Hamburg. Der Jurist sieht im langen Lockdown den Todesstoß für den Mittelstand. Die Corona-Maßnahmen provozierten viele Insolvenzen.
Erste zaghafte Öffnungsschritte nach dem viel zu langen Lockdown währten nicht lange: Die sogenannte Corona-Notbremse bringt den Geschäftsbetrieb erneut zum Stillstand. Für manchen Mittelständler ist der Aufprall dramatisch.
Die Hoffnung auf ein wenigstens rudimentäres Ostergeschäft war für viele der letzte Rettungsanker vor der drohenden Insolvenz. Grundlage all der Existenz vernichtenden Entscheidungen ist nach wie vor eine mehr als zweifelhafte Zahl: der sogenannte Inzidenzwert.
Steigender Inzidenzwert: Folge von mehr durchgeführten Tests
Dass dieser Wert hauptsächlich von der Anzahl durchgeführter Tests abhängig ist, liegt auf der Hand. Pünktlich mit der Einführung der Schnell- und Selbsttests geschah, was zu erwarten war: Die Zahlen schossen in die Höhe. Obwohl positive Ergebnisse von Schnelltests sich nicht unmittelbar im Inzidenzwert niederschlagen, schließt sich ihnen häufig ein verifizierender PCR-Test an, sodass nun ein Teil der Dunkelziffer neu in die Statistik einfließt.
Anfang März lagen die Zahlen bei rund 8000 täglich, mit leicht steigender Tendenz. Der steile Anstieg der Kurve begann am 9. März. Des Rätsels naheliegende Lösung: Am 6. März, als der Sieben-Tage-Schnitt noch bei 8290 lag, hatte der Verkauf von Selbsttests bei Aldi, Lidl und Co. begonnen.
Auf der Bundespressekonferenz am 18. März erklärte der Vizepräsident des RKI, Lars Schaade, der Anstieg der Zahlen erkläre sich nicht damit, dass mehr Schnelltests gemacht würden, und verwies auf die RKI-Homepage. Auf der liest sich das anders: Die steigenden Fallzahlen seien nicht „nur mit dem vermehrten Testaufkommen zu erklären“. Als Erläuterung seiner Behauptung versteht er offenbar die Bemerkung, die Virusvariante B 1.1.7 werde „bei drei Vierteln der untersuchten Personen nachgewiesen“.
"Statistische Spielchen als Grundlage der Panikmache"
Wie diese Zahl zustande kommt, ist unklar. Die Gesundheitsämter sollen lediglich fünf Prozent des Materials aus positiven PCR-Tests moleku"largenetisch untersuchen lassen. Die Auswahl der Proben soll nach dem Zufall erfolgen. Lassen sich diese fünf Prozent so hochrechnen, dass man als RKI davon sprechen kann, bei drei Vierteln aller untersuchten Personen sei die Virusvariante „nachgewiesen“? Das ist zu bezweifeln.
Man muss kein Mathematiker sein, um derartige statistische Spielchen als Grundlage der allgemeinen Panikmache abzulehnen. Nach wie vor sprechen wir über eine Krankheit, die in den meisten Fällen mit schwachen oder grippeähnlichen Symptomen einhergeht. Die Zahl der auf eine Corona-Infektion entfallenden Todesfälle geht zurzeit zurück.
Maßnahmen provozieren Insolvenz vieler Unternehmen
Dass Corona für Angehörige von Risikogruppen fatal sein kann, spricht eher dafür, älteren und chronisch kranken Menschen gezielte Schutzmaßnahmen anzubieten, statt die Grundrechte auszuhebeln und ziel- und planlos die mittelständische Wirtschaft und den kulturellen Betrieb eines ganzen Landes an die Wand zu fahren.
Die Maßnahmen schlagen dem in Art. 14 des Grundgesetzes garantierten Schutz des Eigentums ins Gesicht. Sie provozieren die Insolvenz einer großen Zahl von Unternehmen. Damit stellen sie eine noch nie da gewesene Form der Enteignung dar. Anders als in Art. 14 (3) des GG für Enteignungen zum Wohl der Allgemeinheit vorgesehen, gibt es für derartige Kollateralschäden keine gesetzlich geregelte Entschädigung.
Böses Erwachen nach der Bundestagswahl?
Schon um die Autorität des Grundgesetzes wiederherzustellen, wird die Kompensation der Schäden in der Nachcoronazeit kommen müssen. Finanzierbar sein wird sie nur durch ein allgemeines Lastenausgleichsgesetz, welches Zwangshypotheken und andere Vermögensabgaben beinhalten könnte.
Das bedeutet: Wer sich jetzt als Empfänger eines scheinbar sicheren Gehalts entspannt zurücklehnt und immer weitere Verlängerungen des Lockdowns gutheißt, könnte nach der Bundestagswahl ein böses Erwachen erleben.
Exekutive: Erschreckende Ineffizienz und Einfallslosigkeit
Corona hat uns im denkbar schlechtesten Moment erwischt. Die Exekutive präsentiert sich in erschreckender Ineffizienz und Einfallslosigkeit. Das schlechte Spiel mit wenig aussagekräftigen Inzidenzzahlen, panischen Lockdowns und schleppenden Impfstrategien geht weiter.
Wir müssen uns endlich ehrlich machen: Der Lockdown des Einzelhandels kann nichts daran ändern, dass sich das Virus unaufhaltsam weiter ausbreitet. Zur schwedischen Lösung gibt es keine Alternative, will man dem Mittelstand nicht den Todesstoß versetzen.