Kiel (dpa/lno). Altersarmut bedroht viele Menschen auch in Schleswig-Holstein. Doch das liegt nicht nur am Alter an sich, wie das Sozialministerium verdeutlich. Die SPD fordert von der Regierung mehr Engagement bei diesem Thema.

In Schleswig-Holstein nimmt die Altersarmut zu. Im vergangenen Jahr galten im Norden 15,3 Prozent der ab 65-Jährigen als einkommensarm, nachdem es 2017 noch 13,4 Prozent waren. Dies geht aus der Antwort des Sozialministeriums auf eine Kleine Anfrage der SPD-Sozialpolitikerin Birte Pauls hervor. Bei der Gesamtbevölkerung stieg die Quote in diesem Zeitraum von 15,8 auf 16,4 Prozent.

„Anhand der vorliegenden Daten ist aktuell (noch) keine generell überdurchschnittliche Armutsbetroffenheit von älteren Menschen feststellbar“, resümiert das Ministerium. Vielmehr sei das Risiko älterer Menschen, von Armut betroffen zu sein, geringer als in der Gesamtbevölkerung, auch wenn es leicht gestiegen sei.

Dem Ministerium zufolge waren 13,2 Prozent aller älteren Männer 2022 einkommensarm und 17,1 Prozent der älteren Frauen. „Nochmals deutlich höhere Armutsrisikoquoten weisen ältere Menschen mit einer geringen beruflichen Qualifikation oder einem Migrationshintergrund auf“, heißt es zur Erläuterung. „So ist also weniger das Alter als solches ein Risikofaktor, sondern die frühere Berufsbiografie oder andere demografische Konstellationen.“

Die Zahl der Empfänger von Grundsicherung im Alter stieg in den vergangenen fünf Jahren um 7,8 Prozent von 20 802 auf 22 432. Dies liegt laut Sozialministerium aber maßgeblich daran, dass die Zahl der älteren Menschen ebenfalls gewachsen ist. Die Grundsicherungsquote schwankte seit 2017 zwischen 3,2 und 3,3 Prozent. 2006 lag sie allerdings mit 2,3 Prozent noch deutlich niedriger.

„Die vorliegenden Daten sprechen also insgesamt dafür, dass Altersarmut derzeit - abgesehen von den beschriebenen sozioökonomischen Teilgruppen - in Schleswig-Holstein noch kein weit verbreitetes oder überdurchschnittliches Phänomen ist“, fasste das Ministerium zusammen. „Für die betroffenen älteren Menschen liegt die Brisanz von Altersarmut allerdings darin, dass sie ihre Einkommensverhältnisse nach dem Erwerbsaustritt kaum noch verbessern können und damit häufig dauerhaft arm bleiben.“

Die SPD-Landtagsabgeordnete Pauls sieht in Altersarmut ein großes Problem im ganzen Land. „Betroffen sind vor allem Frauen, die durch Care-Arbeit, Minijobs oder grundsätzlich schlechtere Bezahlung weniger Rentenansprüche haben“, stellte sie fest. „Armut darf nicht das Ergebnis nach einem Leben voller Arbeit sein, das ist ein gesamtgesellschaftlicher Skandal.“ Erforderlich seien armutssichere Löhne und Rahmenbedingungen.

Immer noch würden sich besonders ältere Menschen aus Scham scheuen, ihre Rechte in Anspruch zu nehmen, meinte Pauls. Die Systeme müssten viel besser ineinander greifen. „Ergeht zum Beispiel ein Rentenbescheid, der unterhalb der entsprechenden Grenze liegt, müsste automatisch ein Schreiben hinzugefügt werden und der betroffene Mensch über die möglichen ergänzenden Leistungen informiert werden.“ Benötigt würden niedrigschwellige Informationsquellen in bürgerfreundlicher Sprache und gut ausgestattete, zugewandte Verwaltungen.

„Die Landesregierung scheint die Brisanz dieses Themas aber zu ignorieren“, kritisierte Pauls. Seniorenpolitische Initiativen würden auf sich warten lassen. „Die Stärkung der Tafeln, die zunehmend ältere Menschen versorgen müssen, darf nicht die politische Antwort auf dieses Problem sein.“