Hamburg (dpa/lno). Die Expertise eines Brückenbauingenieurs der Hamburg Port Authority zur Zukunft der Köhlbrandquerung war im eigenen Haus nicht erwünscht. Ob es daran lag, dass er eine neue Brücke für sinnvoller hielt als den in der Politik favorisierten Tunnel?

Die Hamburg Port Authority (HPA) hat eine Analyse eines im eigenen Haus beschäftigten Brückenbauingenieurs zur Zukunft der Köhlbrandquerung ignoriert. „Der Vermerk wurde nicht im Auftrag der HPA erstellt und ist kein relevantes Dokument der Projektunterlagen zur Köhlbrandquerung“, sagte eine Sprecherin am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Es handele sich um eine persönliche Meinung, die nicht alle Rahmenbedingungen bei der Entscheidungsfindung abgewogen beziehungsweise berücksichtigt habe.

Der 40-seitige Vermerk des inzwischen nicht mehr bei der HPA beschäftigten Ingenieurs, der der Wochenzeitung „Die Zeit“ (Donnerstag) vorliegt, kommt zu dem Schluss, dass eine neue Brücke als Ersatz für die in die Jahre gekommenen Köhlbrandbrücke sinnvoller sein könnte als ein Tunnel. Genau diese Variante galt aber bis zuletzt bei der HPA und im Senat als gesetzt. Erst seit dem Frühling plant die Wirtschaftsbehörde nun parallel auch eine Brücke, nachdem sich herausgestellt hatte, dass ein Tunnelbau komplizierter als gedacht und inzwischen 5,31 Milliarden Euro kosten würde.

In dem Vermerk „Analyse der Entscheidungskriterien“, der dem „Zeit“-Bericht zufolge schon vor zwei Jahren angelegt worden ist, heißt es, dass ein Tunnel nicht nur einer neuen, sondern sogar der bestehenden Brücke unterlegen wäre. So wäre er etwa für die im Hafen häufigen Großtransporte zu niedrig.

Und auch im Fall von häufig vorkommenden Staus wäre ein Tunnel der Analyse des Brückenbauingenieurs zufolge nachteilig. Während eine Brücke Platz für anwachsende Fahrzeugschlangen böte, müsste der Verkehr bei einem Tunnel vor den Einfahrten gestoppt werden. Das würde „keine Verbesserung der Verkehrsqualität zur jetzigen Situation bringen, eher im Gegenteil, eine Verschlechterung ist sogar möglich“.

Eines der Hauptargumente für die Tunnellösung - die zu geringe Durchfahrtshöhe für Containerschiffe bei der Brücke - sieht der Brückenbauingenieur ebenfalls kritisch. Denn aufgrund der Umschlagsentwicklung im Hafen gebe es gar keinen Bedarf für ein weiteres Terminal hinter der Brücke. Die Argumente der HPA beruhten „auf weit in der Zukunft liegenden Annahmen, die sich aktuell nicht in der hafenstrategischen Entwicklung wiederfinden lassen“.

Hamburgs rot-grüner Senat will die 1974 fertiggestellte und für den Hafen wichtige Brücke bis 2036 ersetzen. Das Bauwerk verbindet die westlichen Hafenbereiche mit denen auf der Elbinsel Wilhelmsburg. Zugleich ist sie Anbindung des Hafens an die Autobahnen nach Flensburg, Kiel, Hannover und Bremen. Wegen ihrer Durchfahrtshöhe von nur gut 50 Metern können besonders große Containerschiffe bereits heute nicht mehr unter ihr hindurchfahren und damit das Containerterminal Altenwerder nicht erreichen.