Hamburg (dpa/lno). Vier Männer leben auf engem Raum in einer Hamburger Flüchtlingsunterkunft zusammen. Eines Abends im Winter kommt es zu einem Gewaltausbruch, der für einen der Bewohner tödlich endet. Zum Prozessauftakt am Landgericht schweigen die beiden Beschuldigten.

Mit roher Gewalt sollen zwei Männer in einer Hamburger Flüchtlingsunterkunft einen Mitbewohner erschlagen und einen zweiten schwer verletzt haben. Mit einer Metallstange und Fußtritten hätten die beiden Aserbaidschaner einen 61 Jahre alten Ukrainer traktiert, hieß es am Montag zum Auftakt des Prozesses vor einer Schwurgerichtskammer am Landgericht. Der Verletzte starb kurz nach der Tat vom 16. Februar in der Notaufnahme eines Krankenhauses. Ein 66-jähriger Ukrainer, der seinem Landsmann in der Unterkunft im Stadtteil Ohlsdorf zu Hilfe kommen wollte, wurde ebenfalls schwer misshandelt, überlebte jedoch. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden Angeklagten im Alter von 43 und 51 Jahren Totschlag sowie versuchten Totschlag und gefährliche Körperverletzung vor.

Die Beschuldigten äußerten sich zunächst nicht zu den Vorwürfen. Ihre Verteidiger deuteten an, dass sie dies zu einem späteren Zeitpunkt vermutlich tun würden. Das Motiv und die Hintergründe der Tat sind nach Angaben eines Gerichtssprechers ungeklärt. Die vier Männer hätten zusammen in einer Wohneinheit mit drei Zimmern, Küche und Flur gelebt. Die beiden Angeklagten hätten gemeinsam ein Zimmer bewohnt. Dort habe sich das Haupttatgeschehen am Abend gegen 22.00 Uhr abgespielt.

Zunächst sollen die beiden Angeklagten den 61-Jährigen mit der Metallstange auf Kopf und Oberkörper geschlagen sowie Fußtritte verpasst haben. Der 66-Jährige habe ein Poltern gehört und habe seinem Landsmann zu Hilfe kommen wollen. Die Angeklagten hätten aber auch ihn mit der Metallstange auf Kopf und Rücken geschlagen. Der 66-Jährige erlitt laut Anklage zahlreiche Kopfplatzwunden, einen Jochbeinbruch und Prellungen.

Nachbarn in der Unterkunft alarmierten die Polizei. Als die Beamten eintrafen, soll einer der Angeklagten noch eine Metallstange in der Hand gehabt haben. Die beiden Aserbaidschaner wurden festgenommen und kamen in Untersuchungshaft. Einer von ihnen soll nach Angaben des Gerichtssprechers die Ereignisse im Ermittlungsverfahren anders dargestellt haben. Demnach seien die beiden Ukrainer zuerst in Streit geraten. Er habe eingreifen wollen und sei seinerseits geschlagen worden.

Alle vier Männer seien an jenem Abend erheblich alkoholisiert gewesen, der später Verstorbene mit 1,56 Promille noch am geringsten. Bei seinem 66 Jahre alten Landsmann seien 3,3 Promille festgestellt worden, bei den Angeklagten 3,0 und mehr als 2,3 Promille. Die Frage nach einem länger schwelenden Konflikt zwischen den Männern habe der 66-Jährige verneint. Alle vier waren dem Gerichtssprecher zufolge erst im vergangenen Jahr nach Deutschland gekommen. Wie die Vorsitzende Richterin erklärte, hat die Anwältin des 66-Jährigen beantragt, ihn als Nebenkläger zuzulassen.

Die beiden Angeklagten gaben denselben Geburtsort im Westen Aserbaidschans an. Die Region ist zwischen Aserbaidschan und dem Nachbarland Armenien umstritten. Ob die Angeklagten von dort nach Deutschland reisten oder vorher ebenfalls in der Ukraine lebten und nach Beginn des russischen Angriffskrieges flüchteten, konnte der Gerichtssprecher nicht sagen.

Die Flüchtlingsunterkunft in unmittelbarer Nachbarschaft zum Friedhof Ohlsdorf ist nach Angaben des städtischen Betreibers Fördern & Wohnen für 452 Bewohner ausgelegt. Sie dient vor allem zur Unterbringung ukrainischer Flüchtlinge. Bereits im Juni 2022 war dort ein schweres Verbrechen verübt worden. Ein 46-jähriger Ukrainer tötete einen ein Jahr jüngeren Landsmann mit Messerstichen. Das Landgericht verurteilte den 46-Jährigen am 2. März zu acht Jahren und fünf Monaten Haft und wies ihn zugleich in ein psychiatrisches Krankenhaus ein. Das Urteil sei noch nicht rechtskräftig, sagte der Gerichtssprecher.