Hamburg. Russlands Krieg gegen die Ukraine, Inflation auf Rekordhöhe und eine globale Konjunkturflaute: Die Wirtschaft hat es zur Zeit knüppeldick erwischt. Dem können sich auch die Häfen als wichtigste Drehscheiben für den internationalen Güterverkehr nicht entziehen.

Im Hamburger Hafen sind auch zum Beginn des Jahres 2023 weniger Waren umgeschlagen worden. Insgesamt seien im ersten Quartal 28,1 Millionen Tonnen Seegüter über die Kaikanten gegangen, teilte die Marketingorganisation des größten deutschen Seehafens am Mittwoch mit. Das seien 10,2 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.

Der Containerumschlag sank demnach um 16,9 Prozent auf 1,9 Millionen 20-Fuß-Standardcontainer (TEU). Als Gründe nannte Hafen Hamburg Marketing (HHM) ein ganzes Bündel von Faktoren: „Anhaltende geopolitische Spannungen, Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland, hohe Inflation, globale Kaufzurückhaltung und hohe Lagerbestände dämpfen den Güterumschlag in den europäischen Häfen.“

Der Jahresstart schließt nahtlos an das Vorjahr an, in dem der Hafen vor allem in der zweiten Jahreshälfte ein zunehmend dickeres Minus verzeichnete: Insgesamt standen 2022 so 119,9 Millionen Tonnen Seegüter in der Bilanz, 6,8 Prozent weniger als 2021. Der Containerumschlag sank um 5,1 Prozent auf 8,3 Millionen TEU.

Im weiteren Jahresverlauf sei mit einer Erholung der Umschlagzahlen zu rechnen, sagte HHM-Vorstand Axel Mattern laut Mitteilung. Er wies darauf hin, dass nicht Hamburg allein unter der aktuelle Lage leide: „Die volkswirtschaftlich schwierige Situation spiegelt sich in den aktuellen Umschlagzahlen aller Häfen der Nordrange wider“, sagte er laut Mitteilung. „Hamburg befindet sich hier im Mittelfeld der Wettbewerber.“ Mit Nordrange sind in der Hafenwirtschaft die kontinentaleuropäischen Nordseehäfen gemeint, allen voran die größeren Hamburger Konkurrenten Rotterdam und Antwerpen.

Im Jahresvergleich schlägt auch zu Buche, dass Russland vor Jahresfrist noch der viertgrößte Handelspartner des Hamburger Hafens war. „Nach dem Angriffskrieg auf die Ukraine traten Sanktionen in Kraft, die sich in diesem Vergleich bemerkbar machen - die Ladungsmengen von und nach Russland fehlen nun in der Gesamtbetrachtung“, so Mattern. „Hinzu kam die zeitweise instabile Wirtschaftssituation in China aufgrund der Pandemie, welche sich bis in das aktuelle Jahr fortgesetzt hat. Beides bleibt nicht ohne Auswirkungen auf den Hamburger Hafen.“

Jenseits der Gesamtzahlen sieht der Hafen zumindest zwei positive Akzente. Zum einen sei sich der Containerverkehr mit dem zweitwichtigsten Handelspartner USA um 9,5 Prozent auf 152.000 TEU gestiegen. Einen positiven Trend zeige zudem der Massengutumschlag in Hamburg, der um 5,4 Prozent auf 9,3 Millionen Tonnen gestiegen sei. Dazu trugen Agrarprodukten vor allem Mineralölprodukte bei. „Damit leistet der Hafen einen Beitrag zur Energieversorgungssicherheit, indem aufgrund der vorhandenen Umschlagkapazitäten kurzfristig benötigte Energieträger importiert und weitertransportiert werden können.“

Mit 67 Anläufen im ersten Quartal, fast ein Fünftel mehr als vor einem Jahr, hält unterdessen der Trend zu größeren Containerschiffen der so genannten Megamax-Klasse mit Kapazitäten über 18.000 TEU an. „Viele neue Bestellungen der Reedereien kommen jetzt in Fahrt“, sagte Mattern. „Dieser langanhaltende Trend zeigt die dringende Notwendigkeit, die nötigen Wassertiefen herzustellen, um die temporäre Einschränkung der Tiefen auf der Tideelbe wieder aufheben zu können.“ Wegen der immensen Schlickmengen hatte die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt Ende November die eigentlich seit Januar 2022 verbesserte schiffbare Tiefe der Unterelbe zwischen Hamburg und der Nordsee für ein Jahr um einen Meter reduzieren müssen.