Hamburg (dpa/lno). Europaparlament und die Bezirksversammlungen in Hamburg sind neu gewählt. Die Ergebnisse liegen längst vor. Deren Interpretationen durch die Parteien in der Bürgerschaft gehen jedoch weit auseinander.
Die in der Hamburgischen Bürgerschaft vertretenen Parteien haben sich eine kontroverse Debatte zum Ausgang der Europa- und Bezirksversammlungswahlen geliefert. Einig waren sich SPD, Grüne, CDU, Linke und FDP am Mittwoch in der Aktuellen Stunde lediglich in der Beurteilung des AfD-Ergebnisses, das Anlass zur Sorge geben müsse. Angemeldet hatten die Debatte unter dem Motto „Hamburg stellt sich gegen den Trend: Stabile Mehrheit für Demokratie und Freiheit in unsicheren Zeiten“ die Grünen.
Das starke Abschneiden der AfD und anderer rechter Parteien sei kein Weckruf, sagte Grünen-Fraktionschefin Jennifer Jasberg. Seit Jahrzehnten seien die Rechten in Europa auf dem Vormarsch. „Wir wissen, dass Menschen nicht aus Protest Rechtsaußen wählen, sondern weil es salonfähig geworden ist“, sagt sie. Erfreulich sei: „Die Hamburger Wahlergebnisse zeigen: In unserer Stadt haben Extremisten deutlich geringere Chancen. In Hamburg gibt es eine klare Mehrheit für Demokratie und Freiheit.“ Die Grünen hatten sowohl bei der Bezirks- als auch bei der Europawahl die stärksten Einbußen erlitten, waren bei der Europawahl aber stärkste Kraft geblieben.
Hamburg habe sich „erfolgreich gegen den Trend gestemmt, der in weiten Teilen Europas und auch in Deutschland zu sehen ist“, sagte auch SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf. Es sei gut, dass die Sozialdemokratie bei den Bezirkswahlen hamburgweit wieder stärkste Kraft geworden ist. Das sei auch der guten rot-grünen Zusammenarbeit in der Stadt zu verdanken. „Und das ist eine starke Abgrenzung zur Bundesregierung: Die Hamburger Regierung ist erfolgreich“, sagte Kienscherf.
Oppositionschef Dennis Thering stellte seine CDU als eigentlichen Wahlsieger dar. SPD und Grüne hätten jeweils einen Bezirk verloren, während seine Partei zwei gewonnen habe. Wenn man sich die Ergebnisse der Europawahl auf der Landkarte anschaue, werde klar: „Die Union ist und bleibt das Bollwerk gegen Extremismus.“ Die Politik der Bundesregierung „unter dem SPD-Kanzler Scholz ist letztendlich verantwortlich für das Ergebnis der in großen Teilen rechtsextremistischen AfD“.
Auch in Hamburg habe die AfD es mit ihrer „hässlichen, rassistischen, rückwärtsgewandten Hetzerei“ auf „erschreckende acht Prozent“ gebracht, sagte Linksfraktionsvize David Stoop. In einzelnen Hochburgen seien die Ergebnisse zweistellig. Wenn man genau hinsehe, „dann sehen wir, dass das die sozial benachteiligten, die vernachlässigten Stadtteile sind.“ Und das habe auch etwas mit einer verfehlten Politik des Hamburger Senats zu tun.
Viele junge Menschen wendeten sich von der Mitte ab und den Rändern zu, sagte die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein. „Wir alle müssen eine klare Politik verfolgen, die die Ränder wieder klein macht (...). Nur politische Konzepte, die wirklich umgesetzt werden, wo wirklich etwas passiert, können den Trend zum Extremismus stoppen.“
AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann warf Rot-Grün vor, sich das Wahlergebnis schönzureden. Die AfD sei deutschlandweit zweitstärkste Kraft geworden. „Im Osten sind wir sogar zur stärksten Partei, schon fast zur staatstragenden Partei gewählt worden. Deutlicher kann das Misstrauensvotum gegen Sie, gegen die Ampel, gegen Rot-Grün nicht ausfallen.“