Hamburg. Immer wieder werden Mitarbeiter angegriffen und verletzt. Betreiber Stefan Schmitz findet kaum noch Personal. Was die Polizei sagt.
Das erste Mal machten die Jugendlichen im Herbst 2021 Ärger. Dem Türsteher, der im Aurel die 2G-Regeln kontrollierte und sie nicht hineinließ, schlugen sie später zwei Zähne aus. Seitdem kommen sie immer wieder zu der Eckkneipe in Ottensen – zugedröhnt mit Drogen und Alkohol, aggressiv und ohne Skrupel.
Einer 18-Jährigen, die am Tresen arbeitet, hauten sie ins Gesicht, ein Kollege erlitt durch einen Schlag eine Platzwunde, die genäht werden musste, mit anderen Mitarbeitern fingen sie Rangeleien an. Auch Gäste wurden belästigt und beschimpft. Inzwischen ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft.
Aurel-Bar liegt im Herzen von Ottensen
Die Bar, die mittlerweile in Reiseführern regelmäßig als Geheimtipp erwähnt wird, liegt im Herzen Ottensens, am Alma-Wartenberg-Platz. Besonders an den Wochenenden ist hier viel los. „Der Alma-Wartenberg-Platz ist ein Hotspot für Schwierigkeiten“, sagt Stefan Schmitz, der das Aurel seit 25 Jahren betreibt.
Damit spielt er auf die hier ansässige Trinkerszene an, deren unappetitliche Hinterlassenschaften durch den Einbau eines Urinals aber eingedämmt werden konnten. Und auf die Situation während des Lockdowns, als der Platz gesperrt werden musste, weil das Partyvolk immer wieder Abstandsregeln und Alkoholverbot ignoriert hatte.
Gang tyrannisiert ausschließlich das Aurel
Alle fünf Jahre bilde sich hier aber auch eine Gang. Die aktuelle hat sechs bis zehn Mitglieder, berichtet Schmitz. Die seien zum Teil noch minderjährig, stammten aus dem Stadtteil und hätten überwiegend Migrationshintergrund – „das sage ich, ohne rassistisch sein zu wollen“, betont der Gastronom. „Aber die Jungs sorgen selbst für ihre Diskriminierung. Sie sind unverhältnismäßig aggressiv und hemmungslos.“ Mittlerweile habe er Schwierigkeiten, am Wochenende Personal zu finden. „Gerade meinen Mitarbeiterinnen ist es zu gefährlich.“
Offenbar richtet sich die Wut der Jugendlichen ausschließlich gegen das Aurel. Artur Jagodda von der benachbarten Gazoline Bar etwa sagt: „Wir haben bei uns zwar hin und wieder Jugendliche, die sich etwas ,auffälliger‘ verhalten, aber richtig Ärger hatten wir zum Glück noch nicht.“
Angestellte immer wieder bedroht
„Das Aurel ist für die Bande offenbar ein place-to-be, aber sie kommen nicht herein“, mutmaßt Schmitz über den Hintergrund der Attacken. Selbst gesehen hat er die aggressiven Jugendlichen noch nie, aber er wurde in den vergangenen Monaten schon ungefähr zehnmal durch Anrufe panischer Mitarbeiter aus dem Schlaf gerissen – das letzte Mal vor eineinhalb Wochen. Da mussten sich seine Angestellten gegen 4.30 Uhr mit den letzten Gästen im Aurel verbarrikadieren, weil sie von aggressiven Jugendlichen draußen belagert und mit Flaschen bedroht wurden.
Stefan Schmitz reicht es jetzt. Daher geht er in die Offensive und stellt sich ins Rampenlicht. „Ich möchte mich nicht hinter meinen Mitarbeitern verstecken. Wenn die Jugendlichen ein Problem mit meinem Laden haben, sollen sie sich an mich wenden“, sagt er provokativ.
„Wir ermitteln wegen gefährlicher Körperverletzung“
Auch die Polizei sei inzwischen eingebunden; mit einem LKA-Mitarbeiter stehe er im täglichen Austausch. Dennoch wünsche er sich mehr Polizeipräsenz auf dem Alma-Wartenberg-Platz – ähnlich wie in der Corona-Pandemie. Denn nicht immer könne sein Personal während einer laufenden Auseinandersetzung die Polizei rufen – erst recht nicht, wenn es akut bedroht werde. Daher träfen die Beamten erst ein, wenn die Schläger schon wieder verschwunden seien. Doch bei der Polizei müssten inzwischen mindestens fünf Anzeigen vorliegen.
Nach deren Auskunft sind bei ihr bislang drei Strafanzeigen im Zusammenhang mit den Vorfällen erstattet worden. „Wir ermitteln wegen gefährlicher Körperverletzung“, so Polizeisprecher Holger Vehren. Zwei der Anzeigen wurden im vergangenen Dezember, eine im März gestellt. Sofortfahndungen waren nicht erfolgreich, weil – so heißt es aus der Polizei – die Anrufe mit zeitlicher Verzögerung kamen. Dabei seien verhältnismäßig viele Beamte im Bereich des Alma-Wartenberg-Platzes unterwegs.
Aurel-Bar: "Vorfälle schrecken Gäste ab"
Auseinandersetzungen vor Clubs oder Bars mit Türstehern kommen immer wieder vor. „Die meisten Konflikte entstehen, wenn Personen der Zutritt verwehrt wird“, sagt ein ehemaliger Betreiber einer kleinen Diskothek. „Manchmal geht es aber nur darum, sich mit dem Türsteher zu messen.“ Für die Betreiber betroffener Clubs oder Diskotheken kann das zu einem echten Problem werden. „Manchmal kommen diese Typen immer wieder – meistens mit Verstärkung aus dem Bekanntenkreis oder der Familie. Das vertreibt die Gäste.“
Das ist auch im Aurel schon zu bemerken. „Die Vorfälle schrecken die Gäste ab“, sagt Schmitz. Ein Türsteher würde wohl Abhilfe schaffen, aber noch scheut er sich davor, einen einzustellen. „So ein Bodybuilder vor der Tür – das passt eigentlich nicht nach Ottensen und wäre das falsche Signal.“