Hamburg. Anschließend beging der 83-Jährige Selbstmord. Was hinter der Tat steckt. Und welche ähnlichen Fälle es in Hamburg gab.
Es ist eine Tragödie, die sich in einem der Häuser in einer kleinen Wohnstraße im Bergedorfer Ortsteil Nettelnburg abgespielt hat. Als Einsatzkräfte am frühen Mittwochmorgen – nach dem Hinweis der Telefonseelsorge – die Tür aufgebrochen hatten, stießen sie auf zwei Leichen. Es war das Ehepaar, dass das Haus bewohnte – ein 83 Jahre alter Mann und seine 81-jährige Frau. Der Mann hatte, so die Erkenntnisse von Ermittlern, erst seine Frau getötet und sich anschließend das Leben genommen.
Es ist oft die pure Verzweiflung, die Menschen zu so einer, oft einvernehmlich begangenen Tat treibt. Allein in Hamburg gab es seit Juli drei solcher Fälle. In Nettelnburg war es, so sind sich die Ermittler sicher, die drohende Trennung des Paares, denn die Frau sollte in ein Pflegeheim.
Nur nicht ins Heim – Hamburger tötet seine Frau mit Magneten
Offenbar wusste der Mann keinen Ausweg. Er tötete seine langjährige Ehefrau, indem er mit Magneten ihren Herzschrittmacher manipulierte. Bevor er sich danach mithilfe einer Plastiktüte selbst erstickte, hatte er noch die Telefonseelsorge angerufen.
„In der Regel ist in so einem Fall mindestens einer der Partner gesundheitlich angeschlagen“, sagt der Kriminologe Wolf-Reinhard Kemper. „Die Menschen befinden sich in einer dramatischen Situation, die oft durch viele Kleinigkeiten noch verstärkt wird und zu einer Anhäufung von Problemen führt.“ Droht noch der Verlust der eigenen Wohnung, verschärfe sich die Situation. „Alte Bäume verpflanzt man nicht“, sagt Kemper. „Solche Situationen sind Serotoninkiller.“ Serotonin ist ein hormonähnlicher Stoff. Produziert der Körper zu wenig davon, kann das zu Depressionen, Angstzuständen oder Trübsinn führen. „Irgendwann wird der Entschluss gefasst, nicht mehr leben zu wollen“, so Kemper.
Pflegedienst findet Leichen von älterem Ehepaar in Hamburg-Hamm
Ende Juli hatte in Hamm ein 84-Jähriger seine 82-jährige Frau getötet. Ihre Leichen wurden in der gemeinsamen Wohnung entdeckt, nachdem der Pflegedienst keinen Zugang bekommen hatte. Mithilfe eines Nachbarn, der einen Schlüssel für die Haustür des Ehepaares hatte, gelangte man in die Wohnung, wo die Frau tot im Bett und der Mann erhängt aufgefunden wurden. Die Polizei stellte später einen Abschiedsbrief sicher.
Wie in solchen Fällen die Staatsanwaltschaft vorgeht, schildert Oberstaatsanwältin Liddy Oechtering. „Wenn es von Anfang an keinerlei Anhaltspunkte für ein mögliches Fremdverschulden dritter, noch lebender Personen gibt, wird bei der Staatsanwaltschaft in der Regel kein Ermittlungsverfahren eingeleitet, sondern lediglich ein sogenanntes Todesermittlungsverfahren.“ Hintergrund sei, dass gegen Tote nicht ermittelt werden könne.
„Tötung auf Verlangen“? Mann spritzt Großmutter Überdosis Rauschgift
Todesermittlungsverfahren selbst dienten lediglich der Feststellung der konkreten Todesursache. Sofern diese nach Durchführung einer Sektion und in einigen Fällen auch weiterer Untersuchungen feststeht und sich nicht doch noch Anhaltspunkte für Fremdverschulden dritter, lebender Personen ergeben haben, wird auch dieses Verfahren eingestellt.
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Anders verhält es sich in einem Fall, der sich bereits Mitte Juli ereignete. Damals hatte im Stadtteil Horn ein drogensüchtiger Mann seiner Großmutter eine Überdosis Rauschgift gespritzt. Sie starb. Anschließend hatte der Mann versucht, sich das Leben zu nehmen.
Der Suizid misslang. Ermittler gehen davon aus, dass die Tat eine „Tötung auf Verlangen“ war, also die Großmutter ausdrücklich darum gebeten hatte, dass er ihr das Leben nimmt. Gegen den Mann ist ein Strafverfahren eingeleitet worden. Er wird sich vor Gericht verantworten müssen. Solche Fälle werden bei einer entsprechenden Verurteilung mit Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren geahndet.