Flensburg. Flensburg hat in der Nacht zum Samstag ein Jahrhundert-Hochwasser erlebt. Besonders betroffen war ein Hotel direkt am Hafen. Dessen Geschäftsführerin geht von einem Millionenschaden aus und hofft auf Landeshilfe.
Vor der Wand liegen die Holztrümmer des Fußbodens. Das Hotel Hafen Flensburg hat unter dem Jahrhundert-Hochwasser der Fördestadt in der Nacht zum Samstag besonders gelitten - trotz Spundwänden. „Wir sind manchmal den Tränen nahe und manchmal denken wir: Scheiß drauf“, sagte Geschäftsführerin Kirsten Herrmann am Dienstag. Sie gebe aber nicht auf. „Hilft ja nix.“
Ministerpräsident Daniel Günther und Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (beide CDU) haben sich vor Ort über die Schäden informiert. Gemeinsam mit Oberbürgermeister Fabian Geyer (parteilos) sprachen sie mit Verantwortlichen und Betroffenen wie Herrmann. Es ginge immer auch darum, „wie man manches mit Blick auf zukünftige Krisen noch optimieren kann“, sagte Günther. Die Katastrophenschutzkonzepte im Land hätten gegriffen. Ähnlich äußerte sich Sütterlin-Waack: „Das hat hier in Flensburg hervorragend geklappt.“
Besserer Schutz der Ostseeküste
Schleswig-Holstein will den Küstenschutz im Osten des Landes generell verbessern. „Die vergangenen Tage haben uns die Verwundbarkeit der Ostseeküste durch die Klimakrise schonungslos vor Augen geführt“, sagte Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur. „Wir werden beim Küstenschutz unseren Fokus stärker auf den Osten des Landes richten müssen - ohne dabei an der Nordsee auch nur ein Jota weniger zu machen.“ Diese Anstrengungen würden Land und Gesellschaft etwas kosten. „Das sollte es uns wert sein, denn es geht um nichts weniger als die Sicherheit der Menschen in unserem Land.“
Das in Flensburg betroffene Hotel ist derzeit vorübergehend geschlossen. Drinnen steht ein Trocknungsgerät. Wegen der Lage direkt am Wasser habe sie keine Versicherung, die im Fall der Sturmflut greife, sagte Herrmann. Die Arbeiten in dem Betrieb laufen auf Hochtouren, die Geschäftsführerin berichtete von großer Solidarität. „Wir hoffen, dieses Jahr noch zu öffnen.“ Bis dahin wünscht sie sich rasch Kurzarbeitergeld für die rund 60 Mitarbeitenden.
„Das ist bereits das dritte Hochwasser, das wir seit 2016 erlebt haben“, sagte Herrmann. Ihr Team sei darauf vorbereitet gewesen, die Spundwände seien 1,40 Meter hoch. „Was wir nicht wussten ist, dass das Wasser 30 Stunden stehen wird.“
Die Stadt hatte in der Nacht zum Samstag ein Jahrhundert-Hochwasser erlebt. Nach Angaben des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie erreichte der Pegel einen Höchststand von 2,27 Meter über dem Normalwert. Teile des Hafengebiets waren überflutet. Ein ähnlich hoher Wert war in Flensburg zuletzt 1904 mit 2,23 Meter gemessen worden.
Land plant finanzielle Hilfen
Günther sicherte dem Hotel Unterstützung zu: „Das hier ist zum Beispiel ein Härtefall.“ Wenn es darum ginge, akuten Hochwasserschutz sicherzustellen, könnten Betroffene schnell Aufträge vergeben. „Das ist sozusagen die Maßgabe.“ Die finanziellen Fragen würden im zweiten Schritt geklärt.
Die Landesregierung hatte sich am Montag auf finanzielle Hilfen für Betroffene verständigt. Sie will denjenigen mit Darlehen helfen, die bis zur Auszahlung von Versicherungen eine Überbrückungshilfe brauchen. Eine Härtefallregelung soll für Menschen greifen, denen ein Versicherungsschutz aufgrund einer hochwassergefährdeten Gebäudelage verwehrt wurde.
„Es gibt in bestimmten Hochwasser gefährdeten Bereichen die Problematik, dass es gar keine Versicherung gibt“, sagte Günther. „Hier werden wir eigene Zuschüsse entwickeln, die Menschen nicht alleine zu lassen. Auch das werden wir so schnell wie möglich auf den Weg bringen.“
Flensburgs Oberbürgermeister sprach von einer extrem hohen Erwartungshaltung der Betroffenen. „Die Menschen kämpfen total um ihre Existenz“, sagte Geyer. Wirtschaftsunternehmen wüssten erstmal nicht, wie es weitergehen wird. „Und deswegen ich bin gespannt, was nächste Woche bei meinem Besuch in der Landeshauptstadt rauskommt.“ Am 1. November will das Land mit den Kommunen über den geplanten Wiederaufbaufonds beraten.
Ebenfalls am Flensburger Hafen liegt die Hansen Brauerei. „Im ganzen Betrieb stand das Wasser 30 Zentimeter hoch“, sagte Besitzer Franz-Dieter Weiß. Der Betrieb geht aber weiter. Weiß hofft, bereits in der kommenden Woche auch wieder selbst brauen zu können. „Wir wollen ja nicht gerne fremdes Bier dazu kaufen.“ Er hat die Brauerei 1989 gegründet. Zur Schadenshöhe könne er noch keine Angaben machen.