Hamburg. Immer mehr Impfangebote an ungewöhnlichen Orten in der Hansestadt. Warum sich die bisher ungeimpften Hamburger nun doch piksen lassen.
Die Impfquote in der Hansestadt steigt nur noch im Schneckentempo an. 71,9 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger haben die erste Impfung erhalten, 68,6 Prozent sind vollständig geimpft. Die Stadt geht daher ungewöhnliche Wege und versucht immer häufiger, Unentschlossene mit möglichst spektakulären Impfaktionen doch noch zu überzeugen – und die Menschen dort abzuholen, wo sie gerade sind, um die Zahlen in die Höhe zu treiben.
Spielbudenplatz, 16 Uhr am Sonntagnachmittag: Im Klubhaus St. Pauli können sich die Menschen unkompliziert ohne Voranmeldung eine Impfung abholen. Schon eine halbe Stunde vor Öffnung hat sich vor dem Eingang mit dem leuchtenden Schriftzug „Schmidtchen“ eine rund 50 Meter lange Schlange gebildet.
Corona Hamburg: Impfkabinen im Theater
Jochen Hoffmann vom mobilen Impfteam findet den Ort als Kurzzeit-Impfzentrum ausgesprochen geeignet: „Er hat genau die richtige Größe“, sagt er. Aus Trennwänden wurden vier Impfkabinen aufgebaut, in denen ein Arzt und eine Schwester die Patienten aufklären und den Piks verabreichen. Vor der Bühne sind Stühle aufgestellt, auf denen man sich nach der Spritze ausruhen kann.
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„Wir haben uns mit der Idee beim Roten Kreuz gemeldet“, berichtet Tessa Aust, Geschäftsleiterin im Schmidtchen. Sie stieß damit dort auf Anklang. Hinzukommt: „Wir starten am Dienstag mit 2G“, sagt Tessa Aust. Will heißen: Dann dürfen nur noch Geimpfte und Genesene in das Theater. Auch hier werden zusätzliche Anreize gesetzt, damit sich die Menschen impfen lassen. In der Wunderbar auf St. Pauli gab es kürzlich kostenlose Pizza zum Piks dazu. Das Schmidtchen wirbt mit einer zusätzlichen Motivationsspritze für jeden, der sich impfen lässt: Vom Theater gibt es eine Schmidt-Freikarte obendrauf, einlösbar für eine der Produktionen ab Januar.
Etwas unternehmen – das geht leichter mit Impfung
Es sind überwiegend jüngere Menschen, die sich hier auf dem Kiez anstellen. Aber was bewegt diejenigen, die bisher jedes Impfangebot ausgeschlagen haben, nun doch ins Schmidtchen zu kommen, um sich immunisieren zu lassen? „Ich fühle mich schon genötigt“, sagt die 28 Jahre alte Nadine. „Ich möchte etwas unternehmen, und das geht nur mit 2G.“
Ähnlich äußert sich Ralf Schenke: „Ich mache das nur, weil man gar keine echte Wahl mehr hat“, sagt der 21-Jährige. „Es gibt immer mehr Einschränkungen für Ungeimpfte. Sonst hätte ich mich nicht impfen lassen.“ Auch Irena Kies meint: „Man wird, wenn man nicht geimpft ist, immer mehr eingeschränkt. Ich möchte demnächst mit meiner Tochter ein Kindermusical besuchen“, so die 31-Jährige. „Dafür braucht man eine Impfung. Ich denke aber auch, dass ich damit meine Familie schütze.“
Wer mit Kindern arbeitet, braucht eine Impfung
Eva arbeitet in einer Kunstschule mit Kindern, da sei eine Immunisierung notwendig. „Es ist meine zweite Impfung überhaupt im Leben. Da war ich vorher skeptisch. Aber auch meine Kinder waren sehr hinterher, dass ich mich impfen lasse. Meine Tochter hat mir von dem Termin erzählt“, berichtet die 57-Jährige.
Idrissa Soulama wohnt in Altona. „Ich habe online so von der Impfaktion erfahren. Es ist in der Nähe, und sonntags ist es für mich ohne Stress möglich, mich impfen zu lassen. In der Woche arbeite ich.“ Für den 44-Jährigen ist es bereits die zweite Impfung.
Impfen lassen im Stadion – im HSV-Trikot
Die Liste ungewöhnlicher Impforte ist lang: Schon am Freitagabend haben sich 546 Menschen bei der zweiten Impfaktion des Hamburger SV im Stadion immunisieren lassen. Viele waren im HSV-Outfit gekommen, auch mit Blick auf das nächste Heimspiel der Hamburger am 16. Oktober gegen Fortuna Düsseldorf.
Die Partie findet nach der 2G-Regel statt, bei der nur Geimpfte oder nachweislich Genesene in der Arena zugelassen sind. Beim WM-Qualifikationsspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Rumänien am Freitag im Volksparkstadion wird es eine weitere Impfmöglichkeit geben. Am Sonnabend wurde in der Fazl-e-Omar Moschee in Stellingen geimpft.
Heute wieder große Impfaktion in der Elbphilharmonie
Heute geht es weiter in der Elbphilharmonie. Wer will, kann sich hier in der Zeit von 14 bis 22 Uhr immunisieren lassen. Um das Ganze attraktiver zu gestalten und auch Menschen anzulocken, die schon immer einmal hinter die Kulissen des Konzerthauses blicken wollten, finden die Impfungen wieder in den Künstlergarderoben statt. Zum Abklingen nach der Impfung geht es anschließend auf die Bühne des Großen Saals. Das ehrgeizige Ziel: Hier sollen 1000 Menschen geimpft werden.
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In der Wunderbar auf St. Pauli gibt es heute zwischen 19 und 23 Uhr die Zweitdosis nach der ersten Impfaktion vor drei Wochen. Ein anonymer Spender schenkt jedem Impfling wiederum eine Pizza von der benachbarten Pizzeria. Und so geht es weiter. Am Dienstag sind Impfangebote in der Kaifu-Lodge (Bundesstraße, 12.30 bis 20 Uhr) geplant und am Mittwoch im Old Dubliner Irish Pub (16 bis 21 Uhr) an der Neuen Straße in Harburg.
Corona in Hamburg: Ärztekammerchef impft selbst
Am Mittwoch kommt Ärztekammer-Präsident Dr. Pedram Emami selbst an den Hein-Köllisch-Platz, um ein mobiles Impfteam der Stadt Hamburg im Einsatz zu unterstützen. Geimpft wird zwischen 10 und 13 Uhr. Am verkaufsoffenen Sonntag, 10. Oktober, fahren die Impfteams mehrere Einkaufszentren an, darunter das Phoenix-Center Harburg, die Harburg Arcaden, das Elbe-Einkaufszentrum, das Alstertal-Einkaufszentrum und die Hamburger Meile. Die Stadt legt sich kräftig ins Zeug. Immerhin liegt sie bei den vollständig Geimpften im Vergleich der Bundesländer auf dem vierten Platz
Indes ist die Sieben-Tage-Inzidenz der Corona-Neuinfektionen in Hamburg am Wochenende leicht gefallen. Am Sonnabend wurden 142 neu nachgewiesene Fällen registriert, am Sonntag 137 weitere Fälle. Die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche lag damit am Sonntag bei 68,7. Am Freitag hatte der Wert 70,9 betragen, vor einer Woche 60,4.