Hamburg (dpa/lno). Corona-Pandemie, ein zunehmend selbstbewusst auftretendes China und der russische Angriff auf die Ukraine: Die Weltwirtschaft ist starken Einflüssen ausgesetzt. Als Handels- und Hafenstadt will Hamburg seine Unternehmen dafür gut aufstellen.
Angesichts von Krisen und Veränderungen auf den Weltmärkten hat der rot-grüne Hamburger Senat ein aktualisiertes Außenwirtschaftskonzept beschlossen. Es soll die Unternehmen der Stadt dabei unterstützen, auch unter geänderten Rahmenbedingungen international erfolgreich zu sein, sagte Wirtschaftsministerin Melanie Leonhard (SPD) am Dienstag nach der Senatssitzung im Rathaus. „Mit diesem Konzept wollen wir einen Beitrag dazu leisten, dass die Hamburger Außenwirtschaft zuversichtlich in die Zukunft blicken kann, denn wir glauben, dazu gibt es einen Anlass.“
Zwar hätten Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg in der Ukraine die wirtschaftliche Entwicklung negativ beeinflusst. Auch stellten unfairer Handel und Protektionismus Herausforderungen dar. Zugleich führten aber Klimawandel und Digitalisierung zu Verschiebungen in der globalen Wirtschaft, aus denen auch für die Hamburger Außenwirtschaft Chancen erwüchsen.
„Die letzten Jahre haben uns gezeigt, wie empfindlich und störbar außenwirtschaftliche Beziehungen sind“, sagte Leonhard. China - „eine langjährige Partnerin Hamburgs“ - trete zunehmend kompetitiv auf. Um Risiken durch wirtschaftliche Abhängigkeiten zu vermeiden, sollten mehr Zielmärkte gefunden werden. Eine „besondere Bedeutung“ habe dabei die Indopazifik-Region, ebenso Latein- und Südamerika, wohin Hamburg traditionell gute Kontakte pflege. Aufgrund des enormen Handelsvolumens mit China sei dies „aber nicht über Nacht zu realisieren“, sagte sie.
Der Fokus des Senatskonzepts liegt den Angaben zufolge auf kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Ihnen solle geholfen werden, auf neue Märkte vorzustoßen. Dazu sollen die guten internationalen Beziehungen Hamburgs genutzt werden, um die Bildung von Netzwerken zu ermöglichen.
Eine Verbesserung der Beziehungen zu Russland erwartet Leonhard in den nächsten fünf bis zehn Jahren nicht. „Mittelfristig ist nicht absehbar, dass sich am Verhältnis zu Russland etwas ändern kann.“
Kritik am neuen Konzept kam aus dem Handel und von der Opposition in der Bürgerschaft. „Das neue Außenwirtschaftskonzept des Senats ist ein wichtiger Diskussionsansatz, bleibt aber an entscheidenden Stellen zu vage“, monierte der Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Hamburg, Malte Heyne. So bleibe unklar, mit welchen Ressourcen seitens des Senats die Diversifizierung erfolgen soll. Zudem stelle „die zunehmende Regulierung - gerade für KMU, deren Internationalisierung gefördert werden soll“ - einen „erheblichen Zielkonflikt dar, der in dem Papier nicht adressiert wird“.
Götz Wiese, Wirtschaftsexperte der CDU-Fraktion, monierte, die Fortschreibung des Konzepts sei „weitgehend alter Wein in neuen Schläuchen“. Mit viel „Namedropping und Anteasern“ versuche der Senat zu vermitteln, er kümmere sich. „Die Wirtschaftssenatorin sagte es selbst: Es handelt sich vorwiegend um eine Bestandsaufnahme. Aber mit einem auf 84 Seiten beschriebenen Status quo darf sich Hamburg nicht zufriedengeben.“
Die AfD forderte erneut den Stopp des geplanten Cosco-Einstiegs beim HHLA-Containerterminal Tollerort. „Die chinesische Regierung darf mit ihren Staatskonzernen keine Kontrolle über Teile des Hamburger Hafens erlangen“, sagte der hafenpolitische Sprecher Krzysztof Walczak. „Neue Partner sind nicht nur im asiatischen oder lateinamerikanischen Raum zu suchen, sondern auch vor unserer europäischen Haustür.“
Auch die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfells-Frowein äußerte sich kritisch zum Cosco-Deal. Rot-Grün müsse sich fragen lassen, warum man immer noch zum chinesischen Einstieg stehe, der auch abgespeckt auf einen Anteil von unter 25 Prozent problematisch bleibe. „Wenn sich diese Pläne nicht von selbst erledigen, bleibt die Frage, wie die Wirtschaftssenatorin diese Beteiligung mit ihrer neuen China-Distanz in Einklang bringen will.“