Hamburg. Was nun zu tun sei? Hamburger Virologe Schmidt-Chanasit ist für andere Teststrategie und nennt zwei weitere zentrale Punkte.
Der Hamburger Virologe Jonas Schmidt-Chanasit spricht angesichts der aktuellen Corona-Lage von Versäumnissen. „Wir haben in Deutschland begrenzte Ressourcen im Gesundheitswesen und wir müssen sie besser einsetzen“, sagte Schmidt-Chanasit dem Abendblatt. Das betreffe unter anderem die Testung von besonders gefährdeten Personengruppen.
Dass die kostenlosen Tests auch für Geimpfte abgeschafft wurden, sieht der Virologe kritisch. „Wir sind dadurch auf einem Auge blind für das Infektionsgeschehen geworden“, so der Virologe. Gleichzeitig habe auch die Politik den falschen Glauben verbreitet, dass für Geimpfte die Pandemie quasi vorbei sei. „Jetzt haben wir eine hohe und steigende Zahl an Impfdurchbrüchen. Das hat sich deutlich gedreht“.
Virologe: Viele Patienten "mit Sprachbarriere" auf Intensivstationen
Konkret nennt Schmidt-Chanasit auf die Frage, was nun zu tun sei, drei zentrale Punkte. Erstens müssten die Auffrischungsimpfung gerade für ältere Menschen zügig organisiert und durchgeführt werden. „Hamburg hat dabei ganz gut angefangen, aber etwa Schleswig-Holstein scheint noch weiter zu sein“, so der Virologe. Die Erst- und Zweitimpfung älterer Menschen liege teilweise bereits neun Monate zurück. „Das muss jetzt gut funktionieren, bevor wir in eine Lage kommen, die weitere Maßnahmen erzwingt.“
Neben den Booster-Impfungen dürfe aber auch die Erhöhung der allgemeinen Impfquote insbesondere bei den über 60-Jährigen nicht vernachlässigt werden. „Die klare Rückmeldung von den Intensivstationen ist, dass es dort weiter auch viele Patienten mit Sprachbarrieren gibt“, sagt Schmidt-Chanasit. „Es reicht nicht, nur pauschale Angebote zu machen. Man muss die Menschen vor Ort – gerade und auch die Mitbürger mit ausländischen Wurzeln – besser erreichen“.
Corona: Schmidt-Chanasit empfiehlt andere Teststrategie
Zweitens sei eine andere Teststrategie nötig. Schmidt-Chanasit drängt darauf, gerade in Alten- und Pflegeheimen mit Pool-PCR-Tests flächendeckend und umfassend mindestens zweimal wöchentlich zu testen. Eine 2G-Regelung sei gerade in diesen sensiblen Bereichen der falsche Weg. „2G vermittelt eine Scheinsicherheit, während weiter ein Infektionsrisiko besteht. „Das Personal muss dort auch dabei unterstützt werden“, fordert Schmidt-Chanasit.
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Denn als dritte große Baustelle sieht der Virologe weiterhin die Personalsituation in der Pflege. „Der Mangel ist leider bekannt – und die vergangene Zeit ist nicht dafür genutzt worden, entschieden etwas dagegen zu unternehmen.“ Das sei besonders für die Hygienestandards in den Einrichtungen fatal. „Fällt eine Pflegekraft krankheitsbedingt aus, fällt oftmals das ganze Hygiene-Konzept vor Ort in sich zusammen“. Wenn aber grundlegende Hygienestandards nicht eingehalten oder auch die Tests aus Personalmangel nicht richtig durchgeführt werden, finde das Coronavirus ideale Bedingungen vor.