nicht starker Wind, sondern der durchnässte Boden, der den Wurzeln nur noch wenig Halt bot. Umweltbehörde und Revierförstereien warnten vor dem Betreten von Wäldern, Parks und Friedhöfen, weil Bäume umstürzen können. Die Feuerwehr riet allen Menschen in der Stadt, während des Orkans nach Möglichkeit in ihren Wohnungen zu bleiben, auch die Polizei appellierte: „Bleiben Sie möglichst zu Hause!“
Planten un Blomen ist wegen des drohenden Orkans geschlossen. Heute sollen die Sturmschäden begutachtet werden, um zu entscheiden, wann der Park wieder öffnen kann. Alle staatlichen Sportanlagen in Hamburg bleiben wegen des Sturms bis Dienstag geschlossen. Dies teilte der Hamburger Sportbund unter Bezugnahme auf eine Entscheidung der Bezirksämter mit.
Flughafen Hamburg schloss die Tore der Hallen
Auch der Flughafen rüstete sich und schloss die Tore der riesigen Hallen. Bei Böen ab 100 Stundenkilometern werden zudem keine Fahrgastbrücken eingesetzt. Zunächst hatten nur wenige Flüge gestrichen werden müssen. Die für das Wochenende geplante Vollsperrung der A 7 wurde hingegen kurzfristig abgesagt. Hier hätte das neue Dammbauwerk vor dem südlichen Portal des Elbtunnels in Betrieb genommen werden sollen.
Feuerwehr und Polizei bereiteten sich den Tag über auf das Sturmtief vor. Am Freitagabend war der Stab im Dienst, die Zahl der Führungskräfte vor Ort oder in Bereitschaft wurde ab 20.30 Uhr verdoppelt. Gleichzeitig wurden drei zusätzliche Drehleitern in Billstedt, in Osdorf und im Bereich Hamburg Nord stationiert. Sie stammen aus der Fahrzeugreserve der Feuerwehr. Alle 86 freiwilligen Feuerwehren waren in Alarmbereitschaft. Teilweise wurden die Wachen schon frühzeitig besetzt, ohne dass konkrete Einsätze aufgelaufen waren.
Feuerwehr rückte zu vielen Einsätzen aus
Hamburger Feuerwehrleute waren erst am Mittwoch und Donnerstag zu etwa 860 sturmbedingten Einsätzen unterwegs – vor allem wegen umgestürzter Bäume oder Ästen, die herabzustürzen drohten, gelösten Dach- und Fassadenteilen oder umgewehten Baustellenabsicherungen. Viele Sturmschäden wurden erst am nächsten Morgen entdeckt. So gab es zwischen 20 Uhr und 6 Uhr lediglich 80 wetterbedingte Einsätze. Mit einsetzender Helligkeit stiegen die sprunghaft an. Um 9.30 Uhr war die Zahl der Einsätze auf 400 gestiegen, später dann auf 860. Beim neuen Orkantief „Zeynep“ rechnete die Feuerwehr mit einem ähnlichen Verlauf.
Auch wenn die kurze Abfolge an Sturmfluten beunruhigen mag: Blickt man auf die vergangenen vier Jahrzehnte zurück, lassen sich keine besonderen Veränderungen erkennen, wie Stephan Dick, Leiter der Vorhersagedienste des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), erklärt. „Es schwankt von Jahr zu Jahr mit starken Streuungen. Das kann man allein schon daran sehen, dass wir im letzten Jahr lediglich drei Sturmfluten hatten.“ Es gebe sowohl „stürmische“ als auch „ruhigere Phasen“, wie eben zuletzt, so Dick.
Wetter Hamburg: Mit Meeresspiegel steigt der Wasserstand
Zwar ereigneten sich in Hamburg in den letzten 20 Jahren einige Sturmfluten, als „sehr schwer“ stufte die BSH jedoch lediglich eine Sturmflut im Jahr 2007 und eine weitere im Jahr 2013 ein. „Sehr schwer“ bedeutet, dass die Sturmflut eine Höhe von 3,5 Metern über dem Mittleren Hochwasser erreicht. In den 1990er-Jahren ereigneten sich im Vergleich deutlich mehr Sturmfluten. So gab es 1991 insgesamt 21 Sturmfluten, wovon jedoch vier als „schwer“ und zwei als „sehr schwer“ eingestuft wurden.
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Aufgrund der Streuung lasse sich derzeit keine vernünftige Aussage dazu treffen, ob es sich um Auswirkungen des Klimawandels handle, sagt Dick. Fest stehe aber, dass mit steigendem Meeresspiegel auch der Wasserstand ansteigt. „Das trifft natürlich auch die eingetretenen Hochwasserstände“, wie der Leiter der Vorhersagedienste des BSH erklärt. Diese liefen „auf jeden Fall etwas höher als früher“, so Dick. Aktuell seien es rund 20 Zentimeter pro Jahrhundert. Sorgen müssten sich die Hamburger jedoch nicht, da der Küstenschutz entsprechende Maßnahmen ergreife. Auch Olaf Müller, Leiter des Bereiches Gewässer und Hochwasserschutz vom Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer, schätzt die aktuellen Sturmfluten als nicht ungewöhnlich ein.