Kiel/Wismar/Flensburg. Sturm aus dem Osten drückt das Ostseewasser ans Land. Die schwere Sturmflut soll am Nachmittag seinen ersten Höhepunkt erreichen: In Flensburg wird die höchste Sturmflut seit 100 Jahren erwartet. Am Vormittag hatten die Feuerwehren noch Zeit für Besprechungen.
Wegen des Sturmtiefs sind an der Ostseeküste die ersten Straßen und Uferbereiche vom Hochwasser überschwemmt worden. So standen am Freitagmorgen sowohl in Wismar als auch in Kiel und Flensburg zahlreiche Straßen und Plätze unter Wasser. „Das Wasser kommt, es ist schon sehr weit gedrungen, es steht schon vor der Tür“, sagte eine Sprecherin der Polizei Flensburg dazu der Deutschen Presse-Agentur.
Auch in der Lübecker Bucht ist das Wasser bereits an vielen Stellen über die Ufer getreten, wie die Polizei mitteilte. Zudem blockierten auch ungesicherte Gegenstände sowie umstürzende Bäume teilweise die Fahrbahnen in Lübeck und im Kreis Ostholstein. Polizei und Feuerwehr schleppen zudem Fahrzeuge aus dem Gefahrenbereich und sperren Straßen ab.
Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie erwartet sowohl für die Kieler und Lübecker Bucht für den Freitagnachmittag und -abend den Höhepunkt der schweren Sturmflut. In der Flensburger Förde können Wasserstände bis zu 2,00 Meter über das mittlere Hochwasser steigen, teilte das Amt auf seiner Internetseite mit. Damit wird dort voraussichtlich der höchste Wasserstand seit mehr als 100 Jahren eintreten.
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) geht davon aus, dass das Sturmtief über der Ostsee am Freitagnachmittag seinen Höhepunkt erreichen und nach Mitternacht langsam abklingen wird. „Bis etwa zwei Uhr nachts sind dann an der Ostseeküste und den Inseln orkanartige Böen möglich“, sagte DWD-Meteorologin Anne Wiese der dpa in Hamburg.
In Kiel sollte die Kiellinie ab 15.00 Uhr aus Sicherheitsgründen für den Verkehr gesperrt werden, wie eine Feuerwehrsprecherin sagte. Am Vormittag blieb in der Stadt noch Zeit für Besprechungen: „Bisher ist die Lage hier noch recht ruhig.“ In Kiel-Schilksee waren am Donnerstagnachmittag in mehrere Strandkörbe ins Wasser gezogen worden. „Da ist das Wasser schon ungewöhnlich hoch. Etwa 150 Strandkörbe sind dort geborgen worden“, sagte eine Polizeisprecherin.
Wie die Reederei Scandlines am Freitag mitteilte, musste wegen extrem starker Ostwinde zudem der Fährbetrieb auf den Strecken Puttgarden-Rødby und Rostock-Gedser vorübergehend eingestellt werden. Am Kopenhagener Flughafen fällt am Freitag aufgrund des Sturms über der Ostsee rund jeder zehnte Flug aus.
In Mecklenburg-Vorpommern soll die Flut allenfalls nahe der Lübecker Bucht das Niveau einer schweren Sturmflut erreichen. Nach den Worten von Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister Till Backhaus (SPD) rechnen die zuständigen Landesbehörden kaum mit Schäden durch das aktuelle Hochwasser. „Unsere Fachleute schätzen ein, dass man sich an der Ostseeküste wegen der umgesetzten Küstenschutzmaßnahmen keine Sorgen machen muss“, sagte er in Gützkow (Vorpommern-Greifswald). Lediglich an den Boddengewässern, also den mit der Ostsee verbundenen Buchten, könne es vereinzelt zu nennenswerten Überflutungen kommen.
Sturmfluten entstehen durch starken Wind, der das Wasser an die Küste drückt. Der gleiche Wind drückt an der Nordsee das Wasser weg und es kommt zu extrem niedrigen Wasserständen. Auch das hatte am Freitagmorgen bereits Auswirkungen auf den Schiffverkehr.
So sind zahlreiche Fähren zu den Inseln ausgefallen. Am Morgen blieben die Fähren zwischen Föhr, Amrum und Dagebüll der Wyker Dampfschiffs-Reederei an Land und auch zwischen Pellworm und Nordstrand fielen mehrere Fähren aus. Die Inseln Juist, Baltrum, Spiekeroog und Wangerooge waren am Freitag nicht mit Fährschiffen zu erreichen, wie die Fährgesellschaften auf ihren Internetseiten mitteilten. Für Wangerooge sollte der Fährverkehr auch am Samstag ausfallen. Im Fährverkehr zu den Inseln Langeoog und Norderney kam es am Freitag zu Ausfällen und veränderten Abfahrtszeiten.
Wegen des Sturms waren die Feuerwehren auch andernorts im Einsatz. So war auf der Strecke zwischen Neumünster und Brokstedt ein Baum auf die Gleise gestürzt. Der Regionalverkehr zwischen Hamburg und Kiel wurde zum Teil eingestellt. Es fuhren Ersatzbusse. Die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten hatten zudem angesichts des Sturms davor gewarnt, die Wälder zu betreten. Bei Sturm könnten in den Wäldern starke Äste abbrechen und Bäume umstürzen, was den Aufenthalt in den Wäldern lebensgefährlich mache.