Harburg/Wilhelmsburg. Rot-grüne Regierungskoalition fordert Senat auf, binnen neun Monaten Trasse und Haltestellen zu planen. Anbindung für 5000 Wohnungen.

Fragte man bislang Hamburger Verkehrspolitiker, die nicht aus dem Süden kamen, nach dem U-Bahn-Anschluss für Wilhelmsburg und letztlich auch Harburg, wurde man stets abgewiegelt und auf ein wenig konkretes „später“ verwiesen. Grundsätzlich sei die Verlängerung richtig und wichtig, andere Projekte allerdings wichtiger. Erst, wenn diese abgeschlossen sind, könne die U-4-Verlängerung angeschlossen werden.

Zumindest bei den Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten scheint jetzt ein Umdenken eingesetzt zu haben: Die rot-grüne Regierungskoalition in der Hamburgischen Bürgerschaft fordert den Senat auf, die U-Bahn-Linie 4 über den Kleinen Grasbrook hinaus – bis dorthin ist sie bereits geplant – bis nach Wilhelmsburg zu verlängern. Entsprechende Planungen sollen zügig vorangetrieben und eine Trasse festgelegt werden.

U4: Schnelle Verlängergung bis Wilhelmsburg gefordert

Die Folge wäre eine deutlich bessere Anbindung des Reiherstiegviertels und der geplanten drei Quartiere mit insgesamt 5000 Wohnungen an den ÖPNV. Damit würden auch die bestehenden S-Bahn-Linien, die bereits heute an ihrer Kapazitätsgrenze fahren, entlastet. Bis dahin sollen ausgeweitete Busanbindungen an die Station Elbbrücken die Situation verbessern. Perspektivisch sollen auch Kirchdorf-Süd und Harburg an die U4 angeschlossen werden.

Senat soll Trassenverlauf für U4 in neun Monaten vorlegen

Angedacht und in Aussicht gestellt war die Verlängerung schon lange. Neu ist jetzt, dass die Bürgerschaft mit dem rot-grünen Antrag Tempo machen will: Bereits in neun Monaten soll der Senat den Trassenverlauf, die Lage der Haltestellen und einen Zeitplan für die Umsetzung vorlegen. Bislang gibt es dafür nur Vorstudien, die derzeit auf ihre Machbarkeit hin geprüft werden. Die vom HVV favorisierte Variante würde eine Schlangenlinie durch Wilhelmsburg beschreiben: Vom Grasbrook kommend, mit einem Halt am Stübenplatz in Richtung Westen schwenkend mit weiteren Halten auf Höhe der Kreuzung Neuhöfer/Georg-Wilhelm-Straße, am Bürgerhaus und am S-Bahn-Hof. Eine weitere Verlängerung würde Kirchdorf-Süd erschließen und nach Harburg führen.

„In Wilhelmsburg stehen mehrere neue Wohnquartiere kurz vor der Umsetzung“, sagt der Wilhelmsburger SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Michael Weinreich. „Sie sind alle bereits im Hinblick auf die Verkehrswende geplant, mit nur wenigen Parkplätzen. Damit diese Quartiere attraktiv werden und zur Attraktivität der Elbinsel beitragen, müssen wir den Bewohnern auch ein gutes Mobilitätsangebot machen. Die S-Bahn reicht da nicht aus. Wir können die Leute nicht auf einen Zeitpunkt vertrösten, wenn nördlich der Elbe die U5 fertig ist, sondern müssen auch die U4 jetzt vorantreiben.“

Wilhelmsburg rechnet mit rund 10.000 Neubürgern

Entlang der ehemaligen Wilhelmsburger Reichsstraße entstehen 5000 Wohnungen in drei neuen Quartieren. Die Lokalpolitik rechnet mit 10.000 Neubürgern auf der Elbinsel. Die S-Bahn über die Elbbrücken ist bereits jetzt zur Hauptverkehrszeit so ausgelastet, dass Fahrgäste an den Stationen Wilhelmsburg und Veddel in einzelne Züge nicht mehr hineinkommen und auf den nächsten warten müssen, und das schon bei störungsfreiem Betrieb. Zwar wird die geplante Verstärkerlinie S32 diesen Zustand in einigen Jahren verbessern, aber auch im Bezirk Harburg sind noch einige tausend neue Wohnungen im Werden und für Wilhelmsburg sind ebenfalls schon weitere Neubauquartiere geplant.

„Auf den Flächen, die wir gewinnen, weil die A 26 unterirdisch durch Kirchdorf verläuft, sollen ebenfalls neue Wohnungen entstehen“, sagt Michael Weinreich. „Deshalb ist es wichtig, die Verlängerung über den Bahnhof Wilhelmsburg hinaus gleich mitzudenken. Damit hätten wir die Großsiedlung Kirchdorf Süd auch endlich vernünftig an den Nahverkehr angebunden.“

Busanbindung soll voerst zu Entlastung beitragen

Die Wilhelmsburger Bürgerschaftsabgeordneten mussten dicke Bretter bohren, um ihre Fraktionskollegen von nördlich der Elbe zu überzeugen. Der Verkehrskollaps im Sommer und die Tatsache, dass der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Gerrit Fuß, ein Neu-Wilhelmsburger ist, halfen dabei.

„Die Weiterführung der U4 ins Wilhelmsburger Reiherstiegviertel ist ein Meilenstein für den Hamburger Süden“, sagt der Bürgerschaftsabgeordnete. „Die kurzfristige Sicherung einer Vorzugstrasse für die Verlängerung der U-Bahn ist nun besonders wichtig, um sie mit den Bauplänen für die neuen Wohnquartiere in Wilhelmsburg kombinieren zu können. Die langfristige Fortführung nach Harburg haben wir dabei auf jeden Fall im Blick. Und bis die U4-Verlängerung nach Wilhelmsburg fertiggestellt ist, sollen die Wilhelmsburgerinnen und Wilhelmsburger mit einer direkten Busanbindung zur Station Elbbrücken bereits kurzfristig ein breiteres Verbindungsangebot bekommen.“