Kiel (dpa/lno). Vor über einer Woche hat ein Video von der Insel Sylt für Empörung gesorgt. Nun soll die Landesregierung im Innenausschuss über den Vorfall berichten - aber lässt Oberstaatsanwalt Georg-Friedrich Güntge den Vortritt.
Gut zwei Wochen nach Bekanntwerden eines rassistischen Skandalvideos aus einer Bar auf der Nordseeinsel Sylt hat sich neben der Justiz auch Schleswig-Holsteins Landtag mit dem Fall und weiteren ähnlichen Vorfällen befasst. „Wir haben bei allen Staatsanwaltschaften des Landes, also sowohl in Flensburg, Itzehoe, Kiel und Lübeck, inzwischen Verfahren anhängig“, sagte der leitende Oberstaatsanwalt, Georg-Friedrich Güntge, am Montag im Innen- und Rechtsausschuss des Kieler Landtages.
Dabei werde in sämtlichen Verfahren der Tatbestand der Volksverhetzung geprüft. Allerdings stellen ausländerfeindliche Parolen laut Güntge nicht automatisch eine Straftat der Volksverhetzung dar. So müsse zu dem Rufen der Parolen auch die Aufstachelung zu Hass oder Gewalt kommen - daher müsse jeder Einzelfall analysiert werden.
Das Phänomen der Vereinnahme von Liedern durch Rechtsextremisten sei keineswegs neu, erläuterte die Staatssekretärin des Innenministeriums, Magdalena Finke. Die nun genutzte Parole stamme aus der rechtsextremistischen Szene der 90er Jahre und wurde ursprünglich von der NPD verwendet.
Das heißt, diejenigen, die das Lied jetzt vereinnahmen, müssten wissen, mit welcher Gruppierung sie sympathisieren - unabhängig davon, dass die Parole menschenverachtend ist. Dem Verfassungsschutz sind laut Finke bisher jedoch bei den ermittelten Personen bislang keine Bezüge zu rechtsextremistischen Bestrebungen bekannt.
Über die Verfolgung der Straftaten hinaus sei die Bekämpfung der Verbreitung rechtsextremen Gedankenguts eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, so Finke. Um dabei die Zivilcourage zu stärken und ein Problembewusstsein zu schaffen, werde die Landesregierung die bereits vorhandenen Präventionsmaßnahmen weiter ausbauen. Details nannte sie allerdings nicht.
Ein kurzes Video von der Pfingstparty in einem Lokal auf Sylt hatte bundesweit Empörung ausgelöst, weil Gäste zur Melodie des Partyhits „L’amour toujours“ von Gigi D'Agostino „Ausländer raus“ und „Deutschland den Deutschen“ sangen. Neben schließlich drei Fällen auf der Nordseeinsel hatte es in Pahlen und Schenefeld bereits im Januar 2024 ähnliche Vorfälle gegeben. Zudem wurden weitere Fälle aus anderen Bundesländern bekannt.