Hamburg (dpa/lno). Die Union im Deutschen Bundestag hat Gespräche über den besseren Schutz des Bundesverfassungsgerichts abgebrochen. Hamburgs Justizsenatorin Gallina hält das für fatal.

Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina hat die Union in der Debatte über den Schutz des Bundesverfassungsgerichts zur Rückkehr an den Verhandlungstisch aufgefordert. „Wir sind in einer ernsten Phase, in der alle demokratischen Kräfte ihrer staatspolitischen Verantwortung gerecht werden müssen“, sagte die Grünen-Politikerin am Freitag. Die Herausforderungen seien zu groß und die Beispiele seien zahlreich, in denen es politisch extremen und autokratischen Kräften gelungen sei, über die Justiz und insbesondere über das Aushebeln der Unabhängigkeit der Verfassungsgerichte die Demokratie nachhaltig zu schwächen.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte zuvor erklärt, die Union sehe vorerst keinen Bedarf, das Bundesverfassungsgericht als Reaktion auf das Erstarken extremer Parteien stärker vor Einflussnahme zu schützen und hat entsprechende Gespräche mit der Ampel-Regierung beendet. „Die Unionsfraktion sieht derzeit keine zwingende Notwendigkeit, die Regelungen zum Bundesverfassungsgericht im Grundgesetz zu ändern“, sagte Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) der „Rheinischen Post“ (Freitag). In Gesprächen mit Vertretern der Ampelfraktionen sei deutlich geworden, dass eine Umgestaltung der rechtlichen Grundlagen des Bundesverfassungsgerichts nicht nur Vorteile habe. Solche Änderungen des Grundgesetzes müssten sehr gut überlegt sein, sagte Lindholz.

Gallina betonte dagegen, die Einfallstore in die Verfassung seien schon länger bekannt. „Es wäre fatal, wegen der Differenzen zwischen den Fraktionen im Bundestag jetzt die Gespräche abzubrechen.“ Hier gehe es nicht um Parteipolitik, es gehe um die Demokratie und den Rechtsstaat. „Deshalb appelliere ich an alle, dass sich Bund und Länder gemeinsam mit Fachleuten austauschen und wir weiter an einer überparteilichen Lösung arbeiten.“ Gallina brachte dabei auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ins Spiel, der vielleicht vermitteln und einen solchen Gesprächsrahmen schaffen könnte.

Die Ampel-Koalition in Berlin hatte aus Sorge vor dem Erstarken extremer Parteien erwogen, Einzelheiten zur Wahl und zur Amtszeit von Verfassungsrichtern nicht nur in einem einfachen Gesetz, sondern im Grundgesetz festzuschreiben. Diese könnten dann nicht mehr mit einfacher Mehrheit, sondern nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit geändert werden. Das könnte zum Beispiel verhindern, dass bei einem Regierungswechsel Richter vergleichsweise einfach aus dem Amt entfernt werden könnten. Nach Angaben der Hamburger Justizbehörde befasst sich derzeit unter Federführung der Hansestadt eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit dem Thema.