Hamburg. Beweise im Hauptbahnhof beschlagnahmt. Verdacht auf Körperverletzung. Außerdem: Demo gegen Corona-Maßnahmen.
Die Polizei hat am Sonnabend erneut das bereits geschlossene private Impfzentrum in der Wandelhalle des Hamburger Hauptbahnhofs durchsucht. Man habe dort im Auftrag des Gesundheitsamtes Mitte Beweismittel sichergestellt, sagte ein Polizeisprecher auf Abendblatt-Anfrage. Es gehe um die Vorwürfe der gefährlichen Körperverletzung, des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz und das Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse.
Hintergrund könnte unter anderem die bisher nicht beantwortete Frage sein, ob den Menschen, die sich in der Wandelhalle des Hauptbahnhofs hatten impfen lassen, auch wirklich echter Impfstoff in der richtigen Dosis gespritzt wurde. Diese Frage hatten zuletzt weder die Gesundheitsbehörde von Senatorin Melanie Leonhard (SPD) noch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) oder das zuständige Bezirksamt Mitte klar beantwortet. Auch Betroffene haben zuletzt trotz Nachfrage dazu keine befriedigende Antwort von den städtischen Stellen oder der KV bekommen.
Hauptbahnhof Hamburg: Polizei durchsucht Impfzentrum
So liegt dem Abendblatt der Mailwechsel eines Hamburgers vor, der seine Frau und sich selbst im Hauptbahnhof hatte impfen lassen. Er fragte zunächst bei der Sozialbehörde, ob er denn nun mit echtem Moderna-Impfstoff immunisiert worden sei – und wies darauf hin, dass in dem Impfzentrum bei seinem Besuch gegen viele Regeln verstoßen worden sei.
So sei offenbar kein Arzt vor Ort gewesen, es habe kein Aufklärungsgespräch gegeben und keinen Informationsbogen des RKI. Die Sozialbehörde verwies den Mann in ihrer Antwort an die KV, die verwies an den Bezirk Mitte – und der wieder zurück an die Sozialbehörde. Offenbar weiß in Hamburg niemand so genau, wer eigentlich für die Überprüfung von Impfangeboten verantwortlich ist – nicht einmal wenn diese im Hauptbahnhof arbeiten, dem meistfrequentierten Bahnhof Deutschlands.
Freie Termine für Corona-Impfungen im Hauptbahnhof
Obwohl es zuletzt in Hamburg schwierig war, Impftermine zu bekommen, hatte das Zentrum im Hauptbahnhof auf der von einer Medienfirma organisierten Internetseite massenhaft freie Termine angeboten. Das hatte Zweifel hervorgerufen, ob hier alles mit rechten Dingen zugehe. Die Betreiberfirma hatte dagegen betont, alles sei korrekt gelaufen. Geschlossen wurde das Zentrum schließlich wegen Verstößen gegen Hygieneauflagen.
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Abendblatt-Recherchen ergaben, dass ein Dr. B. als verantwortlicher Arzt geführt wurde, der vor Jahren wegen Abrechnungsbetruges verurteilt worden war. Die Sozialbehörde wollte dies zum Anlass nehmen, die Tätigkeit des Arztes zu prüfen. In einem anderen Fall werde bereits gegen ihn ermittelt. Wie es nun weitergeht, ist unklar. Im Bezirksamt wusste man am Wochenende angeblich nichts von der Razzia.
Demo gegen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie
Am Sonnabend demonstrierten in Hamburg mehrere Tausend Menschen gegen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie und eine mögliche Impfpflicht. Unter dem Motto „Das Maß ist voll – Hände weg von unseren Kindern!“ zogen sie durch die Stadt. Die Polizei sprach von einem friedlichen Verlauf und bis zu 10.000 Teilnehmern. Die Abstände seien weitgehend eingehalten worden, so ein Polizeisprecher.
Laut Verfassungsschutz beobachten die Behörden im Kontext der Anti-Corona-Proteste auch Gruppen und Einzelpersonen, „die Bedrohungen aussprechen, ausdrücklich zum Widerstand gegen den demokratischen Rechtsstaat aufrufen, der über friedlichen Protest hinausgeht“. Dazu zählten auch zu Verdachtsfällen erklärte Hamburger Gruppierungen, die im Kontext der Protestbewegungen hier allerdings „rückläufige Bedeutung“ hätten. „Personen, die der Verfassungsschutz diesem Beobachtungsobjekt zurechnet, machen in Hamburg im Moment nur einen geringen Teil des Protestspektrums aus“, hieß es.
Corona-Zahlen blieben am Wochenende in Hamburg stabil
Die Corona-Zahlen sind derweil am Wochenende weitgehend stabil geblieben. Die 7-Tage-Inzidenz sank am Sonnabend von 251,2 am Freitag auf 249 und erhöhte sich am Sonntag minimal auf 249,2. Am Sonnabend meldete die Sozialbehörde 666 Neuinfektionen, am Sonntag waren es 574. Die Zahl der Corona-Patienten, die in Hamburger Kliniken behandelt werden müssen, sank von zuletzt 252 auf 234 – allerdings werden nun 65 von diesen Patienten auf Intensivstationen betreut, einer mehr, als am Freitag gemeldet worden war.
Am Wochenende verzeichnete die Sozialbehörde 13 weitere Todesfälle von Menschen, die mit dem Coronavirus infiziert waren. Mittlerweile sind seit Pandemiebeginn bereits 1925 Hamburgerinnen und Hamburger an oder mit einer Corona-Infektion verstorben. Laut RKI haben 77,8 Prozent der Hamburger eine Erstimpfung und 75,4 Prozent zwei Impfungen gegen das Coronavirus erhalten. Bei den Auffrischungsimpfungen (Booster) ist Hamburg mit einer Quote von 17,8 Prozent das zweitschlechteste Bundesland nach Sachsen.