Hamburg (dpa/lno). Ist Hamburgs Staatsanwaltschaft so überlastet wie in keinem anderen Bundesland? Zahlen des Deutschen Richterbundes legen das nahe. Als Ursache der bundesweiten Entwicklung sieht die Juristenvereinigung unter anderem Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz.
Die Zahl unerledigter Ermittlungsverfahren bei der Hamburger Staatsanwaltschaft ist nach Angaben des Deutschen Richterbundes so stark wie in keinem anderen Bundesland gestiegen. Verzeichneten die Ermittler zum Stichtag 30. Juni 2021 noch 22.691 unerledigte Fälle, so sei die Zahl zwei Jahre später auf 35.629 offene Verfahren gewachsen, teilte die Juristenvereinigung unter Berufung auf eine Umfrage der Deutschen Richterzeitung bei den Justizministerien der Länder mit. Das bedeute einen Anstieg um 57 Prozent in Hamburg. Im Durchschnitt der Länder gab es laut Richterbund eine Zunahme unerledigter Verfahren um 28 Prozent, in Berlin betrug sie nur 10 Prozent.
Die Pressesprecherin der Hamburger Staatsanwaltschaft, Liddy Oechtering, konnte die Zahlen des Richterbundes nicht im Detail kommentieren. Ganz allgemein fehlten im staatsanwaltschaftlichen Bereich vor allem geeignete Servicekräfte, sagte die Oberstaatsanwältin. Sie fügte hinzu: „Im Geschäftsjahr 2023 haben aber auch nach unserer Kenntnis die erfassten Neueingänge stark zugenommen.“
Der Senat hatte im vergangenen Juni auf eine Große Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion erklärt, dass die Zahl der neu zugegangenen Verfahren gegen bekannte und unbekannte Tatverdächtige von rund 282.000 im Jahr 2021 auf 294.000 im Jahr 2022 angestiegen sei. Das bedeutet ein Plus von gut 4 Prozent. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit für die Verfahren gegen bekannte Tatverdächtige sank von 2,0 auf 1,9 Monate.
Der Bundesgeschäftsführer der Richtervereinigung, Sven Rebehn, erklärte, die Zahl neuer Verfahren sei 2022 mit bundesweit mehr als 5,2 Millionen Fällen auf ein neues Rekordhoch gestiegen. Der Aufwärtstrend setze sich in diesem Jahr bislang fort. „Treiber der Entwicklung sind unter anderem vermehrte Straftaten nach dem Aufenthaltsgesetz, mehr Fälle im Bereich der Kinderpornografie auch infolge jüngster Strafverschärfungen oder die erweiterte Strafbarkeit von Geldwäsche.“ Bundesweit fehlten nach den offiziellen Personalschlüsseln der Länder in den Staatsanwaltschaften und Strafgerichten 1500 Juristen, so Rebehn weiter.