Hamburg. Hamburgs pulsierende Clubszene ist weit über Deutschland hinaus bekannt. Und das liegt auch am Reeperbahn-Festival, das einmal im Jahr für vier Tage Hunderte Bands in den Kiez lockt. So auch in diesem September, in dem am Ende leise Töne triumphieren.

475 Konzerte, rund 400 Acts, etwa 49.000 Gäste und am Ende eine ungewöhnliche Anchor-Award-Gewinnerin: Das Hamburger Reeperbahn-Festival ist seinem Ruf als bedeutender Treffpunkt der internationalen Musikszene wieder einmal gerecht geworden. Am Abschlussabend des viertägigen Konzertreigens und Branchentreffs erhielt die Japanerin Ichiko Aoba den Anchor-Award für talentierte Newcomer - durchaus zur Überraschung von Experten.

Die 33-Jährige habe mit ihrer Kunst das Publikum in ein zeitloses Japan entführt, begründete Jury-Präsident Tony Visconti am Samstag die Wahl. „Ihre Musik tröstete uns, sie beruhigte uns und brachte uns zu Tränen.“

Ichiko Aoba erhielt neben der Auszeichnung Tour-Equipment im Wert von 20 000 Euro. Mit ihrer minimalistischen Darbietung und ihrem sphärisch-mystischen Gesang und Gitarrenspiel setzte sich die Japanerin gegen die internationale Konkurrenz aus Schweden, Deutschland, Großbritannien und den USA durch.

Neben Ichiko Aoba waren Berq, Daisy the Great, Hannes, Paris Paloma und Waterbaby nominiert. Die Acts seien „eine Inspiration für die eigene Musik“, sagte die US-amerikanische Sängerin Banks, die gemeinsam mit Produzenten-Legende Tony Visconti, der Sängerin Katie Melua und US-Songwriterin Tayla Parx in der Jury saß.

Festival-Chef Alexander Schulz hatte sich zum Ziel gesetzt, wieder möglichst nahe an das Vor-Corona-Rekordjahr 2019 heranzukommen. Denn wegen der Erfahrungen der vergangenen Jahre mit Corona-Pandemie, explodierenden Energiepreisen und Veranstaltungskosten sowie enormem Nachwuchsmangel ist die Szene noch immer am Kämpfen.

Schulz zeigte sich nach der 18. Ausgabe seines Festivals jedenfalls optimistisch. „Internationale Talente, Fachpublikum und Unternehmen sind zurück. Wir haben gemeinsam mit der Branche Themen setzen können, die die Musik zukunftsfähiger machen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag. Das Festival habe seine Position „als wichtigster europäischer Marktplatz für Musik unterstrichen und dabei die nächste Generation von Talents mit der Branche verknüpft“.

Am Ende zählten er und sein Team 49.000 Besucherinnen und Besucher - und damit wie erwartet etwa zehn Prozent weniger als im Rekordjahr 2019, als rund 54.000 Gäste auf den Kiez geströmt waren.

Das Reeperbahn-Festival findet seit 2006 statt. Es bot auch in diesem Jahr ein buntes Programm aus Pop-, Rock-, Indie-, Folk- und Elektromusik mit Konzerten, Kunst- und Literaturvorführungen und Fachkonferenzen.

Erstmals gab es in diesem Jahr als Zusatzangebot am Freitag und Samstag tagsüber eine Ausgabe der Digital-Konferenz Republica, die seit 2007 jedes Jahr in Berlin ausgerichtet wird. „Wer hätte gedacht, dass wir im Windschatten des Millerntors eine solche Show mit diesem wunderbaren Zuspruch auf die Beine stellen konnten“, sagte Republica-Geschäftsführer Andreas Gebhard.

Schon in den ersten Stunden seien Erinnerungen an die erste Konferenz 2007 in Berlin aufgekommen, bei der sie gedacht hätten: „Das sollten wir wieder machen.“ Und das wollen die Republica-Macher auch 2024 tun - dann beim 19. Reeperbahn-Festival vom 18. bis 21. September.