Hamburg (dpa/lno). Wie konnte es zu dem tödlichen Unfall beim Hamburger Ironman kommen? Athleten sagen: Es gab zu viele Motorräder auf einer teils zu engen Strecke. Ein anderer Triathlon hat deshalb schon reagiert.
Nach dem tödlichen Unfall bei der Ironman-Europameisterschaft in Hamburg stehen die Veranstalter der Triathlon-Großveranstaltung massiv in der Kritik. Dass zu viele Motorräder auf der Strecke die Sicherheit der Athleten gefährdet hätten, ist der Hauptvorwurf. „Die Rad-Strecke war leider sehr voll. Von daher war es abzusehen, dass es Unfälle geben könnte“, sagte der deutsche Triathlon-Profi Timo Schaffeld. Der Olympiasieger und dreimalige Ironman-Europameister Jan Frodeno hatte sich am Sonntag bereits ähnlich geäußert und die Streckenführung als „Farce“ bezeichnet.
Der Veranstalter World Triathlon Corporation (WTC) äußerte sich vorerst nicht konkret zu dem Unfall und seinen Folgen und verweist auf seine Beileidsbekundung vom Sonntagnachmittag. Der Hamburger Sportstaatsrat Christoph Holstein (SPD) sagte der Deutschen Presse-Agentur jedoch über die „Kritik vonseiten sehr profilierter Triathleten: Die können das einordnen. Und das muss man ernst nehmen.“ Die „Hamburger Morgenpost“ spekulierte am Montag bereits darüber, dass es künftig keinen Ironman mehr in Hamburg geben könnte. Der Vertrag zwischen der Stadt und WTC läuft 2024 aus.
Die nächste Triathlon-Großveranstaltung in Hamburg findet jedoch schon im kommenden Monat statt: die Weltmeisterschaften über die Sprintdistanz und die olympische Distanz vom 13. bis zum 16. Juli. Die World Triathlon Championship Series und der Ironman sind unterschiedliche Veranstalter und die beiden WM-Strecken im Juli auch deutlich kürzer als der Ironman mit seiner sportlichen Extrem-Herausforderung aus 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen. Beide Veranstaltungen lassen sich also nur bedingt miteinander vergleichen.
Trotzdem will die Stadt ihr Sicherheitskonzept nach dem Unfall vom Sonntag noch einmal überprüfen. „Wir werden uns auch in Hinblick auf die anstehende Triathlon-Weltmeisterschaft im Juli noch einmal intensiv mit dem Thema Sicherheit befassen, was wir aber ohnehin vor jeder Großveranstaltung mit allen dafür verantwortlichen Stellen in Hamburg tun“, sagte Holstein.
Beim Ironman war es am Sonntag auf der Radstrecke zu einem Frontalzusammenstoß zwischen einem Begleitmotorrad und einem Amateur-Triathleten gekommen. Die Polizei teilte mit, dass der 70 Jahre alte Motorradfahrer noch am Unfallort starb und der Sportler (26) schwer verletzt wurde. Der Kameramann (50) auf dem Motorrad erlitt einen Schock.
Der Präsident der Deutschen Triathlon Union nahm die Organisatoren zwar zumindest gegen den Vorwurf in Schutz, das Rennen nach dem Todesfall nicht abgebrochen zu haben. „Auf der Strecke waren über 2000 Leute. Wenn sie jetzt das ganze Rennen gestoppt hätten, wäre das relativ unkalkulierbar geworden, laut Aussagen von den hauptverantwortlichen Organisatoren“, sagte Martin Engelhardt im Deutschlandfunk.
Für viele Teilnehmer und Beobachter steht aber außer Frage, dass Renn- und Streckenverlauf eine Ursache für den Unfall waren. „Die Motorräder waren viel zu nah dran. Es war eine Farce. Mit dem Gegenverkehr war es so unfassbar eng. Da dürfen keine Motorräder sein“, kritisierte der deutsche Triathlon-Star Frodeno. „Ich habe dem Kampfrichter 15 Kilometer vor dem Unfall noch gesagt, dass das nicht gut endet.“
Der Unfall ereignete sich auf einer geraden Strecke parallel zu einem Deich im Hamburger Stadtteil Ochsenwerder. Die Unfallstelle war jedoch nicht weit entfernt von einem Wendepunkt des Rennens, weshalb die ohnehin sehr enge Radstrecke durch Athleten im Gegenverkehr und die begleitenden Motorräder noch weiter verengt wurde.
„Auf der Wendepunktstrecke hat man immer Gegenverkehr: zwei Reihen rechts auf der Spur, zwei Reihen links auf der Spur. Wenn dann noch ein zwei Motorräder auf der Strecke sind, ist die Straße schon sehr, sehr voll“, sagte Schaffeld der „Bild“. „Da könnte man vielleicht eine andere Strecke wählen. Vielleicht eine große Runde oder eine Runde ohne Wendepunkt.“
Ein anderer Kritikpunkt des 27-Jährigen: Unterwegs gewesen seien „sehr, sehr viele Media-Motorräder, wenig Kampfrichter-Motorräder“.
Die Veranstalter des berühmten Langdistanz-Triathlons im fränkischen Roth haben aus diesem Grund bereits vor dem tödlichen Unfall in Hamburg ihr Sicherheitskonzept geändert. „Schon vor Monaten haben wir in Zusammenarbeit mit Top-Athletinnen und -Athleten und Pressevertretern beschlossen, wesentlich weniger Motorräder auf der Rennstrecke zu haben“, sagte der Geschäftsführer Felix Walchshöfer dem Bayerischen Rundfunk mit Blick auf das eigene Rennen am 25. Juni. In Roth gebe es auch „keine Out-and-back-Strecken mit Gegenverkehr.“ Man versuche, „immer breite Straßen zu wählen“.