Kiel (dpa/lno). Großer Bahnhof in Kiel: Streckenbetreiber, Land und Hersteller feiern den Umstieg von Diesel- auf Batteriebetrieb im regionalen Zugverkehr. Dieser macht klare Fortschritte bei der Elektrifizierung - ohne neue Oberleitungen. Der Minister sieht trotzdem noch große Probleme.
Vom Tabellenende weit nach vorn: Beim Umstieg auf umweltfreundlichere Antriebe holt Schleswig-Holstein im regionalen Bahnverkehr binnen kurzer Zeit kräftig auf. So sind jetzt auf der vielgenutzten und lange problembehafteten Strecke Kiel-Lübeck-Lüneburg die ersten Züge mit Batteriebetrieb unterwegs. Zum feierlichen offiziellen Start freute sich Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) am Montag über die Abkehr vom Dieselbetrieb. „Wir machen einen riesigen Schritt hin zum emissionsfreien Nahverkehr mit den 55 Akkuzügen, die bis Mitte nächsten Jahres auf elf Bahnlinien im Land unterwegs sein werden“, sagte er. Die Investitionskosten dafür betragen 600 Millionen Euro.
Nach Angaben des Herstellers Stadler bekommt der Norden die weltweit erste Zugflotte mit Batterieantrieb im regelmäßigen Linienbetrieb. Die neuen Züge werden nach und nach eingesetzt. Wenn im nächsten Jahr alle unterwegs sind, werden 68 Prozent aller Strecken im Land elektrisch befahren. Damit werden nach Angaben der Nahverkehrsgesellschaft Nah.SH rund 10,4 Millionen Zugkilometer „entdieselt“ und damit zehn Millionen Liter Diesel sowie 26.000 Tonnen CO2 eingespart.
Die neuen Züge seien mit Tempo 160 schneller als die alten, barrierefreier und mit W-LAN ausgestattet, sagte Minister Madsen. Für die Reisenden gebe es auch mehr Beinfreiheit. Der Wohlfühlfaktor sei deutlich größer. Madsen überzeugte sich selbst davon und fuhr am Montag mit. Mit zwei Minuten Verspätung setzte sich der Zug am Mittag in Bewegung.
Madsen dankte auch dem Betreiber Erixx Holstein für dessen Anstrengungen, nachdem es auf dessen Strecke Kiel-Lübeck-Lüneburg wegen des Mangels an Zugführern lange viele Zugausfälle und Verspätungen gegeben hatte. „Nun können wir unseren Fahrgästen auch aufgrund unserer verbesserten Personalsituation das bieten, was sie von uns erwarten - eine höhere Verlässlichkeit sowie komfortablere, ruhige und klimafreundliche Zugfahrten“, erklärte Geschäftsführer Rainer Blüm.
Die nächste Stufe werde Ende November gezündet. Ab dann sollen zwei Drittel der Züge auf der Strecke mit Akkuzügen bedient werden, spätestens zum 12. Februar nächsten Jahres dann 100 Prozent. Die Zahl der Akkuzüge auf der Strecke wird bis dahin von jetzt drei bis vier auf 26 steigen. Die Züge können 80 Kilometer fahren, ohne neu zu laden. Aufgeladen werden die Batterien an den Oberleitungen in Bahnhöfen oder auf der Strecke - sofern dort welche vorhanden sind.
Der Norden war bisher Schlusslicht bei der Elektrifizierung des Bahnbetriebs und wird Madsen zufolge in Deutschland auf Platz zwei hinter dem Saarland vorrücken. Dennoch werde es weiterhin große Probleme im Land geben: Viele Schienen seien nicht in Ordnung und müssten repariert werden.