Hamburg. An diesem Freitag ist der Pott beim Bürgermeister, im HSV-Stadion und beim Abendblatt zu Besuch. So können auch Sie die Trophäe sehen.

Manchmal, so erzählt es Lars Pollmann, kommt er erst spät in einem Hotel an und muss am nächsten Morgen schon wieder früh raus. Dann, sagt der Hamburger mit einem breiten Grinsen, nimmt er den EM-Pokal schon mal mit auf sein Zimmer und legt ihn behutsam neben sein Bett. Oder in anderen Worten: Pollmann kann mit Fug und Recht behaupten, dass er neben Ronaldo (Gewinner 2016) und Giorgio Chiellini (Gewinner 2020) wohl der Einzige ist, der auch mal mit dem Henri-Delaunay-Pokal schlafen gehen darf.

Fragt man Pollmanns zehnjährige Zwilligstöchter, was ihr Vater von Beruf sei, dann dürften die beiden fußballbegeisterten Mädels in diesen Tagen antworten: „Papa ist der Hüter des EM-Pokals.“ Pollmann muss lachen. Im wahren Leben ist der Eppendorfer Werber, seit 15 Jahren arbeitet er in der Hamburger Agentur Brinkertlück.

Ein Hamburger passt auf den EM-Pokal auf

Da die in der Schanze ansässige Agentur nun aber sogar Partneragentur der Uefa ist, darf sich Pollmann – sehr zur Freude seiner Töchter – in diesen Wochen tatsächlich „Hüter“ oder „Bewacher“ des EM-Pokals nennen. Vom 21. April bis zum 14. Mai reist der 55-Jährige quer durch Deutschland in alle zehn sogenannten Hostcities, also EM-Gastgeberstädte, um den Euro-Pokal zu präsentieren.

„In unserer Agentur hatten wir die Idee, den Pokal bei der Heim-EM nicht erst am Finaltag im Stadion zu präsentieren“, sagt Pollmann – und zeigt die Trophäe stolz im Großraumbüro in der Schanze. „Wir wollten den EM-Pokal zu den Menschen bringen.“

Freitag und Sonnabend ist der Pokal in Hamburg

Nach Berlin. Leipzig. Frankfurt. Und Co. Und natürlich auch nach Hamburg. An diesem Freitag und Sonnabend ist der Silberpott in der Hansestadt zu Gast. Um 7 Uhr morgens übergibt Pollmann die Trophäe an einen Uefa-Fotografen, am Abend bekommt er sie zurück.

„Wir wollen, dass die Leute ein bisschen in EM-Stimmung kommen“, sagt Pollmann. „Sie dürfen den Pokal sehen, ein Foto machen und ihn sogar anfassen.“ Nur eines dürfen sie nicht: „Außer dem Gewinner darf niemand den Pokal über den Kopf stemmen“, erklärt der Pokalexperte. „Das bringt sonst schlechtes Karma.“

Auch Bürgermeister Tschentscher macht ein Pokalfoto

Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sollte sich diese Sätze ganz genau merken. Und auch die HSV-Vorstände Jonas Boldt und Eric Huwer. Schließlich will keiner von ihnen den Pokal an diesem Freitag beim schnellen Fototermin übermütig in die Höhe recken – und dann ungewollt für schlechtes EM-Karma sorgen.

Der erste, versilberte EM-Pokal wurde 1960 in Paris von Arthur Bertrand entworfen. Er ist etwa zehn Kilogramm schwer – und wird erst am Finaltag, also am 14. Juli, nach dem Abpfiff von der Uefa freigegeben. Für 100 Minuten. Dann verschwindet das Orginal wieder im Tresor. Und der Kapitän der Gewinnermannschaft darf mit der neuen Version des Henri-Delaunay-Pokals, der seit der Euro 2008 vergeben wird, feiern gehen.

Die Trophäe ist rund 15.000 Euro wert

Rund 15.000 Euro ist der versilberte Pollmann-Pott wert. Deswegen verrät der gebürtige Itzehoher auch nie, wo er den Pokal genau aufbewahrt, wenn er mal zwischendurch in Hamburg ist. Entweder in einem abgeschlossenen Serverraum in der Agentur. Oder in einem geheimen Ort, den nur er kennt. Oder aber auch in der eigenen Wohnung, worüber sich immer ganz besonders seine beiden Töchter freuen.

In Hamburg dürfen in diesen Tagen nicht nur Pollmanns Töchter, der Bürgermeister und die HSV-Vorstände den Pokal aus nächster Nähe begutachten. Am Freitag gibt es für Abendblatt-Leser und -Leserinnen zwischen 15.30 Uhr und 16.30 Uhr einen Fototermin in der Geschäftsstelle am Großen Burstah. Und am Sonnabend ist der begehrte Henkelpott acht Stunden lang zu Gast am Hafengeburtstag.

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Neben EM-Maskottchen 1 (ein Plüschbär mit dem mehr oder weniger kreativen Namen Albärt) soll auch EM-Maskottchen 2 (Turnierdirektor Philipp Lahm) beim Hafengeburtstag vorbeischauen. Zudem ist geplant, dass die Trophäe bei einem Amateurspiel in Berne als Überraschungscoup vorbeigebracht wird.

Am Sonntag verabschieden sich Pollmann und der Wanderpokal aus der Hansestadt. Als letzte Hostcity ist dann München an der Reihe. Von dort geht es für den Coupe Henri-Delaunay am Dienstagabend mit einer Sicherheitsfirma zurück in die Schweiz nach Nyon. Und Pollmann darf dann erstmals nach sechs Wochen wieder ohne Pokal in die Heimat. „So langsam habe ich ihn echt lieb gewonnen“, sagt er.

Pollmann hofft auf ein Wiedersehen mit dem Pott am Finaltag

Pollmann steht in seinem Schanzenbüro, streichelt noch einmal zärtlich über den 42,5 Zentimeter großen Pott. „Mit etwas Glück können wir in diesem Sommer den Pokal gewinnen“, sagt der Schalke-Fan. Er kennt sich also aus mit Glaube, Liebe, Hoffnung. Und Enttäuschungen. Und mit unverbesserlichem Optimismus. Glück auf für das DFB-Team. Und auf Wiedersehen, Coupe Henri-Delaunay.