Hamburg. Die Ausfallstraße soll umgebaut werden und die Mobilitätswende voranbringen. Das sind die Pläne von SPD und Grünen in Hamburg.

Mehr als 33.000 Autos, darunter viele Lkw, rollen an Werktagen über die Kieler Straße in Eidelstedt. Und allzu häufig geht auf der Ausfallstraße, die seit 2019 als eine der sieben Magistralen der Stadt ausgewiesen ist, gar nichts mehr. Die Fraktionen von SPD und Grünen in der Bürgerschaft wollen die Kieler Straße zwischen der Anschlussstelle Stellingen der Autobahn 7 und dem Eidelstedter Platz im Sinne der Mobilitätswende umbauen und damit den Autoverkehr deutlich reduzieren.

Grundsätzlich geht es darum, die Verkehrsfläche der auf einem kurzen Teilstück vierspurigen und sonst pro Richtung „unecht“ zweispurigen Straße mit relativ schmalen und unattraktiven Geh- und Radwegen neu zu verteilen. In einem gemeinsamen Bürgerschaftsantrag, der dem Abendblatt exklusiv vorliegt, fordern SPD und Grüne den Senat auf, dass „der Autoverkehr für eine Spur pro Richtung geplant wird“, also durchgängig zweispurig verschmälert wird.

Verkehr Hamburg: Nur noch eine Spur auf der Kieler Straße

Außerdem sollen die Fußwege verbreitert und die Einrichtung einer Protected Bike Lane (durch eine Abtrennung geschützte Radfahrstreifen auf der Fahrbahn, die Red.) geprüft werden. Kurzfristig soll eine Pop-up-Bike-Lane (farblich abgesetzter Fahrradstreifen, die Red.) geprüft und umgesetzt werden. Rot-Grün fordert außerdem, dass „genügend Raum für einen attraktiven Busverkehr geschaffen wird“. An separate Busspuren denken die Koalitionäre dabei nicht, eher an Ampelschaltungen, die den Fluss des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) fördern.

Dieser Streckenabschnitt der Kieler Straße soll umgebaut werden.
Dieser Streckenabschnitt der Kieler Straße soll umgebaut werden. © HA Grafik, HA Infografik, Frank Hasse | Unbekannt

Außerdem sollen Straßenbäume gepflanzt sowie Grünanlagen und Sitzgelegenheiten auf den Nebenflächen errichtet werden, „um die Aufenthaltsqualität zu steigern und den Stadtraum klimaresilient zu gestalten“. Die zentrale Forderung der beiden Fraktionen an den Senat lautet, „durch geeignete, darüber hinausgehende Maßnahmen sicherzustellen, dass die Reduzierung der Ausweich- und Pendelverkehre über Eidelstedt langfristig nach Möglichkeit um mindestens 20 Prozent erfolgt“. Das würde bedeuten, dass in Zukunft nur noch 25.000 bis 27.000 Autos täglich über diesen Abschnitt der Kieler Straße fahren.

Eidelstedt ist besonders belastet

Nach Einschätzung von SPD und Grünen ist Eidelstedt durch die Kombination von motorisiertem Individualverkehr und Schwerlasttransporten in besonderem Maße belastet. Als zusätzliche Herausforderung wird der seit 2014 erfolgende Ausbau der A 7 gesehen, der aufgrund von Sperrungen und Teilsperrungen zu „Ausweichverkehren im Stadtteil Eidelstedt [führt], die sich vor allem im Berufsverkehr bemerkbar machen“. Die Kieler Straße werde als Umleitungsstrecke der A 23 und A 7 beansprucht – vor allem auf dem Abschnitt zwischen der Anschlussstelle Stellingen und dem Eidelstedter Platz.

Aufgrund der Überlastungssituation komme es häufig zu Staus und Rückstaus bis in Anwohnerstraßen hinein. Auch der Busverkehr – fünf Linien führen über die Kieler Straße – werde beeinträchtigt. „Sicheres Radfahren und angenehmes Zu-Fuß-Gehen sind hier nicht möglich. Der Grund ist offensichtlich: Die Kieler Straße ist auf diesem Teilstück für die derzeitige Kfz-Verkehrsmenge nicht ausgelegt“, heißt es in dem Antrag.

Nach Ende der A-7 Bauarbeiten nur wenig Aussicht auf Besserung

Die Koalitionäre wollen die Zeit bis zur Fertigstellung des A- 7-Ausbaus (voraussichtlich 2026) nutzen, um den Abschnitt der Kieler Straße im Sinne der Mobilitätswende mit attraktiveren Geh- und Radwegen sowie zuverlässigerem Busverkehr umzubauen. „Gleichzeitig müssen die Anreize für den motorisierten Individualverkehr und die Ausweichverkehre von der A 7 gesenkt werden“, schreiben SPD und Grüne. „Ein Umbau auf eine durchgängig pro Richtung echte einspurige Straßenführung, die Platz für Fuß- und Radverkehr bietet und dem Busverkehr Raum gibt, wird diesen Ansprüchen gerecht und erhöht die Lebensqualität im Stadtteil deutlich.“

Ein vom Bezirk Eimsbüttel in Auftrag gegebenes Mobilitätskonzept für Eidelstedt rechnet nach Beendigung der A -7-Bauarbeiten mit einer Reduzierung der Ausweichverkehre um nur 15 Prozent. „Das reicht nicht aus, um die anvisierten Ziele der Mobilitätswende und des Modal Splits (prozentuale Aufteilung des Verkehrsaufkommens der unterschiedlichen Verkehrsmittel, die Red.) zu erfüllen. Es besteht also weiterer Handlungsbedarf“, heißt es in dem rot-grünen Bürgerschaftsantrag.

„Neugestaltung der Kieler Straße bringt Mobilitätswende in die äußere Stadt“

„Wir wollen den Verkehrsanteil von ÖPNV sowie Fuß- und Radverkehren bis 2030 auf 80 Prozent erhöhen. Damit dieser Wert realisiert werden kann, ist es wichtig, Verkehrsalternativen sicher und attraktiv zu gestalten“, sagt Martina Koep­pen, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. „Die Kieler Straße in Eidelstedt ist stark überlastet und ein Paradebeispiel dafür, dass die Mobilitätswende in Hamburg höchste Priorität haben muss.“ Die „gelebte Praxis“, dass auf einer Fahrspur zwei Autos nebeneinander herfahren, trage nicht zur Verkehrssicherheit bei, so Koeppen.

„Mit der Neugestaltung der Kieler Straße bringen wir die Mobilitätswende in die äußere Stadt. Wie schon am Schlump, der Max-Brauer-Allee, in der Hallerstraße und der HafenCity wollen wir mit einem Pop-up-Radweg das Radfahren kurzfristig komfortabel und sicher machen“, sagte Rosa Domm, Sprecherin für Mobilitätswende der Grünen-Fraktion. Ähnliche Pläne wie für die Kieler Straße mit der Einengung auf eine Fahrspur pro Richtung existieren auch für die B  73 im Bezirk Harburg für die Zeit nach der Fertigstellung der A 26.