Hamburg. Forscher der Universität untersuchen auch soziale Faktoren, um zu erkennen, wo Hamburger Unterstützung brauchen.
Mit dem Klimawandel werden auch extreme Wetterlagen in Hamburg häufiger. Gegen heftige Sturmfluten ist Hamburg mit modernen Deichen gut geschützt. Doch Starkregen und Sturzfluten können überall auftreten – nicht nur entlang von Flüssen. Seit Juni vergangenen Jahres hat Hamburg eine Gefahrenkarte für Starkregen. Diese zeigt auf einem Stadtplan, wohin das Wasser fließt und wo es zu Überflutungen kommen könnte.
Mich interessiert dabei, wie es den Menschen in solch einer Katastrophenlage ergeht. Sind alle den Gefahren gleichermaßen ausgesetzt und entsprechend verwundbar? Wer kann eine Krise aus eigener Kraft bewältigen und wer nicht? Diese Fragen analysiere ich anhand von unterschiedlichen sozialen Daten zusammen mit meinen Kolleg:innen im Exzellenzcluster für Klimaforschung CLICCS der Universität Hamburg.
Wo sind Hamburger durch Hochwasser besonders gefährdet?
Um festzustellen, wo die Hamburger Bevölkerung durch Hochwasser besonders gefährdet ist, wurde bisher die Bevölkerungsdichte betrachtet. Leben in einem Gebiet nur wenige Menschen, sind von einer Krise auch nur wenige betroffen. Doch spiegelt das ausreichend wider, wie verwundbar die Bewohner:innen sind? Um ein genaueres Bild zu bekommen, zogen wir Angaben zu weiteren sozialen Faktoren hinzu. Solche Daten stellt in Hamburg das Statistikamt Nord zur Verfügung.
Wie empfindlich die Bewohner:innen eines Stadtgebietes sind, ermittelten wir über den Anteil an Kindern unter zehn Jahren und an alten und allein wohnenden Menschen. Diese sind bei Krisen oft auf Hilfe angewiesen und können sich in der Regel nur schwer aus eigener Kraft retten. Die Bewältigungsfähigkeit erfasst den Anteil der Menschen, die finanzielle Grundsicherung beziehen und solche ohne höheren Schulabschluss.
Wieso haben wir gerade diese Faktoren zu der Analyse herangezogen? Geld kann natürlich dabei helfen, Probleme zu lösen. So bietet zum Beispiel ein höheres Einkommen mehr Möglichkeiten, die eigene Situation zu verbessern – beispielsweise nachdem ein Hochwasser das Haus oder die Wohnungseinrichtung zerstört hat.
Gefahren in Kirchdorf-Süd, Steilshoop und im Osdorfer Born
Mithilfe dieser Daten erstellten wir anschließend unterschiedliche Karten der sozialen Verwundbarkeit. Vergleichen wir unsere Ergebnisse mit der Karte der Bevölkerungsdichte, sehen wir viele Ähnlichkeiten. Doch es lohnt der Blick ins Detail. So weisen unsere Berechnungen auf eine höhere Verwundbarkeit gegenüber Gefahren in Kirchdorf-Süd, Steilshoop und im Osdorfer Born hin. Dort ist diese aufgrund der Bevölkerungsdichte zwar bereits hoch, doch die sozialen Faktoren verschärfen das Gefahrenpotenzial noch.
Gehen wir noch detaillierter vor, zeigen sich diverse Gebiete, in denen überdurchschnittlich viele alte Menschen allein leben – etwa in Teilen von Bergedorf. Rein aus der Bevölkerungsdichte ließ sich das bisher nicht ablesen. Westlich der Alster hingegen ist die Bevölkerungsdichte zwar hoch, doch können die dort lebenden Menschen Gefahren leichter bewältigen. Viele haben eine höhere Bildung und die nötigen finanziellen Mittel.
Unsere Berechnungen zeigen, in welchen Vierteln es besonders wichtig ist, den Schutz vor Hochwassergefahren zu verbessern. Die soziale Verwundbarkeit zeigt außerdem, in welchen Stadtgebieten finanzielle Ressourcen und die Bildungschancen unzureichend sind. Es ist wichtig, in diesen Gebieten massiv in Bildung zu investieren, auch damit die Menschen dort langfristig Krisen leichter bewältigen können.
Dr. Malte von Szombathely ist Stadtgeograf und forscht im Exzellenzcluster für Klimaforschung Climate, Climatic Change, and Society (CLICCS) der Universität Hamburg.