Hamburg. Wegen falscher Terminerinnerungen kam es zu langen Schlange an Messehallen. Astrazeneca kann nun unbegrenzt bestellt werden.
Der Sprecher der Sozialbehörde, Martin Helfrich, hat für das Durcheinander im Hamburger Impfzentrum um Entschuldigung gebeten. Ursache für den großen Ansturm seien falsch versendete, automatisch generierte Erinnerungsmails für die Zweitimpfungen mit Astrazeneca gewesen. Am Sonnabend hatten mehrere Tausend Menschen vor den Messehallen anstehen müssen. Die Schlange reichte zeitweise bis zum Bahnhof Sternschanze. Die Lagerstraße musste sogar kurzzeitig durch die Polizei gesperrt werden.
Hintergrund der Panne: Viele Menschen, die bereits vor längerer Zeit eine Erstimpfung mit Astrazeneca erhalten haben, sollten zunächst neun Wochen nach der Erstimpfung die zweite Dosis bekommen. Weil die Ständige Impfkommission dann aber wegen der besseren Wirksamkeit einen Abstand von zwölf Wochen empfohlen habe, sei den Betroffenen ein neuer, späterer Termin mitgeteilt worden.
Hamburger bekamen falsche Termine
Fälschlicherweise seien aber nun für Sonnabend und Sonntag trotzdem automatisch Erinnerungsmails für den ursprünglichen Zweitimpfungstermin nach neun Wochen verschickt worden – obwohl dieser gar nicht mehr gelte. Das habe zu dem Andrang geführt – und zu einem „unfreiwilligen“ neuem Rekord von mehr als 10.050 Impfungen am Sonnabend, wie Dirk Heinrich vom Impfzentrum bei Twitter schrieb.
Insgesamt nimmt die Impfkampagne weiter an Fahrt auf. Von Montag an werden zunächst über 70-Jährige auch in vier Kliniken geimpft. Ein weiteres Krankenhaus startet am 18. Mai. Zudem erwartet die Stadt in den kommenden Wochen konstant hohe Impfstofflieferungen. In der nun beginnenden 19. Kalenderwoche (KW 19) sollen 35.100 Dosen von Biontech und 19.200 von Moderna eintreffen – genauso viel wie in KW 21 und KW 22. In KW 20 werden sogar 40.950 Dosen von Biontech erwartet, außerdem 13.200 von Moderna.
Hamburger Ärzte können unbegrenzt Astrazeneca bestellen
In KW 23 sollen es wieder 35.100 von Biontech und sogar 20.400 von Moderna sein und in der KW 24 (Mitte Juni) dann 35.100 von Biontech und 21.600 von Moderna. Von Astrazeneca erwartet die Stadt in diesem gesamten Zeitraum bis Mitte Juni nur noch insgesamt 2400 Dosen für Zweitimpfungen.
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Hinzukommen Lieferungen an die Arztpraxen (Hausärzte, aber auch Fachärzte). Diese erhalten derzeit laut Walter Plassmann, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg, rund 10.000 Dosen Biontech pro Woche. „Außerdem können die Ärzte jetzt unbegrenzt Astrazeneca bestellen“, sagte Plassmann dem Abendblatt. Es gebe genug von diesem Impfstoff. So könnten Ärzte ihn vorrätig halten und jedem Patienten, der sie (auch aus anderen Gründen) besuche und noch nicht geimpft sei, eine Coronaimpfung anbieten, sagte Plassmann. Dadurch erhoffe er sich einen weiteren Schub für die Impfkampagne.
Infektionszahlen in Hamburg sinken weiter
Am Wochenende gingen die Infektionszahlen in Hamburg weiter zurück. Die 7-Tage-Inzidenz sank von 92,3 am Freitag auf 86,7 am Sonnabend und 83,8 am Sonntag. Am Sonnabend meldete die Sozialbehörde 206 Neuinfektionen, am Sonntag weitere 148. Zuletzt wurden 206 Menschen wegen einer schweren Corona-Infektion in Hamburger Kliniken behandelt, 82 davon auf Intensivstationen.
Am Wochenende meldete die Sozialbehörde vier weitere Corona-Tote. Insgesamt sind nun seit Pandemiebeginn 1519 Hamburgerinnen und Hamburger im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gestorben – das sind rund 2,1 Prozent aller bisher registrierten 73.984 Hamburger Infizierten.
Lockerungen in Hamburg
Angesichts der sinkenden Zahlen, dürften die vom Senat am Freitag verkündeten ersten Lockerungen nun wohl am Mittwoch in Kraft treten. Dazugehören neben Aufhebung der Ausgangsbeschränkung von 21 Uhr bis 5 Uhr etwa die Rückkehr der Kitas zum eingeschränkten Regelbetrieb vom 17. Mai an, ebenso wie die Öffnung der Museen und Bibliotheken (siehe Grafik). Weitere Öffnungen soll es frühestens zehn Tage danach geben. Damit geht Hamburg auch im Vergleich zu anderen Bundesländern weiterhin besonders vorsichtig vor – und wird dafür auch weiter kritisiert.
Die FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein bezeichnete den Senat von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) jetzt als „Totengräber der City“. Hintergrund ist eine Klage des früheren SPD-Vorstandsmitglieds Peter Maßmann gegen die in Hamburg besonders strengen Vorgaben (Abendblatt berichtete). „Dem prominenten Genossen kann man nur Erfolg vor Gericht wünschen“, sagte die FDP-Politikerin. „Leider gefährden seine Partei und die Grünen mit ihren neuesten Ankündigungen zur Herauszögerung umfangreicher Öffnungen bis in den Juni nicht nur die Existenz vieler Geschäfte in der Innenstadt, sondern in ganz Hamburg.“
„Totengräber-Politik muss ein Ende haben"
Händler, Gastronomen und Dienstleister würden mit „willkürlich gegriffenen Inzidenzen als Pseudo-Lockdown-Argument in den Ruin getrieben, vereinsamte Menschen, arbeitslose Künstler und Kreative oder ausgebremste Sportler mit beispielloser sozialer Kälte der Untätigkeit überlassen“, so Treuenfels-Frowein. „Diese fatale Totengräber-Politik muss ein Ende haben und durch kluge Öffnungskonzepte ersetzt werden, wie es erfolgreich etwa in Schleswig-Holstein geschieht.“
Die FDP-Politikerin kritisierte auch, dass der Senat zwei Wochen brauche, um die Auslegungshilfen für eine neue Corona-Verordnung zu veröffentlichen. „Das sind zwei Wochen zu viel, in denen Gewerbetreibende, Händler und Dienstleister nicht genau wissen, was sie unter welchen Umständen dürfen oder nicht“, so Treuenfels-Frowein. „Derzeit warten wir auf die Auslegungshilfen für die 39. Eindämmungsverordnung vom 16. April - und es ist Anfang Mai.“
HVV nimmt Nachtfahrten in Hamburg wieder auf
Die pandemiebedingt weitgehend ausgesetzten Nachtfahrten im HVV werden in der Nacht vom kommenden Mittwoch zum Donnerstag wieder regulär aufgenommen. Damit fahren wieder die Nachtlinienbusse und die Ganztagslinien auch nachts. Auch der Nachtbetrieb der S- und U-Bahnen in den Nächten von Freitag auf Sonnabend und Sonnabend auf Sonntag geht laut HVV wieder in den Regelbetrieb über. Wegen des Himmelfahrtstages ist dies bereits in der Nacht vom 12. auf den 13. Mai der Fall.