Hamburg. Zwei von drei S-Bahnen in Hamburg fahren nicht. Fernverkehr im Norden noch stärker betroffen. Mittwoch soll es besser werden.
Mit weitreichenden Einschränkungen bei der Deutschen Bahn und der Hamburger S-Bahn setzt die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) am Dienstag ihren Streik im Bahnverkehr fort. Bis zum Mittwoch sind nicht nur die Fernzüge, sondern auch die S-Bahnen massiv vom bundesweiten Streik betroffen.
„Die Kollegen sind nach wie vor hochmotiviert und das Echo sehr positiv“, sagte der Vorsitzende der GDL-Nord, Hartmut Petersen. „Fern- und Nahverkehr zusammengerechnet fallen etwa 70 Prozent der Züge aus. Das ist etwas weniger als beim letzten Mal, weil die Bahn mehr Zeit hatte, sich vorzubereiten.“ Die Bahn will jeden dritten Fernzug auf die Strecke gebracht haben und hofft, heute noch mehr Züge anbieten zu können.
Bahnstreik: Im Fernverkehr fährt nur etwa jeder vierte Zug
Dennoch müssen Tausende Pendler bis Mittwoch mehr Zeit für ihre Wege einplanen. Bis zu zwei Drittel aller S-Bahnen fallen aus. Die S 1, S 3 und S 21 fuhren am Montag nur noch im 20-Minuten-Takt statt wie sonst alle fünf bzw. alle zehn Minuten. Die S 11, S 31 und die S 2 fahren gar nicht mehr. Das bestätigte die Bahn auf Nachfrage.
Zusätzliche Wagen an die S-Bahnen hängen kann die Bahn nicht, die Bahnsteige sind zu kurz, und das Personal fehlt. Einzelne Fahrgäste beklagten gegenüber dem NDR auch eine schlechte Information der Bahn über Zugausfälle. Im Fernverkehr fährt nur etwa jeder vierte Zug. Die konkurrierenden Bahngesellschaften AKN, Metronom und Nordbahn sind vom Streik nicht betroffen.
Nach Angaben der Deutschen Bahn war die Lage an den Bahnhöfen im Norden am Montag verhältnismäßig ruhig. Fahrgäste hätten sich augenscheinlich auf den Streik eingestellt, sagte eine Bahnsprecherin. „Auch wir haben uns so gut wie möglich darauf vorbereitet“, sagte sie. Die Bahn versuche alles, um für die Kunden ein Grundangebot an Zügen bereitzustellen.
Regionalbahnen in Schleswig-Holstein fallen aus
„Trotzdem wird es für Fahrgäste heute und morgen zu deutlichen Einschränkungen kommen“, sagte die Sprecherin am Montag. Wer die S-Bahn trotzdem nutzte, hatte entweder Zeit zum Warten mitgebracht oder keinerlei Eile. „Wenn der Zug kommt, dann kommt er“, sagt ein Mann um die 60, der von Neugraben ohne Termin nach Buxtehude unterwegs ist. Für den Streik gibt es Verständnis, aber mit Einschränkungen.
„Eigentlich unterstütze ich den Streik“, sagt ein 30 Jahre alter Mann, „aber die Lokführer hätten damit warten können, bis die Pandemie vorbei ist.“ In den Zügen herrschte selbst mittags noch drangvolle Enge, die S-Bahnsteige der sind aufgrund der niedrigen Taktfrequenzen gut gefüllt.
Auch viele Regionalbahnen in Schleswig-Holstein fallen aus. Sie gehören zum "Fernverkehr". Die betroffenen Strecken sollen durch Busverkehr bedient werden. Der Sylt-Shuttle ist laut der Deutschen Bahn nicht von Streikmaßnahmen betroffen, hier wird der Regelfahrplan gefahren.
GDL schließt weitere Streiks nicht aus
Die GDL-Mitglieder streiken für höhere Gehälter und bessere Arbeitsbedingungen. Unter anderem verlangen sie eine Corona-Prämie von 600 Euro und 3,2 Prozent mehr Geld in zwei Stufen. Die Bahn will die Erhöhung hinnehmen, aber nach den Corona-Verlusten über eine längere Zeit strecken.
Wie der Sprecher der GDL sagte, sind weitere Streiks nicht ausgeschlossen: „Wenn nichts kommt, über das man verhandeln kann.“ Die Bahn habe „kein vernünftiges Angebot“ gemacht. Am Sonntag scheiterte die Bahn mit dem Versuch, den Streik im Personenverkehr abzuwenden. Sie erklärte sich bereit, über eine Corona-Prämie für die Beschäftigten zu verhandeln, machte jedoch keine Angaben zur höhe der Zahlung. Die GDL sieht darin deshalb ein „Scheinangebot“.
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Bahnstreik soll am Mittwoch um 2 Uhr enden
Hintergrund des Tarifstreits ist auch der Konkurrenzkampf der Gewerkschaften untereinander. Mit dem neuen „Tarifeinheitsgesetz“ sollen künftig nicht mehr mehrere, sondern nur noch ein Tarifvertrag pro Unternehmen gelten können. Und zwar der, der mit der mitgliederstärkeren Gewerkschaft geschlossen wurde.
In den 16 Betrieben der Deutschen Bahn konkurrieren GdL und EVG, wobei die EVG mehr Mitglieder hat. Die als moderater geltende EVG hat bereits im April einen Tarifvertrag abgeschlossen und 1,5 Prozent mehr Gehalt erreicht.
Offiziell soll der Bahnstreik um 2 Uhr in der Nacht zu Mittwoch enden. Wegen der vielen Baustellen in und um Hamburg ist es bis dahin nicht ratsam, auf das Auto umzusteigen. Auch hier ist Geduld gefragt.