Hamburg. Corona-Vakzin wird für Impfung von Kindern und Jugendlichen „angespart“, heißt es zur Begründung. Gastro-Zelte nur bedingt zulässig.

Schulen, Kitas, Theater und Fitnessstudios in Hamburg sehnen den Freitag herbei. Denn dann will der Senat die möglichen nächsten Öffnungsschritte beschließen. Das kündigte Senatssprecher Marcel Schweitzer gestern an, ohne konkreter zu werden.

Zehn bis 14 Tage nach dem letzten Öffnungsschritt könnte den Senatsplänen zufolge der nächste folgen. Schüler sollen noch vor den Sommerferien in ihren gewohnten Rhythmus in voller Klassenstärke zurückfinden. Wann und wie das genau passiert – weiterhin ungewiss.

Gastronomie in Hamburg: Keine Planung für Innenräume nötig

Die Gastronomen aber können sich darauf einstellen, dass die erste Öffnung der Außenbereiche vor Pfingsten am Sonnabend noch nicht ausgeweitet wird. Senatssprecher Schweitzer sagte, frühestens am kommenden Dienstag könne eine Freitagsentscheidung umgesetzt werden.

Für die Innenräume brauchen Café- und Restaurantbesitzer also nicht hektisch zu planen. Und hier ergeben sich seit dem kühlen Wochenende neue Fragen: Wo verläuft die Grenze zwischen Außen- (erlaubt) und Innengastronomie (verboten), wenn zeltähnliche Seitenwände die Besucher vor Wind und Regen schützen sollen?

Gastro-Zelte in Hamburg nur unter Bedingungen

Die Sprecherin des Bezirksamtes Mitte, Sorina Weiland, sagte: In der Regel dürften maximal zwei Seiten geschlossen sein. Ein starker Luftaustausch sei aber die Voraussetzung. Eine Art Zelt sei für Gastronomiebetriebe im Freien nicht erlaubt, schon aus Gründen der Sichtbehinderung für den Verkehr.

Von „verantwortungsvollem“ Umgang mit den bisherigen Lockerungen sprach Senatssprecher Schweitzer. „Das betrifft auch die Wirtinnen und Wirte, die den Kundenverkehr so ordnen, dass die bestehenden Regeln eingehalten werden.“ Es komme nicht nur auf die Polizei und den Senat an. „Wir alle sind aufgefordert, die Regeln einzuhalten.

Sicherheitsvorkehrungen im Gewerbe

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat die mangelnde personelle Ausstattung der Bezirksämter bei den Kontrollen der Corona-Maßnahmen kritisiert. „Der eklatante Personalmangel in den Kontrolleinheiten der Bezirksämter verhindert die konsequente Kontrolle der Corona-Vorschriften“, sagte Hamburgs GdP-Chef Horst Niens. „Was die wenigen Kontrolleure leisten können, ist leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Gerade jetzt, wo wieder deutlich geöffnet wird, dürfen wir das Erreichte nicht durch ein drohendes Vollzugsdefizit verspielen.“

Ebenso wichtig wie die vom Senat in den Eindämmungsverordnungen festgelegten Corona-Maßnahmen sei es zur Verhinderung einer erneuten Ausbreitung der Pandemie, Sicherheitsvorkehrungen im Gewerbe regelmäßig zu überprüfen und weiterzuentwickeln. „Es darf nicht sein, dass diejenigen, die viel in Hygienekonzepte investieren, unter der Nachlässigkeit unzuverlässiger und windiger Geschäftsleute leiden“, so Niens. „Vorsätzliche Ignoranz der Regeln muss spürbare Konsequenzen nach sich ziehen.“

Hamburger Kitas im „eingeschränkten Regelbetrieb“

Effektive Kontrollen seien in Hamburg im Rahmen sogenannter Verbundeinsätze möglich. Wertvolles Fachwissen werde dadurch gebündelt, dass an einem Einsatzort Vertreter verschiedener Behörden und des Bezirksamts beteiligt seien und die Kontrollkräfte zeitnah und kompetent eingreifen könnten.

Die Kitas fahren derweil weiter im „eingeschränkten Regelbetrieb“. Berufstätige Eltern können ihre Kinder in die Betreuung geben. Senatssprecher Schweitzer wies darauf hin, dass Gebühren erlassen werden, solange es noch keinen „vollen Regelbetrieb“ gebe. Diesen Gebührenerlass würden „sicher auch viele Eltern in Anspruch nehmen“.

Schüler-Impfung: Senat wartet auf Zulassung

Beim Impfen von Schülern will der Senat die tatsächlichen Zulassungen und Empfehlungen der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA und der Ständigen Impfkommission abwarten, wie es hieß. Ob die 12- bis 16-Jährigen mit Biontech geimpft werden können und wo, das wird derzeit beraten. Das Hamburger Impfzentrum ist als Ort im Gespräch, die Kinderärzte als diejenigen, auf die es beim Impfen ankommt. Andererseits könnte auch in den Schulen oder in den Praxen geimpft werden.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

In Niedersachsen gibt es bereits ein Konzept zum Impfen aller Schüler ab zwölf (etwa 450.000). Wie Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) sagte, könne das Impfen noch vor den Sommerferien im Juli beginnen. Eine Zweitimpfung wäre dann gegen Ende der Ferien. Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) bat die Eltern, das geplante Impfangebot zu nutzen, um wieder einen sicheren Betrieb der Schulen zu ermöglichen. Die Impfung bleibe freiwillig. Jedoch könne sich daraus ein unterschiedlicher Umgang mit geimpften und nicht-geimpften Schülern ergeben. „Es kann sein, dass Nicht-Geimpfte ein negatives Testergebnis vorlegen müssen.“

Hamburger Impf-Praxen wollen Online-Wartelisten einführen

In Hamburg bleibt die Frage, wann es in nennenswerter Zahl neue Impftermine für die bereits zum Impfen aufgerufenen Menschen in den Messehallen gibt. Senatssprecher Schweitzer sagte: „Der Impfstoff ist so knapp, wie der Bund ihn bestellt hat und liefern lässt.“ Auch die zum 7. Juni fallende Priorisierung in den Arztpraxen bedeute nicht, „dass man sofort einen Termin bekommt“. Einige Hamburger Impf-Praxen wollen demnächst mit einzelnen Online-Wartelisten starten. Die Warteliste der Kassenärztlichen Vereinigung ist noch nicht „scharfgeschaltet“. In Schleswig-Holstein existiert so eine Warteliste bereits (www.praxisimpfliste-sh.de).

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Hamburg warnt derweil ihre Ärzte, dass es kommende Woche 40 Prozent weniger Impfstoff geben werde. „Den Praxen wird es damit nicht möglich sein, die Impfkampagne spürbar zu unterstützen“, heißt es in einem Rundschreiben des Vorstandes an die niedergelassenen Ärzte. Bis zum Dienstag der Vorwoche müssen die Mediziner ihre Bestellungen jeweils bei den Apotheken einreichen. Das betrifft vorrangig den Impfstoff von Biontech, aber auch bei Astrazeneca gibt es offenbar Lieferprobleme.

Kassenärzte kritisieren den Bund

Wie es in dem Schreiben heißt, wolle der Bund Impfstoff „ansparen“, um die Impfung von Kindern und Jugendlichen zwischen 12 und 16 Jahren durchzuführen. Der Impfstoff dafür wird nach KV-Angaben von den Praxisärzten abgezogen. In dem Schreiben heißt es weiter: „Die Politik öffnet immer neue Impfwege, ohne dass ausreichender Impfstoff zur Verfügung steht. Damit sorgt sie dafür, dass an keiner Stelle in Ruhe geimpft werden kann. Dieses Vorgehen ist kurzsichtig und kontraproduktiv.“

Bei einer Frage zum Corona-Geschehen tappt der Senat im Dunklen: Während die Infektionszahlen weiter stetig zurückgehen, ist der sogenannte R-Wert wieder gestiegen. Er gibt an, wie viele andere Menschen ein Corona-Infizierter ansteckt. Binnen einer Woche kletterte dieser Faktor von 0,7 auf 0,88. Die Infektionen in einer Woche sanken von 827 auf 711. Am Dienstag wurden 39 Neuinfizierte gemeldet. Die Sieben-Tage-Inzidenz sank auf 37,3 (pro 100.000 Einwohner). Von den 129 Covid-Patienten in Hamburger Krankenhäusern werden 60 intensivmedizinisch betreut.

Impfquote in Hamburg unter Bundesschnitt

Der R-Wert, die Zahl der Neuinfektionen, das Intensivgeschehen in den Krankenhäusern und die Impfquote sind die vier Faktoren, auf deren Grundlage der Senat nach Aussagen seines Sprechers sein Lagebild formt. Die Impfquote bei den Erstimpfungen dümpelt mit 38,4 Prozent weiter unter dem Bundesschnitt (40,3). In drei Tagen könnte jedoch bei einem Wert eine magische Zahl fallen: Bei allen Impfungen nähert sich Hamburg, der Millionen-Marke.