Hamburg (dpa/lno). Beim Deal zum umstrittenen Einstieg der Reederei MSC beim Hamburger Hafenlogistiker HHLA ist nun die Bürgerschaft am Zug. Appelle des Bürgermeisters zur Zustimmung kommen bei der Opposition nicht an.

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher hat bei den Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft eindringlich für eine Zustimmung zum Einstieg der Großreederei MSC beim städtischen Hafenlogistiker HHLA geworben - ist bei der Opposition jedoch auf taube Ohren gestoßen. In einer Regierungserklärung bat der SPD-Politiker sie am Mittwoch um eine Entscheidung, „die neue Perspektiven für die Hafenwirtschaft eröffnet - neue Perspektiven für den Anschluss unseres Hafens an die Entwicklungen im weltweiten Seeverkehr und für die Stärkung der Hamburgs als internationale Wirtschaftsmetropole“.

Die Opposition lehnt den Plan des Senats zur Stabilisierung des Hafens jedoch geschlossen ab. Vertreter von CDU, Linken, AfD und FDP warfen dem rot-grünen Senat Intransparenz bei den Verhandlungen mit MSC vor und sahen die Arbeitnehmerrechte der HHLA-Mitarbeiter gefährdet.

Die aktuellen Zahlen zum Umschlag im Hafen unterstrichen die Dringlichkeit einer solchen Entscheidung, sagte Tschentscher. Erst am Dienstag hatte Hamburg Hafen Marketing für das vergangene Jahr einen Umschlagrückgang zum Vorjahr um 4,7 Prozent auf 114,3 Millionen Tonnen Seegüter verkündet - der niedrigste Wert seit 2009.

Der rot-grüne Senat will MSC bei der HHLA mit an Bord holen, um den Containerumschlag zu stabilisieren. Die Stadt und die italienische Mediterranean Shipping Company (MSC) sollen die HHLA künftig als Gemeinschaftsunternehmen führen, bei dem die Stadt eine Mehrheit von 50,1 Prozent hält. Bislang gehören der Stadt rund 70 Prozent der börsennotierten HHLA.

Im Gegenzug will die weltgrößte Reederei MSC ihre Deutschlandzentrale in Hamburg bauen, das Ladungsaufkommen im Hafen von 2025 an erhöhen und bis 2031 auf eine Million Standardcontainer (TEU) pro Jahr steigern. Zudem wollen MSC und die Stadt das Eigenkapital der HHLA um 450 Millionen Euro erhöhen.

Eine entsprechende Drucksache hatte der rot-grüne Senat vor zwei Wochen beschlossen. Sie soll nun zunächst in den Ausschüssen bei Expertenanhörungen erörtert werden. Die endgültige Entscheidung der Bürgerschaft wird für Ende Mai erwartet.

Tschentscher appellierte an die Abgeordneten: „Denken Sie nicht an Kategorien von Opposition und Regierung, denken Sie an die Zukunft des Hamburger Hafens und seine Bedeutung für unsere Stadt.“

CDU-Fraktionschef Dennis Thering warnte dagegen: „Dieser Deal ist schlecht für Hamburg.“ Die SPD verscherble städtisches Eigentum. Gleichzeitig glänze der Senat durch Intransparenz. Dabei erwarte die Öffentlichkeit zu Recht, „dass der Senat die Gründe darlegt, warum letztendlich mit MSC abgeschlossen wurde und nicht mit anderen wichtigen Hafenplayern hier bei uns in Hamburg“.

Thering bescheinigte dem rot-grünen Senat eine schlechte Hafenpolitik. Die CDU lehne externe Beteiligungen im Hafen nicht ab, auch sei MSC nicht der falsche Partner. Die CDU halte vielmehr die Herangehensweise des Senats und die gewählte Konstruktion für komplett falsch. Auch werde sich die Tragweite der Entscheidung wohl erst in fünf Jahren zeigen, etwa wenn die Abwanderung von Ladung anderer Reedereien den zusätzlichen Umschlag durch MSC übersteigen werde. Der Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen sei auf fünf Jahre begrenzt, verwies Thering auf die vom Senat bereits beschlossene Drucksache. „Hat der Senat die Zerschlagung der einstigen Reederei Hamburg Süd vergessen, bei der ebenfalls Zusagen für fünf Jahre gemacht wurden?“ Von diesem Unternehmen sei heute kaum noch etwas übrig geblieben.

„Mich und meine Fraktion haben Sie heute nicht überzeugen können“, sagte Thering mit Blick auf die Regierungserklärung des Bürgermeisters. Gleichzeitig appellierte er an die Abgeordneten, den Deal abzulehnen. „Tun Sie das Richtige für unsere Stadt.“

Die Motive des Senats für den Deal mit MSC seien auch nach der Regierungserklärung des Bürgermeisters unklar geblieben, sagte Norbert Hackbusch, Hafenexperte der Linksfraktion. „Ich habe das Gefühl, dass es so ein Wunsch ist, dass alles besser werden soll, wenn man sich einem großen Reeder an den Hals schmeißt. Das ist aber keine Grundlage für einen solchen Deal.“ Auch das Argument, dass durch die MSC-Beteiligung der Containerumschlag in Hamburg gesichert werden könne, ließ er nicht gelten: „In Bremerhaven gibt es Reederbeteiligungen, auch Bremerhaven hat Umschlag verloren.“

Für den Erhalt der Hafen-Infrastruktur und die Bereitstellung von Flächen seien hohe Investitionen nötig. „Es gibt keinen Hinweis darauf, dass sich MSC irgendwie daran beteiligen würde“, sagte Hackbusch. „Und deshalb versprechen Sie auch hier ein Wolkenkuckucksheim“, sagte Hackbusch.

„Die Krise des Hamburger Hafens ist hausgemacht“, sagte AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann. Das ständige Überkreuzliegen von SPD und Grünen habe eine Instandhaltung und Weiterentwicklung des Hafens jahrelang verhindert und das Vertrauen der Wirtschaft geschwächt. „Während der Glanz vergangener Jahre hochgehalten wurde, vergammelte für jeden sichtbar die Hafeninfrastruktur.“

Die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein wies auf die Risiken des Deals hin. „Dieser Deal bedroht die Herzkammer der Hamburger Wirtschaft.“ Was mache denn der Senat, wenn sich die MSC-Eigentümerfamilie Aponte entschiede, das eigene Unternehmen zu verkaufen, „zum Beispiel an tollerort-frustrierte Chinesen“, fragte sie in Anspielung auf die Beteiligung der chinesischen Staatsreederei Cosco am HHLA-Terminal Tollerort. Wie wolle der Senat dann verhindern, dass der Hafen dann nicht unter fremde Kontrolle gerate?