Unser Genussexperte kennt das Picasso schon seit 40 Jahren – und isst dort noch immer gern. Diese Gerichte kann er besonders empfehlen.
Es passiert selten, dass man als Chronist ein Restaurant und dessen Betreiber über rund 40 Jahre lang mit Herzblut begleitet. Beim Picasso ist aber genau das der Fall: Als ich 1983 in der längst verblichenen Stadtzeitung „Tango“ über das damals noch am Nobistor gelegene Restaurant berichtete, war der heutige Patron Victor Mendez 17 Jahre alt und kellnerte unter Papas strengem Regiment. Heute führt der stattliche, in Ehren ergraute Mittfünfziger das seit 1985 in der Rathausstraße gelegene Lokal, das sich zur Institution für die Freunde traditioneller spanischer Küche entwickelt hat.
Im Gegensatz zu meinem kürzlich (genauer gesagt am 23. November 1993) erschienen letzten Zwischenbericht über das Picasso im Hamburger Abendblatt, in dem ich noch die unschlagbar günstigen Preise für das gute Essen rühmte, hat Victor preislich inzwischen den Aufstieg aus dem Tabellenkeller ins gehobene Mittelfeld geschafft, will heißen: Man isst hier immer noch verlässlich sehr gut, berappt aber mittlerweile angemessene Kurse dafür. Die rustikalen Sitzecken rund um den großen Tresen, der geflieste Boden und das heimelige Neonlicht versetzen seit jeher den geneigten Gast im Geiste auf die Iberische Halbinsel.
Picasso in Hamburg: Tapas wie in Spanien – mit erstklassigem Fisch
In der Küche spielen Tapas eine große Rolle, und vor allem für erstklassigen frischen Fisch hat sich das Picasso in den Jahrzehnten seines Bestehens einen Namen gemacht. Tipp: Auf Tagesempfehlungen achten! Spaß macht es, sich als Gruppe ganz viele Tapas zu teilen. Unverzichtbar sind dabei die Kroketten. Die Tapas Tigres mit Miesmuscheln (10,50 Euro) und vor allem die Croquetas de Jamon mit Schinken (7,50 Euro) sind in Hamburg unerreicht. Ein echter Geheimtipp ist die Morcilla – eine würzig-elegante geräucherte Reisblutwurst aus Burgos, die gegrillt mit gebratenen Zwiebeln als Miniportion (leider) auf Weißbrot serviert wird (8 Euro). Zu den empfehlenswerten Fischtapas zählen die Boquerones, frittierte Sardinen (6 Euro), die Chipirones, Tintenfische vom Grill (7 Euro) und die ausnehmend zarten Pulpos a la Gallega mit Olivenöl und geräuchertem Paprikapulver (10,50 Euro).
Fleischfreunde werden glücklich mit den würzigen Vueltas Canarias, dünnen, herrlich kräuterwürzige Rindfleischscheiben aus der Pfanne (10 Euro) oder Zorza, in Paprika eingelegtem zartem Schweinefilet mit Kartoffeln (6,50 Euro). Verlässlich gute Hauptgerichte sind das herrlich aromatische Conejo, im Keramiktopf geschmortes Kaninchen mit Knochen (24,50 Euro), der erstklassige Seeteufel vom Grill (26,50 Euro) oder das abgehangene 300-Gramm-Rumpsteak vom Grill mit gegrilltem Gemüse und hausgemachten Pommesecken (25,50 Euro).
Dazu gibt es eine gute Weinauswahl, wobei es sich lohnt, Victor nach Geheimtipps zu fragen, das gute Flensburger vom Fass (0,4 l für 5 Euro) und sehr respektablen, offen ausgeschenkte Rioja in Weiß, Rosé und Rot (0,25 l für 8 Euro, Flasche 19,50 Euro). Gut ist auch der rote Protos Ribera del Duero roble (29,50 Euro). Wichtig zu wissen: Mittlerweile hat sich das Picasso eine stattliche Fangemeinde erkocht, Reservierung ist also dringlichst anzuraten – vor allem für Plätze im kleinen, versteckten Gastgarten.