Kiel (dpa/lno). Gute Ertragslage in unsicheren Zeiten - die Sparkassen im Norden ziehen eine positive Jahresbilanz. Einige Bereiche verbuchen aber erhebliche Rückgänge.
Die allgemeine Inflation, steigende Zinsen sowie weiterhin hohe Preise für Grundstücke und Häuser haben das Immobiliengeschäft der Sparkassen in Schleswig-Holstein zum Ende vergangenen Jahres einbrechen lassen. „Die anhaltende Inflation treibt die finanziellen Sorgen der Kundinnen und Kunden an und damit steigt das Bedürfnis nach finanzieller Absicherung“, sagte Verbandspräsident Oliver Stolz am Mittwoch in Kiel zur Jahrespressekonferenz. „Die Auswirkungen sehen wir insbesondere auf dem Immobilienmarkt, der getrieben von der Zinswende im vergangenen Jahr eine Achterbahnfahrt hingelegt hat.“
In den ersten drei Quartalen verzeichneten die Sparkassen noch einen Run auf Kredite vor allem für Immobilien, bei noch verhältnismäßig niedrigen Zinsen von bis zu drei Prozent. Nach mehreren Leitzins-Erhöhungen brachen dann im letzten Quartal die Kreditvergaben ein, bei Privatkunden stärker als bei Unternehmen.
„Wir sind bei der Immobilienfinanzierung in eine Phase geraten, in der sich Teile der Mittelschicht den Bau oder Kauf einer eigengenutzten Immobilie nicht mehr leisten können“, resümierte Verbandspräsident Stolz. „Vor allem müssen wir feststellen, dass es oft an Eigenkapital fehlt - welches zudem in zehn Jahren Niedrigzinsphase nur mühsam aufgebaut werden konnte.“ Das neue alte Zinsniveau bringe zwar Zinsen auf Erspartes zurück, aber das sorge nicht sofort für Eigenkapitalzuwächse in relevanter Höhe.
Momentan liegen die Zinssätze für Immobilienkredite bei vier Prozent. 2022 gaben die Sparkassen Darlehenszusagen für Immobilienkredite in Höhe von 3,55 Milliarden Euro. Das bedeutet einen Rückgang um 17,4 Prozent. „Wenn das Geld vor allem für das alltägliche Leben aufgewendet werden muss, bleibt weniger für den Traum vom Eigenheim oder die energetische Sanierung übrig“, sagte Stolz.
Insgesamt schlossen die elf Sparkassen im Land das vergangene Jahr nach wechselhaftem Verlauf mit guten Ergebnissen ab. Die Bilanzsumme stieg um 3,4 Prozent und lag am Ende des Jahres bei 50,6 Milliarden Euro. Die gute Ertragslage ermöglichte ein höheres Betriebsergebnis von 436,3 Millionen - ein Plus von 21,7 Prozent. Das Jahresergebnis nach Steuern wuchs sogar um 61,6 Prozent auf 88,4 Millionen Euro.
Die Inflation und die Zinserhöhungen im Laufe des Jahres prägten das Kreditgeschäft insgesamt. Die Sparkassen gaben 6,4 Milliarden Euro an Darlehenszusagen - ein Minus von 8,6 Prozent. Daraus ergab sich ein Kreditbestand zum Jahresende von 38,1 Milliarden Euro (plus 4,9 Prozent).
Das gestiegene Sicherheitsbedürfnis und die Aussicht auf Einlagenzinsen bremsten auch das Wertpapiergeschäft aus. Der Umsatz lag 2022 mit knapp vier Milliarden Euro um fast ein Viertel unter dem Vorjahreswert. Auf den Konten der Kunden lagen zum Ende des Jahres 6,7 Milliarden Euro ( minus 3,1 Prozent) Spareinlagen und 27,8 Milliarden Euro (plus 2,97 Prozent) tägliche fällige Gelder.
Die Zinsschere zwischen Inflationsrate und Einlagenzins sei immer noch weit geöffnet, sagte der Sparkassenpräsident. Es sei unumgänglich, mit einem breiten Anlage-Mix vorzusorgen. „Das Sparkonto allein reicht nicht zur Vorsorge.“ Stolz räumte ein, dass einer vierköpfigen Familie mit einem Nettoeinkommen von 3000 Euro wenig Geld zum Sparen bleibt. „Wir rechnen mit einem geringen Rückgang der Sparfähigkeit.“
Bei den Sparkassen kamen im Jahresverlauf 60.000 online geführte Girokonten dazu, ein Plus von 6,8 Prozent. Damit sind von 1,28 Millionen Girokonten 926.000 online geführt. „Online-Banking ist für Schleswig-Holsteiner selbstverständlich geworden“, sagte Stolz.
Die Zahl der Sparkassenfilialen mit Mitarbeitenden vor Ort sank 2022 um 3 auf 204 und die der SB-Geschäftsstellen ebenfalls um 3 auf 144. Die Mitarbeiterzahl verringerte sich um 212 auf 6130. Bei den Geld- und Serviceautomaten gab es einen Rückgang um 28 auf 1242.