Hamburg (dpa/lno). Statt sich für die Wirtschaft und den Hamburger Hafen einzusetzen, verliere sich Rot-Grün in Parteipolitik und Ideologie, klagen Hamburgs Spediteure. Und auch auf die Reedereien mit ihren märchenhaften Gewinnen ist die Branche nicht gut zu sprechen.

Hamburgs Spediteure sind enttäuscht von der rot-grünen Hafenpolitik und stehen auch mit den Reedereien weiter auf Kriegsfuß. Statt kleiner seien die Probleme im Hafen immer größer geworden, sagte der Vorsitzende des Vereins Hamburger Spediteure, Axel Plaß, am Donnerstag. „Wir haben in Hamburg den Eindruck, dass mehr Parteipolitik gemacht wird als Politik mit Augenmaß und Politik für die Wirtschaft.“ Die seit Jahren bestehenden Probleme würden lediglich von einem Bürgermeister zum nächsten weitergegeben oder einfach ausgesessen. Er habe große Sorge, dass die selbstgemachten Wettbewerbsnachteile des Hamburger Hafens immer größer würden und Ladung im großen Stil Hamburg verlasse.

„Der Hamburger Hafen ist eigentlich ein geografischer, wirtschaftlicher und klimapolitischer Glücksfall für Deutschland und für Hamburg“, sagte Plaß. Über die Elbe könnten selbst größte Seeschiffe 150 Kilometer ins Landesinnere fahren und sparten so tausende Lkw-Transporte. „Das müsste selbst einem hartgesottenem Grünen-Politiker (...) ein schützenswertes Gut sein.“ Tatsächlich werde jedoch aus parteipolitischen und manchmal ideologischen Gründen unterstellt, dass der Hafen nur Dreck und Müll mache.

„Wollen wir wirklich an der Elbmündung ein Schild aufhängen, wo draufsteht „Hafen wegen Unfähigkeit geschlossen““, fragte Plaß. Er zählte dazu etwa die Infrastruktur auf Schiene und Straße. Und auch bei der Köhlbrandquerung sei immer noch nicht klar, was nun komme - ein Tunnel oder eine neue Brücke. Vereinsvize Pay-Andres Lüders klagte unter anderem über das aus seiner Sicht nach wie vor ungenügende System bei der Einfuhrumsatzsteuer und die zu langsame automatisierte Zollabfertigung. „Die Ladung wandert ab, weil die Performance des Hamburger Hafens (...) leider dem internationalen Vergleich nicht mehr ganz standhält“, konstatierte Plaß.

Mit Blick auf den nach wie vor ausstehenden Hafenentwicklungsplan sagte Plaß, wenn da Radwege und Sonnenliegen wichtiger seien als Container, dann sei das gefährlich. „Eine starke Wirtschaft wäre schon mal ein gutes Instrument, uns auch weiterhin auf dieser Erde zu halten“, betonte er - und fügte an: „Das werden wir nicht schaffen, wenn wir Lagerfeuer haben und irgendwo ein Windrad aufstellen und hoffen, dass der Wind weht.“

Vereinsvize Willem van der Schalk verwies auf weiter anhaltende Probleme zwischen Spediteuren und Reedereien. Laut einer Umfrage unter 326 Mitgliedsunternehmen im März und April geben 40 Prozent der Spediteure dem aktuellen Verhältnis zu den Reedereien die Note vier und 33 Prozent die Noten fünf oder sechs. Die Servicequalität der Reedereien bewerten 55 Prozent der Unternehmen derzeit mit den Noten fünf und sechs.

Hintergrund des Streits mit den Reedereien ist der Vorwurf, dass einige Reedereien versucht hätten, mit unfairen, wettbewerbswidrigen Praktiken die Spediteure aus ihrem angestammten Geschäft zu verdrängen. Dazu zähle etwa, dass Reedereien den Transport eigener Container anders behandelt hätten als den Transport von Containern, die von Spediteuren beauftragt worden seien. Auch gehe es unter anderem um unterschiedliche Standgelder und eine willkürliche Zuteilung von Containerstellplätzen.

Von Kundenservice könne bei den Reedereien in den vergangenen Jahren in keiner Weise mehr die Rede sein, konstatieren die Spediteure. „In der operativen Abwicklung, in der Kommunikation, aber vor allem der Mangel an Zuverlässigkeit hat viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Mitgliedsfirmen in den letzten Jahren an den Rand der Verzweiflung und häufig genug darüber hinausgebracht.“

Bei der wirtschaftlichen Entwicklung der Spediteure zeigten sich die Unternehmen der Umfrage zufolge pessimistischer als im Vorjahr. Statt 19 gingen nun 57 Prozent der Betriebe von sinkenden Umsätzen aus, nur 18 Prozent - Vorjahr 40 Prozent - rechneten mit steigenden Umsätzen. Entsprechend seien auch die Gewinnerwartungen: 13 Prozent erwarteten höhere Gewinne, 54 Prozent niedrigere Erträge. Im Vorjahr lag das Verhältnis noch bei 22 zu 35 Prozent.