Hamburg (dpa/lno). Zwei paranoid schizophrene Patienten verlieben sich in einem Krankenhaus. Wenige Monate später feiern sie ihre Verlobung mit Drogen - und er tötet sie im Wahn mit dem Messer. Bis dahin sei die Beziehung harmonisch gewesen, sagt ein Kripobeamter vor Gericht.
Mit mehr als 100 Messerstichen soll ein 28-Jähriger im Dezember vergangenen Jahres seine Lebensgefährtin in Hamburg-Rahlstedt getötet haben. In einem Prozess vor dem Landgericht gestand der Beschuldigte am Dienstag die Tat. „Was ich getan habe, ist schrecklich“, sagte der 28-Jährige zum Auftakt eines sogenannten Sicherungsverfahrens. Bei einem solchen Verfahren geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der Beschuldigte psychisch krank ist, bei der Tat schuldunfähig war und in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden muss.
Nach Angaben des Staatsanwalts tötete der Beschuldigte seine 34 Jahre alte Lebensgefährtin am Abend des 14. Dezembers. Die Frau habe über 100 Schnitt- und Stichverletzungen erlitten und sei an einer Atemlähmung gestorben. Der 28-Jährige war nach der Tat aus dem Fenster der Wohnung gesprungen und geflüchtet. Kurz darauf hatte ihn die Polizei festgenommen.
Der Beschuldigte berichtete, dass er seit seinem elften oder zwölften Lebensjahr Drogen nehme und an paranoider Schizophrenie leide. Die Frau habe er im März vergangenen Jahres in einem Krankenhaus kennengelernt. Auch sie habe an paranoider Schizophrenie gelitten und Cannabis konsumiert. Im Sommer sei sie bei ihm eingezogen. Am Tattag hätten sie ihre Verlobung gefeiert - zusammen mit einem ebenfalls psychisch kranken und drogenabhängigen Paar. Er habe sich plötzlich verfolgt gefühlt und gedacht, seine Lebensgefährtin sei Teil einer Verschwörung gegen ihn.
Seit 2020 habe er geglaubt, die Rockervereinigung Hells Angels verfolge ihn. Er habe bei der Polizei eine Anzeige wegen Bedrohung erstattet. Danach habe er sich weniger bedroht gefühlt, sagte der Beschuldigte. Dennoch sei er immer wieder in psychiatrischer Behandlung gewesen. Seiner Freundin habe er alles erzählt. Sie habe sich dennoch in ihn verliebt. Wie ihre Mutter als Zeugin aussagte, stand die 34-Jährige unter Betreuung.
Am Tattag rauchten die beiden Paare in der Wohnung des Beschuldigten gemeinsam Cannabis und konsumierten Kokain. Als die Vorräte alle waren, seien die beiden Männer losgegangen, um weitere Drogen zu kaufen. An einer Bushaltestelle habe ein anderer Mann gestanden und ihn angelächelt, sagte der 28-Jährige. Da habe er einen schizophrenen Schub bekommen und geglaubt, dass die Hells Angels ihn wieder verfolgten.
Er sei in die Wohnung zurückgelaufen. „Ich hatte Angst, ich war verzweifelt“, sagte der Beschuldigte. Stimmen hätten ihm gesagt: „Nimm das Messer!“ Da habe er zwei Messer aus der Küche geholt. Durch den Türspion habe er Leute vor der Wohnung gesehen und angenommen, das seien die Rocker und seine Freundin habe ihm eine Falle gestellt. „Ich kann mich erinnern, dass ich ihr einen Messerstich verpasst habe.“ Alle hätten geschrien.
Ein Anwohner einer benachbarten Straße berichtete, jemand habe am späten Abend vor seinem Haus randaliert und die Weihnachtsdekoration zerstört. Als er die Haustür öffnete, habe ein blutverschmierter Mann vor ihm gestanden und gesagt: „Meine Frau will mich umbringen!“ Er habe ihn aufgefordert, sein Grundstück zu verlassen. Der junge Mann sei daraufhin auf ein Schuppendach eines Nachbarn geflüchtet. Wenige Minuten später seien zwei Polizeibeamte da gewesen.
Nach Angaben eines Kriminalbeamten war die Einzimmerwohnung in einem Mehrfamilienhaus voller Blutspuren. An der Wand standen Schriftzüge wie „Hells Angels“. Die Mordkommission habe die Handys des Beschuldigten und seiner Lebensgefährtin ausgewertet. Auch die Chatverläufe seien gesichert worden. „Wir haben festgestellt, dass es eine ganz harmonische Beziehung zwischen den beiden war“, sagte der Beamte. Aus den Verbindungsdaten gehe hervor, dass der Beschuldigte während der Tat mit seiner Mutter und seinem Bruder telefoniert habe. Die Freundin des 28-Jährigen sei kurz nach der Tat im Krankenhaus gestorben.