Hamburg (dpa/lno). Der neue Hamburger Hafenentwicklungsplan ist lange erwartet worden, soll er doch nicht weniger als die Zukunft des größten Warenumschlagplatzes Deutschlands bis 2040 skizzieren. So richtig zufrieden mit dem Ergebnis sind aber nur die wenigsten.
Hamburgs rot-grüner Senat hat den lange erwarteten Hafenentwicklungsplan zur Zukunft von Deutschlands größtem Warenumschlagplatz vorgelegt. „Hamburg ist und bleibt Deutschlands größter Seehafen, der für die Wirtschaftskraft der Exportnation und die Versorgungssicherheit auf nationaler und europäischer Ebene grundlegende Bedeutung hat“, sagte Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) am Dienstag. Der „Hafenentwicklungsplan 2040“ benennt den Angaben zufolge globale Trends, lokale Rahmenbedingungen und gesellschaftliche wie ökonomische Entwicklungen. Der Plan ist aufgeteilt in die Bereiche „strategische Vision“ und „operative Umsetzung“. Der derzeit noch gültige Hafenentwicklungsplan „Hamburg hält Kurs“ wurde 2012 mit einem Planungshorizont bis 2025 vorgelegt.
Der Hamburger Hafen umfasst mit einer Fläche von knapp 72 Quadratkilometern - davon rund 42 Quadratkilometer Land- und 30 Quadratkilometer Wasserfläche - etwas weniger als zehn Prozent der Hamburger Landesfläche. Er ist etwa so groß wie die Universitätsstadt Gießen. Pro Jahr gehen über gut 50 Umschlaganlagen rund 130 Millionen Tonnen Seegüter über die Kaikanten. Etwa 290 Liegeplätze bieten Platz für Schiffe jeglicher Größe - von besonders großen Container- und Massengutschiffen über Öl- und Chemikalientanker bis hin zu kleineren Feeder- sowie Binnenschiffen.
Einer Studie im Auftrag der Wirtschaftsbehörde und der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) zufolge aus dem Jahr 2021 sichert der Hafen bundesweit mehr als 600.000 Arbeitsplätze. 124.000 Jobs befänden sich in der Metropolregion, gut 68.000 in Hamburg selbst. Bundesweit habe die hafenbezogene Beschäftigung 2019 eine Wertschöpfung von fast 51 Milliarden Euro generiert. Der Studie zufolge sichert ein einziger Beschäftigter an den Terminals mit seiner Arbeit bundesweit 141 Jobs.
Der neue Hafenentwicklungsplan setzt anders als sein Vorgänger nicht mehr auf ein schier unbegrenztes Wachstum im Containerumschlag. Es gebe Wachstumspotenziale, aber sie seien endlich, sagte Leonhard. Sinnlos sei der Containerumschlag deshalb aber nicht. „Es gibt kaum eine Möglichkeit (...) CO2-sparender Waren in eine große Metropole zu bringen als über Wasser auf einem Schiff.“ 2022 wurden in Hamburg rund 8,3 Millionen Standardcontainer (TEU) umgeschlagen. Eine Studie im Auftrag der HPA sieht - anders als früher - nun nur noch ein moderates Wachstum auf bis zu 13,1 Millionen TEU im Jahr 2035.
„Wir bekennen uns als Stadt, dass wir einen leistungsfähigen Universalhafen haben wollen, der geprägt ist von Güterumschlag, Kreuzfahrtschifffahrt und leistungsstarker Logistik und einer breiten industriellen Basis“, sagte Leonhard. Entsprechend sei der Plan aufgeteilt in die Kapitel Digitalisierung, Klimaschutz, Infrastruktur, Ansiedlungs- und Flächenstrategie, Transformation der Arbeit, E-Commerce als neues Geschäftsfeld und Stadt und Hafen.
Das Hafengebiet selbst werde in fünf zentrale Bereiche eingeteilt. Dazu zähle etwa der Containerumschlag und die Grundstoffindustrie ganz im Westen oder ein weiterer Bereich, bei dem es vor allem um den Import, den Umschlag und die Weiterverbreitung von erneuerbaren Energien wie E-Fuels, grüner Wasserstoff oder Ammoniak geht. „Wir werden brauchen moderne Terminalinfrastruktur für die Einfuhr dieser modernen Energieträger, die zum Teil in der Industrie das Gas ersetzen sollen“, sagte Leonhard. Bilanziell soll der Hafen bis 2040 klimaneutral werden.
Die Wirtschaft reagierte verhalten bis enttäuscht auf den neuen Hafenentwicklungsplan des rot-grünen Senats. „Was lange währt, wird nicht endlich gut“, sagte der Vorsitzende des Industrieverbands Hamburg, Matthias Boxberger. Das zeige der quälend langwierige Prozess zur Aufstellung des Plans. „Statt eines energischen Bekenntnisses des Senats zum Hafen und überzeugender Vorhaben zu dessen Entwicklung, liegt nun ein laues Kompromisspapier zur Hafenentwicklung vor“, klagte Boxberger.
Der Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg, Gunther Bonz, sagte: „Wir wünschen uns, dass sich die Hamburger Hafenpolitik künftig noch stärker als bisher an den Anforderungen der Hafenkunden und an den Entwicklungen in den Wettbewerbshäfen orientiert.“ Und Handelskammer-Präses Norbert Aus sprach zwar von einem wichtigen Bekenntnis des Senats zum Hafen, forderte aber starke Initiativen, „um unsere Wettbewerbsfähigkeit beim Containerumschlag zu steigern“.
Umweltorganisationen zeigten sich ebenfalls enttäuscht. Der Hafen sei ein Motor der Hamburger Wirtschaft und das solle auch so bleiben, sagte Hamburgs BUND-Vorsitzende Sabine Sommer. „Wenn dabei aber der Artenschutz, der Klimaschutz und die dringend nötige Mobilitätswende über Bord gehen, wird Hamburg die hafenbedingten Standortvorteile auf Dauer verlieren.“ Nabu-Chef Malte Siegert wiederum sagte, der Senat hätte den Plan besser vom Ziel her denken sollen. „Business as usual in einer Zeit fundamentaler Transformation von Umschlag und Weltwirtschaft einfach in die Zukunft fortzuschreiben, kann man sich hingegen sparen.“ Kritik kam auch von CDU, FDP, Linken und der AfD.