Hamburg. Die vier Männer sollen mehrere hundert Kilo Drogen verkauft haben – 200. Verhaftung, die durch Encrochat-Protokolle möglich wurde.
Ümit K. (26) kam gerade aus der Tür eine Hochhauses am Lüdersring, als ihn Drogenfahnder der Polizei Hamburg stoppten und die Handschellen klickten. Der Boss des Hells-Angels-Supporter-Clubs „Glock Gity“ gilt als einer von vier Männern, mit deren Festnahmen die 200. Verhaftung im Zusammenhang mit den Encrochat-Ermittlungen der Soko „HHammer“ gelang. Neben dem 26 Jahre alten Rocker wurden drei weitere Männer im Alter von 28, 30 und 33 Jahren verhaftet. Sie werden von den Ermittlern für den Handel mit knapp 225 Kilogramm Marihuana, einem Kilogramm Haschisch, etwas mehr als 14 Kilogramm Kokain sowie den Verkauf von mindestens zwei Schusswaffen verantwortlich gemacht.
Der Aktion am Donnerstagmorgen, an der rund 60 Beamte beteiligt waren, waren längere Ermittlungen vorausgegangen. Grundlage waren dabei die von französischen Sicherheitsbehörden geknackten Encrochat-Protokolle, eine Art „Verbrecher-WhatsApp“, über die Kriminelle ungeniert und in vermeintlicher Sicherheit vor allem Drogengeschäfte abgewickeltet hatten. Im Juni 2020 wurde das Angebot eingestellt, nachdem bekannt geworden war, dass die sicher geglaubte Verschlüsselung von der Polizei geknackt worden war.
Polizei Hamburg: Rocker nach Encrochat-Ermittlungen verhaftet
Für die Abteilung gegen Organisierte Kriminalität im Hamburger Landeskriminalamt sind die bis dahin gesicherten Protokolle ein schier unerschöpflicher Fundus, um Ermittlungsverfahren gegen hochkarätige Drogenhändler einzuleiten. Die größte Schwierigkeit: Die bei den Chats benutzten Fantasienamen der Täter mussten realen Personen zugeordnet werden.
Das gelang jetzt auch im Fall von Ümit K., Sascha M. (30), Jan W. (33) und Marvin W. (28). Die drei Komplizen des Rockers wurden ebenfalls am Donnerstagmorgen verhaftet. In zwei Fällen wurde, weil die Täter als bewaffnet und gefährlich galten, das SEK eingesetzt. Auch drei Abnehmer der Bande ermittelte die Polizei. Zwei von ihnen konnten festgenommen werden, einer ist noch auf der Flucht.
Polizei findet bei Durchsuchung Utensilien einer illegalen Hanfplantage
Nach den Verhaftungen durchsuchten Polizisten auch das Clubheim der Hells-Angels-Supporter an der Luruper Hauptstraße. Dort machten die Beamten auf dem Dachboden des zweigeschössigen Altbaus eine interessante Entdeckung. Sie fanden zahlreiche Utensilien, die darauf hindeuten, dass dort eine illegale Hanfplantage betrieben wurde.
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Mit den Haftbefehlen wurden am Donnerstagmorgen auch Maßnahmen zur Vermögensabschöpfung vollstreckt. Die Staatsanwaltschaft hatte hierzu Arrestbeschlüsse in Höhe von knapp 800.000 Euro erwirkt. Bislang konnten drei Fahrzeuge, zwei teure Limousinen und ein Smart sowie etwas Bargeld sichergestellt werden. Außerdem nahm die Polizei Beweismittel, darunter Datenträger und mehrere Handys, zur Auswertung mit.
Supporter der Hells Angels waren erst kürzlich in die Schlagzeilen geraten
Die Rockerbande „Glock City“ war erst kürzlich in die Schlagzeilen geraten. Anfang Dezember hatten Spezialkräfte Özkan A. (25) in Pinneberg verhaftet. Auch er ist Mitglied bei „Glock City“. Er kam wegen eines versuchten Tötungsdeliktes in Haft. Der Vorwurf: Zusammen mit Komplizen soll er einen 32-Jährigen fast tot geprügelt haben.
Zuvor soll es Auseinandersetzungen mit dem Mann gegeben haben. Als der dann versehentlich bei einem der Rocker geklingelt hatte, wurde das als Anlass genommen, für das „Fehlklingeln“ eine Wiedergutmachung über mehrere tausend Euro zu verlangen. Nachdem der Mann nicht zahlte, wurde zunächst damit gedroht, seiner Familie etwas anzutun. Später kam es zu dem für den 32-Jährigen beinahe tödlich verlaufenen Angriff. In den Jahren zuvor war die Rockergruppe, die in der Szene bislang eher als „unbedeutend“ galt, wenig aufgefallen.