Hamburg (dpa/lno). Wenn Tiere auf der Roten Liste stehen, sind sie durchaus in Gefahr. Die Umweltbehörde Hamburg hat nun die Liste von 2006 mit aktuellen Sichtungen von Schmetterlingen auf den neuesten Stand gebracht. Und einige gibt es schon gar nicht mehr in der Hansestadt.
Ob das Kleine Fünffleck-Widderchen, der Violette Feuerfalter, der Pflaumen-Zipfelfalter oder der Große und der Kleine Eisvogel - in Hamburg sind in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Schmetterlingsarten entweder ausgestorben oder nicht mehr gesichtet worden. Das geht aus der aktualisierten Roten Liste für Tagfalter, Dickkopffalter und Widderchen der Umweltbehörde Hamburg hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Demzufolge flattern in der Hansestadt derzeit 57 Schmetterlingsarten durch die Luft. Seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1830 gelten jedoch 31 Arten mittlerweile als ausgestorben beziehungsweise verschollen, die einst in der Hansestadt gesehen wurden.
Manche Sichtungen liegen bereits mehr als ein Jahrhundert zurück. So wurde beispielsweise der Samtfalter zuletzt 1885 in Hamburg beobachtet und auch hat der Thymian-Ameisenbläuling hat sich seit 1880 nicht mehr in der Hansestadt sehen lassen.
Gleichzeitig aber hätten sich zum Vergleich der Roten Liste von 2006 auch 16 Schmetterlingsarten in ihren Beständen erholt. Elf geht es mittlerweile schlechter als noch 2006, und von ihnen gelten neun als ausgestorben beziehungsweise verschollen. Dazu gehören das Sumpfhornklee-Widderchen, der Dunkle Dickkopffalter sowie der Hochmoor-Bläuling. Zudem finden mittlerweile aufgrund des Klimawandels auch neue Falterarten wie der Karst-Weißling und der Magerrasen-Perlmuttfalter in Hamburg ausreichend Nahrung. Die Rote Liste verzeichnet gefährdete, verschollene oder ausgestorbene Arten.
„Schmetterlinge entzücken“, sagte Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) dazu der dpa. Der Bestand vieler Arten sei jedoch gefährdet, auch in Hamburg. Der aktuellen Auswertung zufolge ist etwa jede fünfte in Hamburg herumschwirrende Schmetterlingsart gefährdet oder vom Aussterben bedroht. Deshalb bestehe weiterhin dringender Handlungsbedarf, „um diese wunderbaren Geschöpfe zu schützen“. Vielerorts würden dafür wichtige Lebensräume in den Naturschutzgebieten wiederhergestellt und auf eine naturnahe Park- und Grüngestaltung und Blühwiesen mit heimischen Pflanzen geachtet. „Jedoch dürfen wir in unseren Bemühungen, der Krise der Artenvielfalt entgegenzuwirken, auch in Zukunft nicht nachlassen - im Gegenteil!“
Dass es die Schmetterlinge in und um Hamburg mittlerweile schwerer haben als noch vor fast 200 Jahren, liegt vor allem am Verlust und der Zersiedelung ihrer Lebensräume. „Gleichzeitig verändern hohe Stickstoffeinträge unter anderem aus der Landwirtschaft die Pflanzenwelt und gefährden verbliebene Rückzugsorte. Die Bilanz der Roten Liste zeigt weiterhin dringenden Handlungsbedarf zum Schutz der Schmetterlinge in Hamburg auf“, hieß es dazu aus der Umweltbehörde.
Um den Schmetterlingen zu helfen, reichten durchaus auch kleine Maßnahmen. Ob bepflanzte Balkone und Gärten oder seltener gemähte Wegesränder wie im Duvenstedter Brook - „durch die Duldung und Pflanzung heimischer Gräser wie dem Gewöhnlichen Knäuelgras, dem Echten Schaf-Schwingel oder dem Wiesen-Lieschgras sowie Blütenpflanzen wie Disteln, Flockenblumen, Kleearten, Thymian und Oregano finden die Raupen ausreichend Nahrung und die Falter genügend Nektar“, so die Umweltbehörde.
Für die vierte Fassung der Roten Liste und die gleichzeitige Aktualisierung des rund 40 Jahre alten Verbreitungsatlas der Schmetterlinge in Hamburg haben viele Ehrenamtliche zweieinhalb Jahre lang rund 34.000 Datensätze aus der Zeit zwischen 1830 und 2023 ausgewertet. Für Umweltsenator Kerstan ist das ein „einzigartiger Datenschatz“.