Hamburg (dpa/lno). Gefährliche Körperverletzung, Raub und Erpressung, Sexualdelikte - die Zahl der Gewalttaten an Hamburgs Schulen ist deutlich gestiegen. Die Schulbehörde kennt auch den Grund.
Die Zahl der Gewalttaten an Hamburgs Schulen ist im vergangenen Schuljahr deutlich gestiegen, liegt im Vergleich zur Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler aber immer noch auf einem niedrigen Niveau. So seien bei knapp 260.000 Schülerinnen und Schülern des Schuljahres 2022/23 insgesamt 261 Kinder, Jugendliche und Beschäftigte Opfer einer bei der Polizei gemeldeten Gewalttat geworden, teilte die Schulbehörde auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Die Zahl der mutmaßlichen Täter lag demnach bei 296.
In 124 Fällen sei es um gefährliche Körperverletzung, in 13 Fällen um Raub und Erpressung und in 64 Fällen um Sexualdelikte gegangen. Betroffen waren 123 der gut 410 allgemeinbildenden Schulen. Zum Vergleich: In ganz Hamburg gab es der Kriminalitätsstatistik zufolge im vergangenen Jahr bei fast 1,9 Millionen Einwohnern knapp 8400 Gewaltdelikte. An diesem Freitag ist der Tag der Kriminalitätsopfer. Seit 1991 macht der Weiße Ring dabei auf Menschen aufmerksam, die durch Kriminalität und Gewalt geschädigt wurden.
Trotz der absolut relativ niedrigen Zahlen verzeichnete die Behörde einen deutlichen Anstieg bei den Gewalttaten an Schulen. Im Vergleich zum Schuljahr 2021/22 stieg die Zahl um 23 Prozent, im Vergleich zum letzten vollständigen Vor-Corona-Schuljahr 2018/19 um 84 Prozent. Bei den gefährlichen Körperverletzungen erhöhte sich die Zahl um 16 Prozent beziehungsweise etwa 91 Prozent. Bei den Sexualstraftaten kletterten die Werte um 16 beziehungsweise 106 Prozent. Als Ursache machte die Beratungsstelle Gewaltprävention der Schulbehörde vor allem die Folgen der Corona-Pandemie aus.
Es habe neun Monate kein Präsenzleben in der Schule und damit auch kaum ein soziales Lernen mit Gleichaltrigen und schulischem Personal gegeben. Auch außerhalb der Schule hätten wegen der Pandemie soziale Kontakte gefehlt. Gleichzeitig hätten präventive Maßnahmen in den Schulen ausgesetzt oder eingeschränkt werden müssen. Die Folge: „Bei der Rückkehr in die Schulen agierten viele Kinder und Jugendliche aufgrund dieser Defizite durch körperliche Auseinandersetzungen und Gewalt“, erklärte die Beratungsstelle. Sie gehe aber davon aus, dass die Zahlen in den kommenden Jahren wieder sinken würden.
Knapp die Hälfte aller Gewalttaten registrierten Hamburgs Stadtteilschulen, obschon dort nur 27 Prozent aller Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden. Danach folgten mit gut einem Drittel die Grundschulen, die den Angaben zufolge den größten Anstieg an Gewalttaten verzeichneten und 29 Prozent der Schülerschaft stellten. Den größten Anteil an den Gewalttaten (8 Prozent) im Verhältnis zur Schülerzahl (2 Prozent) gab es an den Sonderschulen, den geringsten Anteil an den Gewalttaten (2 Prozent) im Verhältnis zur Schülerzahl (19 Prozent) an den Berufsschulen.
Von den 296 Tatverdächtigen im Schuljahr 2022/23 waren 258 oder 87 Prozent männlich. Aufgeschlüsselt nach dem Alter der Verdächtigen waren die meisten 14 bis 17 Jahre alt, gefolgt von den 10- bis 13-Jährigen und den 5- bis 9-Jährigen. Während bei den beiden älteren Gruppen die Zahl der Tatverdächtigen im Vergleich zum Vorjahr annähernd gleich blieb, verzeichnete die Schulbehörde bei den Grundschülern einen Anstieg von fast 70 Prozent. Im Vergleich zum letzten vollständigen Vor-Corona-Schuljahr 2018/19 stieg die Zahl der Tatverdächtigen bei den 5- bis 9-Jährigen um 170 Prozent, bei den 10- bis 13-Jährigen um rund 78 Prozent und bei den 14- bis 17-Jährigen um 146 Prozent. Unter den 261 Opfern von Gewalttaten waren den Angaben zufolge 142 Schüler und 99 Schülerinnen sowie 12 Schulmitarbeiterinnen und 8 -mitarbeiter.